Staatsstreich in Guinea
Am Sonntag übernahm eine militärische Spezialeinheit in Guinea die Macht von Präsident Alpha Condé, setzte die Verfassung aus und löste das Parlament auf. Der Putsch gilt als Reaktion auf die im Land zuletzt gewachsene Unzufriedenheit gegenüber Präsident Condé, dem Korruption und Missmanagement vorgeworfen werden. Condé war im Jahre 2010 als erster demokratisch legitimierter Staatschef an die Spitze des 13 Millionen Einwohner zählenden westafrikanischen Landes getreten. Nach dem Antritt seiner zweiten Amtszeit 2015 nahm der Präsident im März 2020 jedoch eine hochumstrittene Änderung der Verfassung vor, die ihn dazu befähigte, die Grenze von zwei Amtszeiten zu umgehen. Damit wuchs die Kritik an den autoritären Tendenzen gegenüber dem 83-Jährigen. In der Folge kam es zu Massenprotesten, die zur Inhaftierung zahlreicher Personen führten und auch Menschenleben kosteten. Mit dem erklärten Ziel, die demokratische Ordnung des Staates wiederherzustellen, lief daher unter Führung des Oberstleutnant Mamady Doumbouya am Sonntag eine Elitegruppe von Spezialeinheiten in der guineischen Hauptstadt Conakry ein und verkündete die Machtübernahme. Nach der Festnahme Condés sowie der Ablösung der Spitzengouverneure und anderer hochrangiger Verwaltungsbeamter durch das Militär wurde unter dem Vorhaben der Bildung einer neuen nationalen Einheit eine Übergangsregierung ausgerufen und ein von Offizieren geleitetes Nationales Komitee zum Zusammenschluss und zur Entwicklung (CNRD) gegründet. Dem Komitee wurde am Dienstag bei einem Treffen mit den Generalstabschefs des Staats die volle militärische Unterstützung zugesagt und auch der Kontrahent Condés, der Oppositionsführer Cellou Dalein Diallo, bekundete dem CNRD seinen Beistand. Zudem wurden als erstes Zeichen des Umbruchs ca. 80 Oppositionelle, die im Rahmen der Massenproteste inhaftiert worden waren, freigelassen. Während die Bevölkerung Guineas die aktuellen Geschehnisse größtenteils befürwortet, wächst international die Stimme breiter diplomatischer Verurteilung. Bei einem für Mittwoch angesetzten virtuellen, außerordentlichen Gipfeltreffen der ECOWAS wurde die Suspendierung Guineas aus der Wirtschaftsgemeinschaft beschlossen sowie die sofortige Freilassung des Präsidenten und die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung gefordert. Des Weiteren soll eine Kommission der ECOWAS zur Prüfung der Situation vor Ort und zur Vermittlung zwischen den Akteuren nach Guinea gesandt werden. Noch nie in den 46 Jahren des Bestehens der Wirtschaftsgemeinschaft Afrikanischer Staaten (ECOWAS) wurde der Sturz einer Regierung jedoch bisher widerrufen. Auch die Afrikanische Union (AU) schloss sich der Reaktion der ECOWAS an und verkündete am Freitag, dass sie Guinea von allen AU-Aktivitäten und Entscheidungsorganen entlassen will. Der Militärputsch markiert den dritten Staatsstreich in Westafrika innerhalb von fünf Monaten.
