Pressespiegel KW 43/2025: Eine Frage der Verständigung?
Pressespiegel 17.10.2025 bis 24.10.2025

Präsidentschaftswahlen in Kamerun

 

Am Dienstag gab die nationale Wahlauszählungskommission Kameruns die vorläufigen Ergebnisse der Präsidentschaftswahl vom 12. Oktober bekannt. Demnach liegt der amtierende Präsident Paul Biya von der Rassemblement Démocratique du Peuple Camerounais (RDPC) mit 53,66 % der Stimmen vorn. Auf dem zweiten Platz folgt Issa Tchiroma Bakary, Vorsitzender der Front pour le Salut National du Cameroun (FSNC), mit 35,19 %. Cabral Libi (PCRN) erreichte 3,41 %, Bello Bouba Maïgari (UNDP) 2,45 %. Bereits vor der Veröffentlichung der vorläufigen Ergebnisse waren beim Verfassungsrat mehrere Petitionen wegen Wahlfälschung und mangelnder Transparenz eingegangen. Am Mittwoch wies der Verfassungsrat, der für Beschwerden sowie für die Verkündung der endgültigen Wahlergebnisse zuständig ist, sämtliche Klagen auf vollständige oder teilweise Annullierung der Wahl zurück. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Die endgültige Bekanntgabe der Ergebnisse wird am Montag erwartet. Sollte das vorläufige Resultat bestätigt werden, würde der 92-jährige Paul Biya, der seit 43 Jahren im Amt ist, seine Präsidentschaft um weitere sieben Jahre verlängern.

In ihren vorläufigen Berichten lobten die Wahlbeobachtungsmissionen der Afrikanischen Union (AU) und der Wirtschaftsgemeinschaft der Zentralafrikanischen Staaten (ECCAS) die Wahlbehörde ELECAM für die Organisation des Urnengangs. Die Abstimmung sei insgesamt unter zufriedenstellenden Bedingungen und im Einklang mit demokratischen Grundsätzen verlaufen. Weitere internationale Stellungnahmen liegen bislang nicht vor. Im Inland sorgten jedoch die lange Dauer der Auszählung sowie öffentliche Vorwürfe der Wahlfälschung für wachsende Spannungen. In mehreren Städten, darunter in der Hauptstadt Yaoundé und in Garoua, dem Herkunftsort Tchiromas, kam es zu Protesten und Zusammenstößen mit Sicherheitskräften. Nach Angaben der Behörden setzte die Polizei dort scharfe Munition ein, wobei mindestens eine Person ums Leben kam und 20 weitere festgenommen wurden. Kleinere Kundgebungen wurden auch aus Bafoussam, Dschang, Douala, Kousséri, Limbe und Makary gemeldet.Inzwischen ist der Internetzugang in vielen Teilen Kameruns stark beeinträchtigt.

Tchiroma, der bis Juni 2025 Minister für Beschäftigung und Berufsbildung unter Biya war, erklärte sich bereits vor Veröffentlichung der vorläufigen Ergebnisse selbst zum Wahlsieger. Sein Team veröffentlichte am Sonntag eigene Auszählungen, wonach er rund 62 % der Stimmen erhalten habe. Diese Zahlen konnten jedoch bislang nicht unabhängig überprüft werden. Auf eine formelle Beschwerde beim Verfassungsrat verzichtete der 76-Jährige mit dem Hinweis, dessen Mitglieder seien von Biya ernannt worden und damit nicht unabhängig. Eine unmittelbare Reaktion aus der Biya-Administration blieb zunächst aus. Paul Atanga Nji, Minister für territoriale Verwaltung, betonte jedoch kürzlich, dass nur der Verfassungsrat befugt sei, den Gewinner bekannt zu geben, und dass jede einseitige Veröffentlichung der Ergebnisse als „Hochverrat“ gelte.

Unterdessen haben sich mehrere Oppositionskandidatinnen und -kandidaten hinter Tchiroma gestellt. Medienberichten zufolge sollen Abgesandte Biyas dem FSNC-Chef das Amt des Premierministers sowie Regierungs- und Verwaltungsämter für seine Vertrauten angeboten haben. Auch eine Reform des Wahlgesetzes soll noch vor den Parlamentswahlen im nächsten Jahr umgesetzt werden. Tchiroma lehnte das Angebot ab und rief zu weiteren friedlichen Protesten auf. Sollte der Verfassungsrat die vorläufigen Ergebnisse der Wahlauszählungskommission bestätigen, liege bereits ein Aktionsplan für das weitere Vorgehen vor, heißt es aus Parteikreisen. Beobachterinnen und Beobachter sehen in der Entscheidung des Verfassungsrats einen entscheidenden Test für die politische Stabilität Kameruns.

