Afrikanischer Klimagipfel in Addis Abeba
Von Montag bis Mittwoch fand in Addis Abeba der zweite Afrikanische Klimagipfel (Africa Climate Summit, ACS2) statt. Über 25.000 Delegierte, darunter über 40 Staats- und Regierungschefs, Ministerinnen und Minister zahlreicher afrikanischer Staaten sowie Vertreterinnen und Vertreter der Afrikanischen Union (AU) und internationaler Partner, aber auch der Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Jugend und lokalen Gemeinden, nahmen an der gemeinsam von der äthiopischen Regierung und der AU organisierten dreitägigen Konferenz teil. Zu den namhaften Gästen zählten etwa UN-Generalsekretär António Guterres, Kenias Präsident William Ruto und Äthiopiens Premierminister und Gastgeber Abiy Ahmed. Deutschland wurde durch die Parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungsministerium, Bärbel Kofler, und Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, vertreten.
Unter dem Motto „Accelerating Global Climate Solutions: Financing for Africa’s Resilient and Green Development“ hatte der Gipfel zum Ziel, Afrikas Rolle als aktiver Gestalter globaler Klimaschutzlösungen zu stärken, Investitionen in erneuerbare Energien und grüne Infrastruktur zu mobilisieren und gemeinsame Positionen für mehr Klimagerechtigkeit und faire Finanzierungsmechanismen zu formulieren. Im Mittelpunkt stand dabei die Verabschiedung der Addis Ababa Declaration on Climate Change and Call to Action, die als gemeinsame afrikanische Position auf der Weltklimakonferenz COP30 im November in Belém eingebracht werden soll.
Die Addis-Abeba-Erklärung ruht offiziellen Angaben zufolge auf drei Säulen: dem beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien, der Bildung einer Koalition afrikanischer Produzenten kritischer Mineralien sowie dem Schutz natürlicher Ressourcen durch Aufforstungs- und Wiederherstellungsprogramme. Besonders die Unterstützung bestehender afrikanischer Initiativen soll gefördert werden, darunter die African Union Green Wall Initiative, die das Ziel hat, durch einen 8.000 km langen Grüngürtel die Ausbreitung der Sahara zu stoppen, die African Forest Landscape Restoration Initiative, mit der bis 2030 über 100 Millionen degradierter Flächen auf dem Kontinent wiederhergestellt werden sollen, und die Ethiopia Green Legacy Initiative, mit Hilfe derer in sieben Jahren 32 Milliarden Bäume in Äthiopien gepflanzt wurden und die als Vorbild für weitere afrikanische Länder dienen soll.
Darüber hinaus wurden mit der African Climate Facility (ACF) und dem Africa Climate Innovation Compact zwei neue Instrumente geschaffen, mit denen jährlich 50 Mrd. US-Dollar für Klimaschutz- und Anpassungsprojekte mobilisiert werden sollen. Der Compact soll dabei auch bis 2030 rund 1.000 innovative afrikanische Lösungen für den Klimaschutz in Bereichen wie Energie, Landwirtschaft, Wasser, Transport und Resilienz fördern und umsetzen. Mit dem Flagship Report on African Climate Initiatives wurde zudem ein Bericht herausgebracht, der bereits bestehende und nachweislich erfolgreiche afrikanisch geführte Klimainitiativen aufzeigt, deren Skalierung durch internationale Partnerschaften vorangebracht werden soll.
Mit Blick auf Anpassungsfinanzierung betonten afrikanische Staats- und Regierungschefs die rechtliche Verpflichtung der Industrienationen, Finanzierungsmöglichkeiten in Form von Zuschüssen statt Krediten bereitzustellen. Darüber hinaus forderten sie, den Kontinent nicht als Herausforderung, sondern als Teil der Lösung zum globalen Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu sehen und stellten das Investitionspotenzial des Kontinents im Bereich der erneuerbaren Energien in den Vordergrund. So soll Afrikas Anteil an globalen Investitionen in erneuerbare Energien gemäß seinem Potential von aktuell gerade einmal 2 % bis 2030 auf mindestens 20 % steigen. Damit nutzten die afrikanischen Staaten den Gipfel, um die Chancen für wirtschaftliches Wachstum durch Klimaschutzmaßnahmen und die grüne Transformation zu verdeutlichen.
