Proteste nach Wahlen in Tansania
In Tansania halten die Proteste seit den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am Mittwoch weiter an. Zeitgleich läuft die Auszählung der Stimmen noch. Erste Teilergebnisse veröffentlichte die Unabhängige Nationale Wahlkommission (INEC) am Donnerstag. Demnach liegt Amtsinhaberin Samia Suluhu Hassan von der Chama Cha Mapinduzi (CCM) mit über 96 % der Stimmen deutlich vorne, wobei bislang erst acht von 272 Wahlbezirken vollständig ausgezählt sind. Insgesamt waren laut offiziellen Angaben 37,6 Millionen Wählerinnen und Wähler registriert; Beobachterinnen und Beobachter berichten jedoch von einer deutlich geringeren Wahlbeteiligung. Die INEC wird voraussichtlich die Ergebnisse bis Sonntag bekanntgeben. Neben der Präsidentin wurden auch Mitglieder der Nationalversammlung, kommunale Vertretungen sowie der Präsident und die Versammlung des halbautonomen Archipels Sansibar gewählt. Dort wurde Präsident Hussein Mwinyi, der ebenfalls der CCM angehört, mit 78,8 % der Stimmen wiedergewählt, wie die Wahlkommission Sansibars am Donnerstag mitteilte.
In Dar es Salaam, der größten Stadt des Landes, sowie in weiteren Städten wie Arusha, Mbeya und Tunduma brachen am Mittwoch Proteste aus. Dabei kam es zu mehreren Zusammenstößen mit Sicherheitskräften, die Tränengas gegen die Demonstrierenden einsetzten und Schüsse abfeuerten. Nach Angaben lokaler Medien kamen mehrere Personen ums Leben. Die genaue Zahl konnte bisher noch nicht verifiziert werden. In Dar es Salaam gilt seit Mittwochabend eine Ausgangssperre; Polizei und Militär patrouillieren in weiten Teilen der Stadt. Gleichzeitig wurde landesweit der Internetzugang eingeschränkt, seit Donnerstag wurde der Zugang teilweise wiederhergestellt. Schulen und Universitäten bleiben vorerst geschlossen und die Regierung wies alle Beamtinnen und Beamten an, bis einschließlich Freitag von zu Hause zu arbeiten. Das Vereinigte Königreich hat inzwischen alle Flüge nach Dar es Salaam gestrichen und auch die US-Botschaft rief US-Bürgerinnen und Bürger in Tansania auf, zu Hause zu bleiben.
Ursache der Proteste ist unter anderem der Ausschluss der beiden wichtigsten Oppositionsfiguren von der Wahl: Tundu Lissu von der Chama cha Demokrasia na Maendeleo (CHADEMA), der wegen angeblichen Hochverrats in Haft sitzt, und Luhaga Mpina von der ACT Wazalendo, der aufgrund von Formfehlern nicht zugelassen wurde. Insgesamt traten 16 Kandidatinnen und Kandidaten kleinerer Oppositionsparteien gegen die 65-jährige Amtsinhaberin an. Kritikerinnen und Kritiker äußerten, dass die Wahl damit zwar formal stattfand, die Auswahl an ernstzunehmenden Alternativen jedoch de facto nicht gegeben war. Auch die Parlaments- und Kommunalwahlen fanden ohne Beteiligung der CHADEMA statt, nachdem die Parteiführung die Unterzeichnung des Wahlkodex aufgrund mangelnder Wahlreformen verweigert hatte. Zudem berichten Beobachterinnen und Beobachter von wachsender Frustration über die als zunehmend restriktiv empfundene Politik Hassans. Laut Oppositionskreisen und Menschenrechtsorganisationen wie OHCHR und Amnesty International kam es im Vorfeld der Wahl vermehrt zu Verschleppungen von Oppositionspolitikerinnen und -politikern, Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger sowie Journalistinnen und Journalisten. Darüber hinaus würden Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit durch willkürliche Verhaftungen, außergerichtliche Tötungen und Entführungen eingeschränkt.
Nach dem Tod ihres Vorgängers John Magufuli übernahm Hassan 2021 die Präsidentschaft und hob zahlreiche restriktive Maßnahmen ihres Vorgängers auf, was in der Bevölkerung zunächst große Hoffnung weckte. Im aktuellen Wahlkampf kündigte sie Investitionen in Infrastruktur, öffentliche Dienstleistungen und eine universelle Gesundheitsversorgung an. Nach früheren Kontroversen um Medienfreiheit und Oppositionsrechte stellen die aktuellen Proteste eine weitere große Bewährungsprobe für Hassan dar. Demonstrierende haben angekündigt, ihre Proteste fortzuführen, bis Forderungen nach Rücktritt und politischen Reformen erfüllt werden.
