Pressespiegel KW 50/2025: Trugschluss
Pressespiegel 5.12.2025 bis 12.12.2025

Putschversuch in Benin vereitelt

 

Am Sonntagabend erklärte Benins Präsident Patrice Talon in einer Fernsehansprache den Putschversuch des Comité militaire pour la refondation (CMR) desselben Tages für gescheitert und erklärte die verfassungsmäßige Ordnung für wiederhergestellt. Am Sonntagmorgen hatte eine Gruppe von Soldaten des CMR den nationalen Fernsehsender in Cotonou besetzt und im laufenden Programm die Auflösung der Regierung sowie die Suspendierung aller staatlichen Institutionen verkündet. Als Begründung für den Umsturzversuch führte das CMR unter Leitung von Oberstleutnant Pascal Tigri zum einen die angespannte Sicherheitslage im Norden des Landes sowie den Umgang der Regierung mit gefallenen Soldaten und deren Familien an. Zum anderen warf er der Regierung um Präsident Talon Intransparenz bei öffentlichen Vergabeverfahren, die Einschränkung politischer Freiheiten und die Ausgrenzung politischer Opposition vor. Nach Angaben von Innenminister Alassane Seidou blieb die übrige beninische Armee loyal und schlug den Putschversuch nieder. Zu möglichen Opferzahlen äußerte sich die Regierung bislang nicht. Berichten zufolge wurden 14 Personen festgenommen, Oberstleutnant Tigri und andere beteiligte Putschisten sollen jedoch in das Nachbarland Togo geflohen sein und sich in Lomé aufhalten.

Präsident Talon dankte in seiner Ansprache zudem der nigerianischen Armee für ihre Unterstützung. Nigerias Präsident Bola Tinubu bestätigte anschließend, auf Ersuchen Benins und im Sinne des Protokolls der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) sowohl Bodentruppen als auch Luftstreitkräfte entsandt zu haben. Nach Angaben des beninischen Leutnants Dieudonné Djimon Tévoédjrè kam es dabei zu drei nigerianischen Luftschlägen auf beninischem Staatsgebiet. Am Dienstag gab das französische Präsidialamt bekannt, dass Frankreich ebenfalls die Regierung von Präsident Talon mit Informationen und logistischer Unterstützung begleitet habe. Die ECOWAS, der sowohl Benin als auch Nigeria angehören, verurteilte den Putsch noch am Sonntag und bestätigte die Entsendung einer multinationalen Bereitschaftstruppe nach Benin. Diese soll die beninische Regierung und Armee unterstützen und die verfassungsmäßige Ordnung in dem Land aufrechterhalten. An der Truppe beteiligt sind Streitkräfte der Länder Nigeria, Sierra Leone, Côte d’Ivoire und Ghana.

Zuletzt hatte die ECOWAS 2017 eine Bereitschaftstruppe entsendet, als der ehemalige Präsident Gambias, Yahya Jammeh, sich weigerte, nach seiner Wahlniederlage die Macht abzugeben. Beobachterinnen und Beobachter werten den jetzigen ECOWAS-Einsatz in einer Zeit, in der die Regionalorganisation durch wiederholte militärische Regierungsumstürze wie zuletzt in Guinea-Bissau (Pressespiegel KW 49/2025) und Spannungen mit der Allianz der Sahelstaaten (AES) unter Druck steht, als wichtiges politisches Zeichen und als Versuch, verloren gegangene Glaubwürdigkeit wiederherzustellen. Ein diplomatischer Zwischenfall mit der AES, die am Montag im Rahmen der Notlandung einer nigerianischen Militärmaschine in Burkina Faso eine Verletzung ihres Luftraumes meldete, konnte derweil laut nigerianischen Angaben beigelegt werden. Im Rahmen eines Treffens des höchsten Sicherheitsrats der ECOWAS, dem Mediation and Security Council, sprach der Kommissionspräsident der Regionalorganisation, Omar Touray, am Dienstag angesichts der aktuellen Entwicklungen von einem Notstand in Westafrika und forderte die Mitgliedstaaten auf, mehr in die Sicherheit ihrer Länder zu investieren und Vertrauen in Regierungsinstitutionen zurückzugewinnen.

