KW 45/2020: Jede Stimme zählt?
Pressespiegel 31.10.2020 bis 6.11.2020

Politische Krise in der Côte d’Ivoire

In der Elfenbeinküste hat die Wahlkommission den Amtsinhaber Alassane Ouattara mit einem Anteil von 94,27% der Stimmen zum Sieger der Wahl vom 31. Oktober erklärt. Ouattara war trotz anderslautender Pläne zu einer dritten Amtszeit angetreten, als sein designierter Nachfolger Amadou Gon Coulibaly im Juli verstorben war. Obwohl die Verfassung der Elfenbeinküste bis zum Jahr 2016 nicht mehr als zwei Amtszeiten vorsah und Ouattara diese bereits absolviert hat, argumentiert er, dass mit der Verfassungsänderung die Zählung der Mandate neu beginnen würde. Schon im Vorfeld der Wahl war es über diese umstrittene Praxis zu Auseinandersetzungen gekommen, die laut Human Rights Watch 20 Tote forderten. Mit dem ehemaligen Premierminister Pascal Affi N´Guessan und dem ehemaligen Präsidenten Henri Konan Bédié hatten zwei der Oppositionskandidaten vor diesem Hintergrund zum Boykott der Wahlen aufgerufen. Viele Wahlberechtigte blieben der Wahlurne daraufhin fern, die offizielle Wahlbeteiligung von 53,9% gilt kritischen Stimmen zufolge als sehr optimistisch. Entsprechend erkennt die Opposition das Wahlergebnis nicht an. Am Montag kündigten Bédié und N’Guessan die Einsetzung einer Übergangsregierung an und riefen zu zivilem Ungehorsam auf. Der ehemalige Premierminister Guillaume Soro, der aufgrund einer gerichtlichen Verurteilung wegen Geldwäsche und der Veruntreuung öffentlicher Gelder nicht zur Wahl zugelassen worden war und sich derzeit in Frankreich aufhält, forderte zudem am Mittwoch das Militär und die Sicherheitskräfte auf, Präsident Ouattara den Gehorsam zu verweigern. Dieser soll nach jetzigem Stand am 14. Dezember vereidigt werden. Die Befürchtungen über eine mögliche Eskalation der Gewalt werden durch die Erinnerungen an die Wahlen von 2010 geschürt, nach denen mehr als 3.000 Menschen ihr Leben verloren.

 

Tansanische Regierung setzt Opposition unter Druck

Tundu Lissu, tansanischer Präsidentschaftskandidat der Oppositionspartei Chadema, suchte nach vorübergehender Festnahme am Montag Zuflucht in der Residenz der deutschen Botschafterin in Daressalam. Insgesamt 40 führende Oppositionspolitiker wurden zeitweise verhaftet, nachdem Chadema zu Protesten gegen das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen aufgerufen hatte. Offiziell konnte Amtsinhaber John Magufuli die Wahlen vom 28. Oktober  mit 84,4% für sich entscheiden, Lissu kommt als zweitstärkste Kraft auf gerade einmal 13,04%. Die Chadema und andere Oppositionsparteien lehnen dieses Ergebnis jedoch ab und sprechen von Fälschungen Tausender von Stimmzetteln und weitreichendem Wahlbetrug. Während die Nationale Wahlkommission (NEC) jegliche Vorwürfe der Unregelmäßigkeiten von sich weist, bezweifeln auch internationale Wahlbeobachtungsmissionen die Glaubwürdigkeit des Urnengangs. Amtliche Wahlergebnisse können in Tansania allerdings nicht vor Gericht angefochten werden. Daher rief die Opposition zu Straßenprotesten auf, die von der Polizei durch Festnahmen im Keim erstickt wurden. Bereits am Donnerstag ließ sich Präsident Magufuli für seine zweite und verfassungsgemäße letzte Amtszeit vereidigen. Der 61-Jährige regiert das ostafrikanische Land zunehmend mit autoritärer Hand. Auf sein Betreiben hin wurden in Tansania politische Versammlungen verboten und einige kritische Medien zwangsweise geschlossen. Seit den Wahlen sind soziale Medien weitestgehend blockiert. Die Opposition kündigte an, weiter friedlich für eine Wiederholung der Wahl demonstrieren zu wollen.

 

Und sonst?

Der 66-Jährige somalische Forscher Ahmed Ibrahim Awale freut sich dieser Tage über eine ganz besondere Ehrung. In Anerkennung für seine jahrzehntelange Arbeit im Bereich des Umweltschutzes wurde die neu entdeckte Skorpion-Spezies Pandinurus awalei nach ihm benannt. Awale selbst hofft, dass dies insbesondere junge somalische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler inspirieren werde. Die meisten Tiere und Pflanzen seien entweder nach Eigenschaften, Orten oder europäischen Forscherinnen und Forschern benannt. Awale selber entdeckte vor einigen Jahren mit der Aloe sanguinalis (Rote Aloe) eine neue Art der Aloe, die nur in einer Region Somalias existiert. Somalia verfügt mit über 3000 verschiedenen Pflanzenarten über eine große Biodiversität, 700 davon können ausschließlich in dem Land am Horn von Afrika gefunden werden.

Afrikanisches Medienecho zu den US-Wahlen

Eine Vielzahl an afrikanischen Zeitungen, Blogs und Nachrichtenplattformen haben über die Wahl des US-Präsidenten berichtet oder diese kommentiert. Größere Plattformen wie All Africa, Africa News und Al Jazeera räumen den tagelangen unbestimmten Ausgang der Stimmenauszählung viel Raum in ihrer Berichterstattung ein, mitunter auch mit eigenen Rubriken. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf den Vorwürfen der Wahlmanipulation seitens der Republikaner sowie dem Wahlverhalten der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in den USA und der  tiefen Kluft zwischen den beiden politischen Lagern. Die Wahl wird als wichtig und richtungsweisend auch für den afrikanischen Kontinent angesehen,  beiden Kandidaten hätten ein sehr unterschiedliches Verhältnis zu den afrikanischen Staaten. Während die Präsidentschaft Donald Trumps in Bezug auf den afrikanischen Kontinent vor allem durch verbale Entgleisungen und Spannungen auch mit der eigenen afro-amerikanischen Bevölkerung in den USA, vor allem aber durch seine Devise America First geprägt gewesen sei, werden von einer Präsidentschaft Joe Bidens konziliantere Töne und eine partnerschaftlichere Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Klimawandels erhofft. Auch in den sozialen Medien hat das langwierige Prozedere der Stimmenauszählung einen deutlichen, teils amüsanten, Niederschlag gefunden.

 

Veranstaltungshinweis:

AFRIKAMERA 2020: Urban Africa, Urban Movies: Politics & Revolution präsentiert vom 17. – 22. November eine Auswahl aktueller wie historischer Spiel- und Dokumentarfilme zu gesellschaftlichen Umbrüchen und kolonialer Aufarbeitung auf dem Kontinent anlässlich des 60. Jahrestages der Unabhängigkeit zahlreicher afrikanischer Staaten in diesem Jahr. Das Programm bildet zugleich den Auftakt eines über einen Zeitraum von vier Jahren konzipierten Festivalschwerpunkts zum aktuellen urbanen Kino aus Afrika. So werden in den Folgejahren die Themenkomplexe Youth & Youth Cultures (2021), Migration und Diaspora (2022) sowie Future & Utopias (2023) in den Fokus gerückt.

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