Amtsinhaber gewinnt Präsidentschaftswahlen in Côte d’Ivoire
Am Montag gab die Wahlkommission der Côte d’Ivoire den Sieg von Amtsinhaber Alassane Ouattara bei der Präsidentschaftswahl vom Samstag bekannt. Nach den vorläufigen Ergebnissen erhielt der Kandidat des Rassemblement des Houphouëtistes pour la Démocratie et la Paix (RHDP) 89,77 % der Stimmen im ersten Wahlgang und sicherte sich damit eine vierte Amtszeit. Jean-Louis Billon (Congrès démocratique), der mit 3,09 % der Stimmen den zweiten Platz belegte, erkannte seine Niederlage bereits am Sonntag an und gratulierte Ouattara. Auf Platz drei folgte Simone Ehivet Gbagbo (Mouvement des générations capables), frühere First Lady und Ex-Ehefrau des ehemaligen Präsidenten Laurent Gbagbo mit 2,42 %. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 50 % und damit etwas niedriger als bei den beiden vergangenen Präsidentschaftswahlen (2020: 53,9 %; 2015: 52,8 %). Berichten zufolge war die Beteiligung im Norden des Landes, aus dem Ouattara stammt, deutlich höher als im Zentrum und im Süden, die als traditionelle Hochburgen der Opposition gelten. Die Ergebnisse gelten bislang als vorläufig und müssen noch vom Verfassungsrat bestätigt werden.
Einen Grund für die geringe Wahlbeteiligung sehen Beobachterinnen und Beobachter unter anderem im Ausschluss der beiden aussichtsreichsten Oppositionskandidaten. Sowohl der frühere Präsident Laurent Gbagbo (Parti des Peuples Africains – Côte d’Ivoire) als auch der ehemalige Credit Suisse-Chef Tidjane Thiam (Parti Démocratique Côte d‘Ivoire) wurden Anfang September vom Verfassungsrat nicht als Kandidaten für die Wahl zugelassen, was zu weiteren Spannungen zwischen Opposition und Regierung im Vorfeld der Abstimmungen führte (Pressespiegel KW 41/2025). Trotz ihres Ausschlusses unterstützen Gbagbo und Thiam keine der verbleibenden Oppositionskandidaturen, was Kritikerinnen und Kritikern zufolge zur weiteren Fragmentierung der Opposition beitrug. Stattdessen forderten sie zu Beginn der Woche eine Wiederholung der Wahl.
Am Wahltag selbst verlief die Abstimmung Berichten zufolge weitgehend friedlich. Rund 44.000 Sicherheitskräfte waren im Einsatz, nachdem frühere Wahlen immer wieder von gewaltsamen Auseinandersetzungen geprägt waren. Die Menschenrechtsorganisation Conseil National des Droits de l’Homme (CNDH) entsandte rund 2.300 Wahlbeobachterinnen und Wahlbeobachter. Ihrem Bericht zufolge kam es vereinzelt zu Versuchen, Wahlmaterial zu zerstören, sowie zu Verzögerungen bei der Öffnung einiger Wahlbüros aufgrund logistischer Schwierigkeiten. Laut Wahlkommission wurden rund 2 % der Wahllokale aus Sicherheitsgründen nicht geöffnet oder kurzfristig verlegt. Dies betraf insbesondere Spannungsregionen wie Haut-Sassandra, Bas-Sassandra und Yamoussoukro. Die Wahlbeobachtungsmissionen der Afrikanischen Union (AU) und der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) bezeichneten die Wahl am Montag in einer gemeinsamen Erklärung als weitestgehend friedlich und ordentlich. Sie verwiesen jedoch darauf, dass anhaltende Streitigkeiten über das Wählerregister und die Disqualifikation mehrerer prominenter Oppositionskandidaten bei Teilen der Opposition Fragen zur Unparteilichkeit und Glaubwürdigkeit des Wahlprozesses aufgeworfen hätten. Insgesamt wurden laut Generalstaatsanwalt Oumar Braman Koné im Vorfeld der Wahlen rund 700 Menschen festgenommen; die Zahl der Todesopfer beziffert der CNDH auf sechs.
Ouattara regiert das westafrikanische Land seit 2011; mit der Verfassungsänderung von 2016, durch die die Zählung seiner bisherigen Amtszeiten auf Null zurückgesetzt wurde, konnte er erneut kandidieren. Während Oppositionsparteien und Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International sein Vorgehen zunehmend als autoritär und einschränkend für zivilgesellschaftliche Freiräume kritisieren, verzeichnet die Wirtschaft des Landes Erfolge. In der letzten Dekade wuchs sie im Durchschnitt jährlich um sechs Prozent.
Und sonst?
Am Freitag kündigte Ghanas Bildungsminister Haruna Iddrisu an, dass Lehrkräfte an Grundschulen künftig lokale Sprachen als Hauptunterrichtssprache verwenden werden. Bislang war Englisch die dominierende Unterrichtssprache. Die Regierung erhofft sich von dem Schritt sowohl eine Stärkung der ghanaischen Kultur und einen Bruch mit dem kolonialen Erbe im Bildungssystem als auch bessere Lernerfolge. Studien von UNESCO und Weltbank zeigen, dass Kinder besonders in den ersten Schuljahren schneller und selbstbewusster lernen, wenn der Unterricht in der Muttersprache erfolgt. Ähnliche Ansätze gibt es auch in anderen afrikanischen Staaten, etwa in Tansania und Äthiopien. Die Umstellung birgt aber auch große praktische Herausforderungen. In Ghana werden mehr als 70 Sprachen gesprochen, und gerade in den städtischen Zentren ist die sprachliche Vielfalt besonders groß, was die Wahl der Unterrichtssprache erschwert. Ein ähnlicher Reformversuch in den 2000er Jahren scheiterte unter anderem am Widerstand vieler Eltern, die befürchteten, dass ihre Kinder beim Englischlernen zurückfallen und dadurch später schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben könnten.