 

 

Marokko erhöht nach Protestwelle seine Sozialausgaben

 

Am Sonntag verabschiedete das marokkanische Kabinett in Rabat unter Leitung von König Mohammed VI. den Haushaltsentwurf für 2026, nach wochenlangen Protesten der Gruppe Gen Z 212. Er sieht 16 % höhere Ausgaben und damit ein Gesamtbudget von über 13 Milliarden Euro für öffentliche Bildung und Gesundheit vor. In diesen beiden Bereichen sollen außerdem 27.000 neue Stellen geschaffen werden. Geplant sind zudem die Modernisierung und der Neubau von Krankenhäusern sowie die landesweite Ausweitung des Vorschulunterrichts. Auch Renten, Arbeitslosen- und Kindergeld sollen erhöht werden. Regionale Unterschiede, ein weiteres zentrales Anliegen der Protestierenden, sollen im neuen Finanzjahr verringert werden. Dazu legt der Haushaltsentwurf spezifische Pläne für Berggebiete, Oasen und Küstenregionen vor. Zudem wurde ein Gesetzespaket zur „Moralisierung des Wahlkampfs“ auf den Weg gebracht. Es sieht die Stärkung von Antikorruptionsmaßnahmen vor und untersagt verurteilten Politikerinnen und Politikern eine erneute Kandidatur. Außerdem sollen Personen unter 35 Jahren künftig erleichtert politische Ämter anstreben können, selbst wenn sie keiner Partei angehören; der Staat soll dabei bis zu drei Viertel ihrer Wahlkampfkosten übernehmen. Makroökonomisch stützt Finanz- und Wirtschaftsministerin Nadia Fettah Alaoui den Haushaltsplan auf ein erwartetes Wachstum von 4,8 %; die Inflation konnte auf 1,1 % stabilisiert und das Budgetdefizit auf 3,5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) reduziert werden, während die Staatsverschuldung laut Zahlen der Weltbank bei rund 69 % des BIP liegt. Der Haushaltsentwurf sowie die Gesetzesentwürfe sollen im November im Parlament beraten und im Dezember verabschiedet werden.

In ersten Reaktionen begrüßten Mitglieder der Gen Z 212 die Beschlüsse als wichtigen ersten Schritt, forderten jedoch die Freilassung aller während der Proteste Verhafteten sowie weitere Antikorruptionsmaßnahmen. Seit Anfang Oktober protestieren vor allem junge Marokkanerinnen und Marokkaner für Verbesserungen im Bildungs- und Gesundheitssystem. Auslöser waren mehrere Todesfälle in einem staatlichen Krankenhaus in Agadir (Pressespiegel KW 40/2025), das nun ebenfalls Teil der Investitionspläne ist. Laut der marokkanischen Menschenrechtsorganisation L’Association Marocaine des Droits Humains wurden seit Beginn der Proteste rund 600 Demonstrantinnen und Demonstranten festgenommen. Ohne die Protestbewegung namentlich zu nennen, kündigte König Mohammed VI. in seiner Rede zur Eröffnung des Parlaments am 10. Oktober Reformpläne im Sozialbereich an. Trotz eines Aufrufs der Bewegung, im Anschluss an die Rede erneut zu protestieren, ging die Zahl der Demonstrierenden in den letzten Wochen stetig zurück. Die nächsten regulären Parlamentswahlen sind für September 2026 geplant.

Neben legislativen und sozialen Reformen sieht der Haushalt 2026 zudem eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben um 18 % auf rund 14,7 Milliarden Euro. Marokkos Verteidigungs- und Sicherheitsausgaben sind damit innerhalb der letzten sieben Jahre um fast 40 % gestiegen; das Land diversifiziert zunehmend seine Rüstungslieferanten und Militärpartnerschaften, um Abhängigkeiten zu verringern. Beobachterinnen und Beobachter führen die erneute Budgeterhöhung teilweise auf ebenfalls gestiegene Militärausgaben im Nachbarland Algerien zurück, das 2026 rund 20,7 Milliarden Euro in die Verteidigung investieren will. Gemessen am BIP ist Algerien damit das Land mit den zweithöchsten Verteidigungsausgaben weltweit. Die Beziehungen zwischen den beiden Maghrebstaaten sind historisch angespannt.

 

 

Und sonst?

 

Der britische Africa Prize for Engineering Innovation wurde dieses Jahr in Dakar an den Kenianer Elly Savatia verliehen, wie verschiedene Medien diese Woche berichteten. Mit seiner App Terp 360, die KI-generierte 3D-Avatare nutzt, um gesprochene Sprache in Echtzeit in kenianische Gebärdensprache zu übersetzen, trägt Savatia maßgeblich zur Verbesserung der Barrierefreiheit für Nutzerinnen und Nutzer der Gebärdensprache bei. Der Preis ist mit 50.000 britischen Pfund dotiert, mit deren Hilfe Savatia das Projekt auf die Bereiche Bildung, Wirtschaft und Gesundheitswesen ausweiten will. Die drei weiteren Finalistinnen und Finalisten, Vivian Arinaitwe aus Uganda, Frank Owusu aus Ghana und Carol Ofafa aus Kenia, wurden jeweils mit 10.000 Pfund ausgezeichnet. Der “One to Watch” Preis, der vom Publikum gewählt wird, ging an den Mosambikaner Rui Bauhofer für seine Erfindung Eco-Plant. Dabei handelt es sich um biologisch vollständig abbaubare Einwegteller aus Maiskolbenhülsen, die mit Samen versetzt sind, sodass sie nach dem Wegwerfen keimen und wachsen. Er erhielt 5.000 Pfund. Darüber hinaus bietet der Africa Prize for Engineering Innovation ein achtmonatiges Trainingsprogramm für alle sechzehn Kandidatinnen und Kandidaten, das Themen wie Marktanalyse, Unternehmensentwicklung und Finanzmodellierung abdeckt. Seit seiner Einführung im Jahr 2014 hat der von der Royal Academy of Engineering vergebene Preis über 160 afrikanische Innovatorinnen und Innovatoren unterstützt und dient als Plattform, um afrikanischen Unternehmerinnen und Unternehmern mehr Sichtbarkeit zu verleihen.

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