Parlamentswahlen in Marokko
Bei den Parlaments- und Regionalwahlen in Marokko hat die seit 2011 regierende Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD) mit bisher 125 Sitzen im Parlament überraschenderweise eine Niederlage erlitten und stellt nur noch 12 Abgeordnete. Deutlich mehr Stimmen konnten zwei liberale und eine Mitte-rechts Partei für sich gewinnen. So konnten die Unabhängige Nationalversammlung (RNI) 97 Sitze, die Partei für Ehrlichkeit und Modernität (PAM) 82 Sitze und die Partei Istiqlal 78 Sitze in dem insgesamt 395 Sitze fassenden Parlament ergattern. Die liberale RNI, die als dem Königspalast nahe stehende Partei gilt und vom zweitreichsten Mann Marokkos, Aziz Akhannouch, geführt wird, wird somit als stärkste Fraktion den Regierungschef stellen. Dieser wird von König Mohammed VI. ernannt. Seit der neuen Verfassung von 2011 wurden die Zuständigkeitsbereiche des Parlaments gegenüber dem König erweitert, wichtige Entscheidungen bezüglich Landwirtschafts-, Energie- und Industriepolitik werden allerdings weiterhin vom Königspalast getroffen. So stellt der König auch den nationalen Entwicklungsplan vor, die Zustimmung aller Parteien gilt als gesichert. Insgesamt 18 Millionen Wahlberechtigte waren am Mittwoch aufgerufen, in der dritten Parlamentswahl seit 2011 ihre Volksvertretung zu wählen. Um die bisher geringe Wahlbeteiligung zu erhöhen, hatten die Parlaments- und Regionalwahlen dieses Jahr zum ersten Mal am gleichen Tag stattgefunden. Mit 50,35% war die Wahlbeteiligung höher als bei den letzten Parlamentswahlen im Jahr 2016 mit 43% und lag über den Erwartungen einiger Analysen, die im Vorfeld von 35% ausgegangen waren. Die Wahlkampagnen, die von der COVID-19-Pandemie stark eingeschränkt waren, wurden im Vorfeld von Vorwürfen des Stimmenkaufs begleitet. Außerdem beklagte die PJD am Mittwochabend noch vor Ankündigung der Ergebnisse Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe. So seien in der Nähe von Wahllokalen Bargeldbeträge verteilt und manche Wählerinnen und Wähler nicht in den Verzeichnissen gelistet geworden. Das Innenministerium wies jedoch alle Anschuldigungen zurück und verkündete, die Wahlen seien abgesehen von vereinzelten Zwischenfällen normal abgelaufen.
Und sonst?
Vergangenen Sonntag gingen die 16. Paralympischen Sommerspiele in Tokio zu Ende. Mit 4403 Athletinnen und Athleten aus insgesamt 163 verschiedenen Ländern nahmen bei den diesjährigen Spielen so viele Sportlerinnen und Sportler wie nie zuvor teil. Unter den teilnehmenden Ländern waren auch 38 afrikanische Staaten, zehn davon konnten Medaillen gewinnen. Tunesien wurde dabei mit insgesamt vier Gold-, fünf Silber- und zwei Bronzemedaillen erfolgreichste afrikanischen Nation und landete somit im weltweiten Medaillenspiegel auf Platz 28. Besonders erfolgreich war Raoua Tlili aus Tunesien, die sich gleich zwei Goldmedaillen sicherte – im Diskuswerfen und im Kugelstoßen. Insgesamt blieben einige afrikanische Länder jedoch hinter ihren Erwartungen zurück. So wurden mit insgesamt 57 Medaillen deutlich weniger Podestplätze erreicht als bei den Paralympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro, wo afrikanische Athletinnen und Athleten 99 Medaillen gewannen.
Veranstaltungshinweis
Vom 16. bis zum 25.9. findet zum vierten Mal das Human Rights Film Festival Berlin statt. Unter dem Titel „The Art of Change“ werden bei der diesjährigen hybriden Auflage des Festivals zehn Tage lang Geschichten von Aktivistinnen und Aktivisten erzählt, die sich in unterschiedlichen Formen für Menschenrechte einsetzen. Darunter sind auch vier Filme, die sich auf dem afrikanischen Kontinent abspielen: Finding Sally (Äthiopien), SÍRÍRÍ (Zentralafrikanische Republik), The last shelter (Mali) und Toxic Business (Kenia) werden mit jeweils zwei Vorstellungen zwischen dem 17.9. und 25.9. gezeigt.