Inwieweit die Addis-Abeba-Erklärung konkrete Wirkung entfalten kann, wird maßgeblich von der Bereitstellung finanzieller Mittel abhängen. Laut einem während des Gipfels veröffentlichten Bericht benötigt Afrika jährlich mindestens 70 Mrd. US-Dollar allein für Anpassungsmaßnahmen, erhielt 2023 jedoch nur rund 15 Mrd. US-Dollar. Dem Bericht nach könnten Kosten für Klimafolgen ohne zusätzliche Mittel bis 2050 bis zu einem Fünftel des afrikanischen Bruttoinlandsprodukts vernichten. Bereits die Umsetzung der Beschlüsse des ersten Africa Climate Summit 2023 in Nairobi blieb nicht zuletzt aufgrund von Finanzierungslücken begrenzt.
Äthiopien weiht Nil-Staudamm ein
Am Dienstag weihte Äthiopiens Premierminister Abiy Ahmed offiziell den Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD) ein. Mit 145 Metern Höhe, fast zwei Kilometern Länge und einer Gesamtkapazität von 5150 Megawatt ist die Talsperre am Blauen Nil das größte Wasserkraftwerk Afrikas. Nach 14 Jahren Bau- und fünf Jahren Füllzeit soll der Staudamm die Stromerzeugung Äthiopiens mehr als verdoppeln und gilt als zentrales Element der angestrebten wirtschaftlichen Transformation des Landes. Die Feierlichkeiten in Guba nahe der Grenze zum Sudan fanden zeitgleich mit dem Africa Climate Summit und dem Africa-CARICOM Summit in Addis Abeba statt. Zahlreiche hochrangige Gäste, darunter die Präsidenten von Dschibuti, Kenia, Somalia und Südsudan sowie der Premierminister von Eswatini und der Kommissionsvorsitzende der Afrikanischen Union, Mahmoud Ali Youssouf, nahmen teil. Vertreterinnen und Vertreter Ägyptens und des Sudans blieben der Einweihung hingegen trotz offizieller Einladung fern. Beide Länder stehen dem Projekt seit Jahren kritisch gegenüber.
Der GERD wurde zum Großteil aus Eigenmitteln finanziert und gilt als nationales Prestigeprojekt. Internationale Finanzinstitutionen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank lehnten eine Finanzierung ab. Fachleute führen dies auf den politischen Druck Ägyptens zurück. Lediglich China beteiligte sich mit Krediten an den Turbinen und der Elektrotechnik. Die äthiopische Regierung setzte daher ab 2011 auf Eigenfinanzierung. Über Spendenkampagnen, den Verkauf von Staatsanleihen sowie den Einbehalt von Gehältern im öffentlichen Dienst wurden die Mittel für das knapp 5 Milliarden US-Dollar teure Megaprojekt mobilisiert. Millionen Äthiopierinnen und Äthiopier, auch aus der Diaspora, beteiligten sich. Entsprechend entwickelte das Projekt eine hohe symbolische Bedeutung als Ausdruck kollektiver Leistung und nationaler Einheit – ein Narrativ, das auch Premierminister Abiy Ahmed stets betonte. Dem Staudamm wird neben seiner symbolischen Bedeutung auch eine wichtige wirtschaftliche Rolle zugeschrieben. Aktuell haben schätzungsweise nur 45 bis 54 % der Bevölkerung Zugang zum Stromnetz. Bis 2030 soll dieser Anteil auf mindestens 90 % steigen – ein Ziel, das jedoch erhebliche Investitionen in die Netzinfrastruktur voraussetzt. Darüber hinaus soll Strom im Wert von rund einer Milliarde US-Dollar in die Länder Kenia, Südsudan und Tansania exportiert werden.