Vor dieser Aufgabe dürfte auch Benins Präsident Talon stehen, dem Kritikerinnen und Kritiker vorwerfen, demokratische Institutionen in den letzten Jahren systematisch untergraben zu haben. Am 11. Januar stehen Kommunal- und Parlamentswahlen an, im April folgen die Präsidentschaftswahlen, wobei die wichtigsten Oppositionsparteien sowohl von den Kommunal- als auch von den Präsidentschaftswahlen ausgeschlossen sind. Zudem verabschiedete das Parlament kürzlich auf Talons Vorschlag eine umstrittene Verfassungsänderung, die eine Verlängerung der Amtszeit von Abgeordneten und Präsident sowie die Einrichtung eines nicht von der Bevölkerung gewählten Senats vorsieht (Pressespiegel KW 47). Die Sicherheitslage im Norden des Landes gilt als angespannt. Im Laufe dieses Jahres kam es wiederholt zu jihadistischen Anschlägen, bei denen mehrere Soldaten getötet wurden. Urheber der Angriffe ist die im Sahelraum aktive islamistische Gruppe Jama’at Nusrat ul-Islam wa al-Muslimin (JNIM).

 

 

Krieg in der DR Kongo eskaliert trotz Friedensvertrag

 

Am Mittwochmorgen erklärte die M23 die Eroberung der strategisch wichtigen ostkongolesischen Stadt Uvira an der Grenze zu Burundi. Medienaufnahmen zeigen, dass die Rebellen gegen Mittag in die Stadt einmarschierten, nachdem sich die kongolesische Armee bereits am Vortag zurückgezogen hatte. Teile der Regierungsarmee und verbündeter Milizen flohen per Boot in das rund 280 Kilometer entfernte Kamlemie südlich des Tanganjikasees. Die nordwestlich am Tanganjikasee gelegene Hafenstadt Uvira gilt als Handelsdrehkreuz für den Osten der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo), das sowohl den Handel mit Burundi als auch mit Tansania ermöglicht und den Zugang der Region zum Indischen Ozean sicherstellt. Derweil sollen ca. 30.000 Menschen in das benachbarte Burundi geflohen sein, dessen Wirtschaftshauptstadt Bujumbura nur 30km von Uvira entfernt liegt. Damit steigen die Sorgen einer weiteren regionalen Ausweitung des Krieges, der keine Woche nach der Unterzeichnung des von den USA vermittelten Friedensvertrages zwischen der DR Kongo und Ruanda eskaliert.

Das sogenannte Washington-Abkommen zwischen dem kongolesischen Präsidenten Félix Tshisekedi und dem ruandischen Präsidenten Paul Kagame sah vor, dass Ruanda seine Unterstützung der M23 beendet und die eigenen Truppen aus der DR Kongo zurückzieht. Gleichzeitig ging die DR Kongo auf eine zentrale Forderung Ruandas ein und verpflichtete sich, die Hutu-Rebellenbewegung Forces Démocratiques de Libération du Rwanda (FDLR), in deren Reihen sich am ruandischen Völkermord beteiligte Kommandeure befinden, zu neutralisieren. Beide Seiten bezeichneten das Abkommen als einen Wendepunkt für die Region, Beobachterinnen und Beobachter stellten die Wirksamkeit jedoch von Anfang an in Frage.

Inzwischen beschuldigen sich die DR Kongo und Ruanda gegenseitig, den vereinbarten Waffenstillstand und damit auch das gerade unterzeichnete Abkommen gebrochen zu haben. Bereits am vergangenen Freitag, einen Tag nach der Unterzeichnung, kam es zu schweren Gefechten zwischen der kongolesischen Armee und der M23, die nicht am Washington-Prozess beteiligt war, sondern separat in von Katar vermittelten Gesprächen mit der kongolesischen Regierung verhandelt. Ein Sprecher der M23 beschuldigte auf X die Streitkräfte der DR Kongo, dicht besiedelte Gebiete in Nord- und Süd-Kivu anzugreifen. Hingegen warf die kongolesische Regierung der M23 den gewalttätigen Vormarsch auf weitere Dörfer auf dem Weg nach Uvira vor. Dies veranlasste die USA und verschiedene europäische Regierungen, darunter auch die deutsche, am Dienstag dazu, die M23 und Ruanda aufzufordern, das Friedensabkommen einzuhalten und ihre Offensivoperationen einzustellen. Nach der Einnahme Uviras am Mittwoch berichteten kongolesische Quellen, dass sich neben M23-Kämpfern auch ruandische Spezialeinheiten und ausländische Söldner in Uvira befinden würden.

