KW 49/2021: Demokratie auf dem Prüfstand
Pressespiegel 3.12.2021 bis 10.12.2021

Wahlen in Gambia

Der amtierende Präsident Gambias Adama Barrow von der Nationalen Volkspartei (NPP) setzte sich bei den Wahlen am vergangenen Samstag mit rund 53% der Stimmen gegen seinen Hauptkonkurrenten Ousainou Darboe von der Vereinigten Demokratischen Partei (UDP) durch, der rund 27,7% der Stimmen erhielt. Mama Kandeh von der Partei Gambia Moral Congress (GMC) erreichte rund 12% der Stimmen. Nach der Bekanntgabe der Wahlergebnisse kam es zu vermehrten Protesten unter den Anhängerinnen und Anhängern der Opposition. Die unterlegenen Oppositionspolitiker Darboe und Kandeh kündigten an, gegen das Wahlergebnis juristisch vorzugehen. Gleichzeitig feierten Barrows Anhängerinnen und Anhänger dessen zweite Amtszeit. Die Wahl ist die erste seit dem Sturz des ehemaligen Staatsoberhaupts Yahya Jammeh im Jahr 2016 und gilt als Test für die junge Demokratie. Das starke öffentliche Interesse zeigt sich in der Wahlbeteiligung, die offiziellen Angaben zufolge bei 87% lag. 22 Jahre wurde Gambia autokratisch von Jammeh und der Alliance for Patriotic Reorientation and Construction (APRC) regiert. Bis heute hat der westafrikanische Staat mit den Nachwirkungen der Diktatur zu kämpfen: Präsident Barrow sieht sich zunehmend mit Forderungen der Opfer der Jammeh-Diktatur konfrontiert, welche eine Aufarbeitung und Entschädigung der systematischen politischen Verfolgung fordern. Die von Barrow eingesetzte Truth, Reconciliation and Reparations Commission hat Ende November ihren Bericht abgegeben und Schuldige benannt, die juristisch verfolgt werden sollen. Auch wirtschaftlich steht Barrow vor großen Herausforderungen: Die vom Tourismus abhängige Wirtschaft des Landes ist durch die Covid-19-Pandemie stark geschwächt, was zu steigenden Lebensmittelpreisen führt. Auch international steht Barrow zunehmend unter Druck, die bereits im Jahr 2017 angekündigten Reformen zur Stärkung der Demokratie des Landes voranzutreiben. Dabei steht insbesondere eine Änderung der Verfassung von 1997 im Zentrum der Forderungen, welche u.a. die Amtszeit des Präsidenten begrenzen soll. Internationales Aufsehen hat die jetzige Wahl aber vor allem durch die in Gambia einzigartige Art des Wahlvorgangs erzielt. Um Analphabetinnen und Analphabeten die Teilnahme an der Wahl zu ermöglichen, geben die Wählerinnen und Wähler ihre Stimme durch den Wurf einer Murmel in die Wahlurne ab. Diese ist mit der Farbe und dem Foto des Kandidaten gekennzeichnet.

 

Amerikanischer Demokratie-Gipfel mit afrikanischen Gästen

Von Mittwoch bis zum heutigen Freitag findet der Summit for Democracy statt, ein virtueller Gipfel, der von der US-amerikanischen Regierung organisiert wurde und zu dem 113 Länder eingeladen wurden, darunter 17 afrikanische Länder. Zu den eingeladenen afrikanischen Ländern gehören u.a. die zwei Compact with Africa Länder Ghana und Senegal, Angola, die Demokratische Republik Kongo und Südafrika. Verschiedene afrikanische Staatsoberhäupter, darunter die Präsidenten Botswanas, Malawis und Sambias sprechen auf dem Gipfel, in dessen Mittelpunkt die Eindämmung autoritärer Bedrohungen, der Kampf gegen Korruption und die Förderung der Menschenrechte stehen. Es soll vor allem darum gehen, spezifische und realistische Aktionspläne für die Probleme zu entwerfen und die dafür erforderlichen Ressourcen aufzubringen. Wie Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit zeigen, ist der Rückschritt demokratischer Errungenschaften ein globales Phänomen. Somit handelte es sich bei dem Gipfel natürlich nicht um ein Treffen mit spezifischem Afrikabezug, US-Präsident Joe Biden machte dennoch deutlich, dass seine Regierung sich einem verstärkten Afrikaengagement widmen möchte. Neben staatlichen Akteuren nahmen auch zivilgesellschaftliche und mediale Akteure an dem Gipfel teil, sie wurden auch im Vorfeld der Veranstaltung in die Planung einbezogen. Dennoch stieß die Auswahl der eingeladenen Länder nicht nur mit Blick auf den afrikanischen Kontinent auf Kritik: Teilweise sei nicht deutlich, nach welchen Maßstäben die Länder eingeladen wurden, da nicht alle Länder laut gängigen Indexen als “frei” einzustufen seien. Der Gipfel ist der erste seiner Art und der Auftakt für eine einjährige Kampagne der US-amerikanischen Regierung zur Förderung der Demokratie. Ein zweiter Gipfel ist in Vorbereitung und soll bereits im Februar 2022 in Präsenz stattfinden.

 

Und sonst?

Am 6. Dezember erhielt Abdulrazak Gurnah den Nobelpreis für Literatur und krönte damit seine literarischen Werke über Immigration und Kolonialisierung. Der in Sansibar, Tansania, geborene Schriftsteller, der seit über einem halben Jahrhundert im Exil in Großbritannien lebt, ist seit dem Südafrikaner J.M. Cotzee im Jahr 2003 der erste Autor afrikanischer Herkunft, der den Nobelpreis für Literatur erhält. Bei der Übergabe des Preises aus den Händen des schwedischen Botschafters im Vereinigten Königreich hob dieser die Bewertungen der Jury hervor. Abdulrazaks Werk wurde als „einfühlsam und kompromisslos in Bezug auf die Auswirkungen des Kolonialismus und das Schicksal von Flüchtlingen, die zwischen den Kulturen und Kontinenten gefangen sind“ bezeichnet. Gleichzeitig wurde der Autor für sein „Festhalten an der Wahrheit und seine Abneigung gegen Vereinfachungen“ gelobt. Sein jüngster Roman „Afterlives“ erzählt die Geschichte eines kleinen Jungen, der von den deutschen Kolonialtruppen seinen Eltern weggenommen wurde und in sein Dorf zurückkehrt, um seine verlorenen Eltern und seine Schwester zu finden. Mit der Verleihung des Nobelpreises, des Booker Prize und des Prix Goncourt an afrikanische Persönlichkeiten war das Jahr 2021 ein erfolgreiches Jahr für die afrikanische Literatur.

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