Gleichzeitig sorgt der GERD seit Jahren für Spannungen unter den Nil-Anrainerstaaten. Besonders Ägypten und der Sudan, die den Großteil ihres Wasserbedarfs aus dem Nil decken, sehen ihre Wassersicherheit gefährdet. Sie fordern ein verbindliches Abkommen über Betrieb, Sicherheitsstandards und Streitbeilegung und stützen sich dabei auf ein Abkommen aus dem Jahr 1959, das ihnen weitreichende Nutzungs- und Vetorechte am Nil einräumt. Äthiopien erkennt dieses jedoch nicht an. Alle Verhandlungen blieben bislang ergebnislos (Pressespiegel KW 14/2021).
Der Ton hatte sich zuletzt weiter verschärft. So bezeichnete Ägyptens Außenminister Badr Abdelatty den GERD als existentielle Bedrohung und sprach von einer „roten Linie“ bei der Wassersicherheit. In einer gemeinsamen Erklärung kritisierten Ägypten und Sudan vergangene Woche die Inbetriebnahme als unilateralen Schritt mit potenziell destabilisierender Wirkung. In Kairo wird außerdem befürchtet, Äthiopien könne den Damm als politisches Druckmittel einsetzen – etwa gegenüber dem Sudan, dessen Roseires-Staudamm flussabwärts liegt und empfindlich auf abrupte Abflüsse reagieren könnte. Vor diesem Hintergrund intensivierte Ägypten zuletzt seine Beziehungen zu Eritrea und Somalia, die ebenfalls ein angespanntes Verhältnis zu Äthiopien haben. Grund für diese Spannungen sind Äthiopiens Bestrebungen nach einem dauerhaften Zugang zum Roten Meer.
Äthiopien weist die Vorwürfe derweil zurück und betont den regionalen Nutzen des Staudamms, etwa für Hochwasserschutz und Energieexporte. Unabhängige Untersuchungen berichten bislang von keinen größeren Auswirkungen flussabwärts – unter anderem aufgrund der schrittweisen Befüllung während der Regenzeiten. Langfristig hängt das Konfliktpotenzial laut Fachleuten vom Management des Damms ab. Eine Einigung über Wasserfreigaben in Dürreperioden gilt als besonders wichtig. Bei der Einweihung des Staudamms erklärte AU-Kommissionschef Youssouf, die Afrikanische Union sei bereit, die drei Länder bei einer Einigung auf der Grundlage der 2015 in Khartum unterzeichneten Grundsatzerklärung zu unterstützen. Ob und wann es zu einer Lösung kommt, bleibt jedoch offen.
Und sonst?
In Ruandas Hauptstadt Kigali ging am Freitag das Aviation AFRICA Summit and Exhibition 2025, die größte Luftfahrtveranstaltung des Kontinents, zu Ende. Auf der neunten Ausgabe dieser jährlich stattfindenden Konferenz und Fachmesse kamen an zwei Tagen mehr als 2.000 afrikanische und internationale Luftfahrtfachleute unter dem Motto “Collaborating to unlock Africa’s growth: How can Africa deliver a sustainable aviation Industry?” zusammen. Höhepunkt war die Vorstellung des ersten selbstfliegenden Lufttaxis Afrikas: Das Modell EHang EH216-S absolvierte einen Testflug in 100 Meter Höhe. Ausgestattet für zwei Passagiere kann die elektrisch betriebene Drohne bis zu 30 Kilometer zurücklegen und eine Geschwindigkeit von etwa 130 km/h erreichen. Die ruandische Regierung betonte, dass das Projekt Teil einer langfristigen Strategie sei, städtische Verkehrsprobleme zu lösen, abgelegene Regionen besser anzubinden und das Land als Vorreiter für moderne, klimafreundliche Verkehrssysteme zu positionieren. Der Demonstrationsflug wurde im Rahmen einer Partnerschaft zwischen der Regierung Ruandas, der China Road and Bridge Corporation und dem chinesischen Luftfahrttechnikunternehmen EHang Holdings Limited organisiert und stieß auf breites internationales Interesse. Weltweit gewinnen Passagierdrohnen als elektrisch betriebene und umweltfreundliche Alternative für den städtischen Nahverkehr zunehmend an Bedeutung. Mit dem erfolgreichen Premierenflug auf afrikanischem Boden möchte Ruanda nun den Eintritt des Kontinents in eine neue Ära urbaner Mobilität signalisieren.