Pressespiegel KW 42/2025: Zwischen Meer und Macht
Pressespiegel 10.10.2025 bis 17.10.2025

 

Militär übernimmt die Führung in Madagaskar

 

Heute wurde Oberst Michael Randrianirina vom Obersten Verfassungsgericht als neuer Präsident Madagaskars vereidigt. Vorausgegangen war am Dienstag die Machtübernahme durch das Militär nach wochenlangen, jugendgeleiteten Protesten gegen die Regierung von Präsident Andry Rajoelina. Bei der feierlichen Zeremonie, an der neben Angehörigen des Militärs, der Politik und der Protestbewegung auch Vertreterinnen und Vertreter der USA, der EU, der Schweiz, Deutschlands, Frankreichs und Russlands teilnahmen, versprach Randrianirina umfassende Reformen des administrativen, sozioökonomischen und politischen Systems. Er kündigte an, innerhalb von maximal zwei Jahren Wahlen abzuhalten; bis dahin soll das Land von einer Übergangsregierung geführt werden. Gespräche über die Ernennung eines Konsens-Premierministers seien bereits in Gange, erklärte der 51-Jährige gegenüber verschiedenen Medien. Er betonte, es handle sich nicht um eine militärische Machtübernahme, sondern um eine Regierung im Namen der Bevölkerung. Bereits im Vorfeld seiner Vereidigung hatte Randrianirina angekündigt, dass im Zuge der Machtübernahme alle staatlichen Institutionen mit Ausnahme der Nationalversammlung aufgelöst und die Verfassung außer Kraft gesetzt würden.

Die Machtübernahme wurde international scharf kritisiert. Die Afrikanische Union (AU) suspendierte Madagaskars Mitgliedschaft mit sofortiger Wirkung und verurteilte das Vorgehen des Militärs als verfassungswidrig. Zudem kündigte sie eine gemeinsame Aufklärungsmission mit der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC) an, deren rotierenden Vorsitz derzeit Madagaskar innehat. Auch die Vereinten Nationen prangerten die Machtergreifung an und mahnten zur Bewahrung der verfassungsmäßigen Ordnung. Randrianirina hingegen betont seine Benennung durch das Verfassungsgericht und weist die Bezeichnung als Putsch zurück. Rückendeckung erhält das Militär auch aus der jugendgeführten Protestbewegung „Gen Z Madagascar“, die seit Wochen den Rücktritt von Präsident Rajoelina fordert.

Auslöser der Proteste waren vor allem anhaltende Strom- und Wasserausfälle (Pressespiegel KW 40/2025). Als Reaktion löste Rajoelina seine Regierung auf und ernannte wenig später General Ruphin Fortunat Zafisambo zum neuen Premierminister. Trotz dieser Schritte und eines Dialogangebots an die Zivilgesellschaft hielten die Demonstrierenden weiterhin an ihrer Forderung nach Rajoelinas Rücktritt fest. Sicherheitskräfte gingen wiederholt gewaltsam gegen die Proteste vor, wobei es zu mehreren Todesfällen und zahlreichen Verletzten kam. Am vergangenen Wochenende erklärte die Militäreinheit CAPSAT unter Führung von Randrianirina, sie werde keine Befehle der Regierung mehr ausführen und stelle sich hinter die Protestierenden. CAPSAT war auch 2009 entscheidend an dem Umsturz beteiligt, der Rajoelina damals erstmals an die Macht brachte. Weitere Einheiten der Armee und Polizei schlossen sich an. Rajoelina verließ daraufhin das Land. Am Montag erklärte er in einem Beitrag in den sozialen Medien, er habe aus Sicherheitsgründen fliehen müssen und löste per Dekret das Parlament auf. Das Parlament wies die Auflösung jedoch als nicht rechtmäßig zurück und leitete mit der Begründung, Rajoelina habe sein Amt de facto aufgegeben, ein Amtsenthebungsverfahren ein. Am Dienstag stimmte die Mehrheit der Abgeordneten für die Absetzung, das Verfassungsgericht erklärte das Präsidentenamt daraufhin für vakant. Mit der Vereidigung Randrianirinas hat in Madagaskar nun erneut ein Machtwechsel ohne reguläre Wahlen stattgefunden. Ob es der Übergangsregierung gelingt, die drängenden Probleme wie Armut und soziale Ungleichheit anzugehen und ihr Versprechen, innerhalb von zwei Jahren Wahlen abzuhalten, einzulösen, bleibt abzuwarten. Unklar ist derzeit auch, welche politischen Auswirkungen der Machtwechsel auf regionaler Ebene haben wird.