Ruanda seinerseits machte am Mittwoch sowohl die kongolesische als auch die burundische Armee für einen Bombenangriff auf das von der M23 eingenommene Dorf Kamanyola verantwortlich, bei dem über 50 Menschen ihr Leben verloren. Präsident Kagame kritisierte im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung in Kigali die mutmaßliche Präsenz und Aktivitäten von 20.000 burundischen Soldaten im Ostkongo und das diesbezügliche Schweigen der internationalen Gemeinschaft. Die burundische Regierung gab derweil an, keine Angriffe auf seine Soldaten oder gar sein Staatsgebiet unbeantwortet zu lassen. Entsprechend sehen Analystinnen und Analysten in den jüngsten Ereignissen eine Gefahr für die Stabilität der gesamte Region der Großen Seen.

 

 

Sondermeldung

 

Am Mittwoch hat der US-Haushaltsausschuss eine Verlängerung des African Growth and Opportunity Act (AGOA) bis zum 31. Dezember 2028 gebilligt. Dies ist der erste Schritt zur Verlängerung des Handelsabkommens, das bestimmten Produkten aus berechtigten Ländern Subsahara-Afrikas den zollfreien Zugang zum US-Markt ermöglicht und zum 30. September dieses Jahres ausgelaufen ist. Nach der Zustimmung des Ausschusses muss das AGOA-Verlängerungsgesetz noch von beiden Kammern des US-Kongresses (dem Repräsentantenhaus und dem Senat) und schließlich von Präsident Donald Trump gebilligt werden. Offen bleibt derweil, ob Südafrika weiterhin Teil des seit 25 Jahren bestehenden Handelsabkommens bleiben soll. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Spannungen zwischen Washington und Pretoria, die zuletzt zur Ausladung Südafrikas vom G-20-Gipfel 2026 in den USA führten, stellte der US-Handelsbeauftragte Jamieson Greer nun in Aussicht, Südafrika möglicherweise künftig von AGOA auszuschließen, sollte der US-Kongress dies wünschen.

 

 

Und sonst?

 

Bei der 18. Verleihung des Deutschen Nachhaltigkeitspreises am vergangenen Freitag wurden zwei prominente afrikanische Frauen für ihren Beitrag zur globalen Nachhaltigkeit geehrt. So erhielt die nigerianische Ökonomin Dr. Ngozi Okonjo-Iweala einen der diesjährigen sechs Ehrenpreise. Sie ist derzeit Generaldirektorin der Welthandelsorganisation (WTO) und die erste Frau und erste Afrikanerin, die diese Position innehat. Der Preis würdigte ihre Bemühungen um Handelsreformen, die den Klimaschutz integrieren und nachhaltige Wirtschaftspraktiken fördern. Außerdem wurde sie für ihr Engagement für fairere Handelsbedingungen für Entwicklungsländer ausgezeichnet. Neben ihr wurde auch die ugandische Klimaschützerin Vanessa Nakate für ihre Arbeit zum Aufbau eines kontinentalen Netzwerks junger afrikanischer Klimaaktivistinnen und -aktivisten durch Youth for Future Africa und das Rise Up Movement mit einem Ehrenpreis ausgezeichnet. Ebenso wurde der Einsatz der 29-Jährigen als UNICEF-Botschafterin für die Einbeziehung der Perspektiven des Globalen Südens in die Gestaltung von internationalen Nachhaltigkeitsstrategien von der Jury hervorgehoben. Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis würdigt seit 2008 Personen, Unternehmen und Produkte, die sich im Bereich der nachhaltigen Entwicklung besonders hervorgetan haben.

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