 

Machtwechsel auf den Seychellen

 

Am Sonntag wurde Patrick Herminie von der United Seychelles (US) zum Sieger der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen auf den Seychellen erklärt. Bei der Stichwahl konnte sich der 62-Jährige mit 52,7 % der Stimmen gegen Amtsinhaber Wavel Ramkalawan
(47,3 %) von der Linyon Demokratik Seselwa (LDS) durchsetzen. Dieser gestand seine Niederlage noch am Sonntag ein, gratulierte Herminie und versicherte eine ordentliche und würdevolle Machtübergabe. Bereits am Montag fand ein erstes Treffen zwischen Herminie und Ramkalawan im Regierungssitz statt. Mit dem Sieg Herminies übernimmt nun die US, die vor dem Wahlsieg Ramkalawans 2020 durchgehend den Präsidenten des Inselstaates gestellt hatte, wieder die Regierungsgeschäfte. Die Stichwahl folgte auf die erste Runde Ende September, bei der keiner der insgesamt acht Kandidatinnen und Kandidaten die für einen direkten Sieg notwendige absolute Mehrheit erreichen konnte. Parallel dazu wurde auch ein neues Parlament für die kommenden fünf Jahre gewählt. Auch hier gelang es der US, sich nach 2016 mit 19 von insgesamt 35 Sitzen wieder die Mehrheit zu sichern. Die LDS kam auf 15 Parlamentssitze. Die Wahlbeteiligung lag laut offiziellen Angaben bei rund 82 %.

Beide Wahlgänge wurden von einem intensiv geführten Wahlkampf begleitet, in dem insbesondere Fragen der wirtschaftlichen Entwicklung, der sozialen Gerechtigkeit, der Klimakrise und der politischen Bilanz Ramkalawans im Zentrum standen. Der 64-jährige Amtsinhaber und frühere anglikanische Priester hatte im Wahlkampf vor allem auf die Erholung der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie unter seiner Regierung verwiesen. Sein Herausforderer Herminie, Parlamentspräsident von 2007 bis 2016 und studierter Arzt, kündigte im Wahlkampf an, die hohen Lebenshaltungskosten zu senken, den öffentlichen Dienst zu stärken, konsequenter gegen Korruption vorzugehen und sich verstärkt dem Drogenproblem auf den Seychellen zu widmen. Das Archipel, welches aus 115 Inseln besteht, liegt laut einem Bericht der Vereinten Nationen auf internationalen Drogenschmuggelrouten von Asien nach Afrika. Schätzungen zufolge sind rund zehn Prozent der etwa 120.000 Einwohnerinnen und Einwohner drogenabhängig. Herminie initiierte während seiner Zeit als Leiter der nationalen Antidrogenbehörde ein Methadonprogramm, das ihm in der Bevölkerung breite Anerkennung verschaffte.

Ein weiteres zentrales Thema im Wahlkampf war ein umstrittener Deal der LDS-Regierung, die Insel Assomption für ein Hotelprojekt an einen katarischen Investor zu verpachten. Insbesondere die Nähe zum UNESCO-Weltnaturerbe Aldabra, das nur rund 40 Kilometer von der Insel entfernt liegt, sowie Befürchtungen über Umweltschäden stießen sowohl bei der Opposition als auch bei umwelt- und zivilgesellschaftlichen Gruppen auf scharfe Kritik. Eine Woche vor der ersten Wahlrunde reichten mehrere Organisationen Klage gegen das Projekt ein. Die US warf der LDS im Zusammenhang mit dem Vorhaben zudem vor, ausländische Interessen über die Souveränität der Seychellen zu stellen und illegale Wahlkampffinanzierung von katarischen Akteurinnen und Akteuren erhalten zu haben. Herminie erklärte bereits am Mittwoch, er habe sich bereits in einem Brief an die katarische Regierung gewandt, um den Deal aufzuheben und Doha aufgefordert, sich aus nationalen Angelegenheiten herauszuhalten.

Die Seychellen, die im afrikanischen Vergleich das höchste Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf aufweisen, gelten nicht nur als Magnet für Investitionen in den Luxustourismussektor, sondern auch als Partner für Sicherheitskooperationen mit China, den Golfstaaten und Indien. So verfolgte Indien unter der früheren Regierung der United Seychelles Pläne, auf der Insel Assomption einen Militärstützpunkt zu errichten. Das Vorhaben geriet nach dem Regierungswechsel 2020 und infolge breiter Proteste ins Stocken. Dass Indiens Premierminister Narendra Modi nun als Erster zum Wahlsieg Herminies gratulierte, dürfte auch vor diesem Hintergrund zu verstehen sein. Wie sich der Umgang mit dem umstrittenen Projekt unter der neuen Regierung entwickelt, bleibt abzuwarten.

 

Sondermeldung

 

Am Mittwoch verstarb der kenianische Oppositionspolitiker und ehemalige Premierminister Raila Odinga im Alter von 80 Jahren. Odinga galt als einer der Hauptarchitekten des Mehrparteiensystems, das 1991 eingeführt wurde. Im Zuge einer politischen Einigung nach den umstrittenen Wahlen 2007 und der darauf folgenden politischen Gewalt übernahm er von 2008 bis 2013 das Amt des Premierministers. Auch danach blieb Odinga ein politisches Schwergewicht und eine zentrale Oppositionsfigur. Insgesamt kandidierte er fünfmal für das Amt des Präsidenten, zuletzt 2022, konnte sich jedoch nie durchsetzen. In diesem Jahr bewarb er sich zudem um den Vorsitz der Afrikanischen Union, musste sich aber in der Stichwahl ebenfalls geschlagen geben. Odinga starb in Indien, wo er sich in medizinischer Behandlung befand. Kenias Präsident William Ruto würdigte ihn als „Giganten der Demokratie“ und ordnete sieben Tage Staatstrauer an.

 

 

Und sonst?

 

Am Dienstag fand der letzte Spieltag der afrikanischen Qualifikation für die Fußball-Weltmeisterschaft 2026 statt, die gemeinsam von den USA, Kanada und Mexiko ausgerichtet wird. Mit dem Abschluss der Qualifikation stehen nun die neun Vertreter des Kontinents fest – unter ihnen erstmals Cabo Verde. Bereits am Montag gewannen die Blue Sharks ihr letztes Vorrundenspiel gegen Eswatini mit 3:0 und qualifizierten sich damit zum ersten Mal für die WM. Entsprechend überwältigend war der Jubel unter den Fans des Inselstaates vor der Küste Westafrikas, der in diesem Jahr zudem 50 Jahre Unabhängigkeit feiert. Außerdem qualifiziert haben sich Algerien, Ägypten, Côte d’Ivoire, Ghana, Marokko, Südafrika, Senegal und Tunesien. Doch auch Gabun, Kamerun, Nigeria sowie die Demokratische Republik Kongo haben noch Chancen auf eine WM-Teilnahme. Unter diesen vier besten Gruppenzweiten wird im November noch einmal um einen zehnten Startplatz gespielt. Durch die Erhöhung auf 48 Teams stehen den afrikanischen Ländern bei dieser Ausgabe des Turniers damit doppelt so viele Plätze zu wie bisher.

Presseübersicht
Filtern
Pressespiegelarchiv
Keine Ergebnisse