Pressespiegel KW 26/2024: Neue Sanktionen, Alte Gesetze
Pressespiegel 21.6.2024 bis 28.6.2024

EU verhängt Sanktionen gegen sechs Einzelpersonen aus dem Sudan

 

Der Europäische Rat hat am Montag wegen des Krieges zwischen dem sudanesischen Militär (SAF) und den paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) Sanktionen gegen sechs Einzelpersonen im Sudan erlassen. Ihnen wird vorgeworfen, die Stabilität und den politischen Wandel im Land zu untergraben. Auf der Liste der verhängten Sanktionen stehen Verantwortliche beider Konfliktparteien. Auf Seiten der RSF treffen die Sanktionen Abdulrahman Juma Barakallah, einen General, der die RSF in West-Darfur befehligt und der laut EU-Rat unter anderem für ethnisch motivierte Tötungen, Angriffe auf Menschrechtsaktivistinnen und -aktivisten sowie konfliktbedingte sexuelle Gewalt, Plünderung und Brandschatzungen von Gemeinden verantwortlich ist. Ebenso neu auf der EU-Sanktionsliste stehen Mustafa Ibrahim Abdel Nabi Mohamed, Finanzberater der RSF und Masar Abdurahman Aseel, ein Anführer des Mahamid-Clans aus West-Darfur, der zahlreiche Angriffe der RSF unterstützt haben soll. Auf Seiten des Militärs ist nun auch der Generaldirektor des Defense Industry Systems (DIS), einem Konglomerat sudanesischer Rüstungsunternehmen, das die Armee mit Waffen, Munition und Fahrzeugen versorgt, gelistet, nachdem das Unternehmen bereits seit Januar von der EU sanktioniert wird. Des Weiteren wurden Sanktionen gegen El Tahir Mohamed El Awad El Amin, den Kommandeur der sudanesischen Luftwaffe, dem die Verantwortung für wahllose Luftangriffe auf dicht besiedelte Wohngebiete seit Beginn des Konflikts vorgeworfen wird, und gegen Ali Ahmed Karti Mohamed, einen ehemaligen sudanesischen Außenminister unter der Regierung von Omar al-Bashir, verhängt. Die Sanktionen umfassen das Einfrieren aller Vermögenswerte der gelisteten Personen sowie ein Einreiseverbot in die EU. Darüber hinaus dürfen ihnen weder direkt oder indirekt Gelder oder andere wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.

Es ist das erste Mal, dass die EU unter dem Sudan-Sanktionsregime Sanktionen gegen Einzelpersonen verhängt; bisher betrafen diese ausschließlich Organisationen und Unternehmen, die die Kämpfe der RSF und SAF unterstützen. Dazu zählen Sanktionen gegen das SAF-nahe Unternehmen DIS sowie zwei weitere Rüstungsunternehmen, SMT Engineering und adna International Company for Investment Limited. Ebenfalls sanktioniert werden die Rüstungsunternehmen Al Junaid Multi Activities Co Ltd, Tradive General Trading und GSK Advance Company Ltd, die der RSF nahestehen. Kritik am langen Zögern der EU, auch Einzelpersonen, die mitverantwortlich für die Gewalteskalation im Sudan sind, mit Sanktionen zu belegen, gab es vor allem von Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch (HRW). Diese warfen der EU ein zu langsames und der Konfliktdynamik nicht angemessenes Handeln vor. Akteure wie die USA hatten diesen Schritt bereits im vergangenen Jahr gemacht und gezielt Anführer beider Kriegsparteien auf ihre Sanktionsliste gesetzt. Auch sollte die EU laut HRW auf die vollständige Durchsetzung des bestehenden UN-Waffenembargos für Dafur drängen. Hier wirft die sudanesische Regierung unter anderem den Vereinigten Arabischen Emiraten (UAE) vor, die RSF mit Waffen zu versorgen und von dem Krieg zu profitieren. Diesbezüglich gerieten auf einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats vom 18. Juni Vertreter des Sudans und der UAE aneinander. Indes unterstützen Russland und Iran die sudanesische Armee. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield, äußerte zuletzt ihre Besorgnis über die internationale Einmischung in den Konflikt und rief dazu auf, Waffenlieferungen zu stoppen.

Derweil spitzt sich die humanitäre Lage im Sudan weiter zu. Schätzungen der Vereinten Nationen (UN) zufolge hat der Krieg landesweit bereits mindestens 15.000 Menschenleben gefordert, rund 8,8 Millionen Menschen wurden vertrieben. Zuletzt eskalierten die Kämpfe in El-Fasher, der Provinzhauptstadt von Nord-Darfur, woraufhin der UN-Sicherheitsrat am 13. Juni die UN-Resolution 2736 mit 14 zu null Stimmen und einer Enthaltung von Russland erließ. In der Resolution fordert der Sicherheitsrat die RSF auf, die Kämpfe sofort einzustellen und die Belagerung von El-Fasher zu beenden. Darüber hinaus wurden beide Kriegsparteien angehalten, den Schutz der Zivilbevölkerung einzuhalten.

 

 

Namibias Oberster Gerichtshof kippt Anti-Homosexuellen-Gesetz

 

Vergangenen Freitag hat der Oberste Gerichtshof in Namibia ein Gesetz für verfassungswidrig erklärt, das gleichgeschlechtliche Handlungen zwischen Männern unter Strafe stellte. Das Gesetz, das “Sodomie“ und „unnatürliche sexuelle Handlungen“ als Strafbestand aufführte, stammte noch aus der Kolonailzeit, wurde aber auch nach Namibias Unabhängigkeit von Südafrika 1990 nicht geändert. Zwar wurde das Gesetz, von dem explizit nur Männer betroffen waren, kaum angewandt, dennoch schürte es Angst vor Diskriminierung und strafrechtlicher Verfolung von Homosexualität. Initiiert wurde der Prozess von dem namibischen Aktivisten Friedel Dausab, der beim Obersten Gerichtshof gegen die Verletzung seiner verfassungsmäßig garantierten Menschenrechte durch das Gesetz klagte. Unterstützt wurde er dabei von dem im Vereinigten Königreich ansässigen Human Dignity Trust. Dem stimmte der Oberste Gerichtshof zu und führte in seiner Urteilsbegründung aus, dass das Gesetz sexuelle Praktiken allein auf Grundlage des Geschlechts kriminalisieren würde, was gegen das Gebot der Gleichbehandlung verstoße.

Zwar wurde das Urteil in Windhoek als wichtiger juristischer Erfolg der LGBTQ-Community gefeiert, dennoch ist die gleichgeschlechtliche Ehe in Namibia auch weiterhin nicht erlaubt und erst im Mai vergangenen Jahres hatte ein Urteil des Obersten Gerichtshof für einen Anstieg an Hassverbrechen gegen LGBTQ gesorgt. Damals hatte das Gericht geurteilt, dass nicht-namibische Ehepartnerinnen und -partner von im Ausland geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehen ein Aufenthaltsrecht in Namibia erhalten müssen, was unter anderem bei religiösen Gruppen, aber auch in der Politik auf heftige Kritik stieß. Daraufhin verabschiedete das Parlament zwei neue Gesetze, die die Ehe ausschließlich als einen Zusammenschluss zwischen Mann und Frau definieren und gleichzeitig die Bezeugung, Unterstützung oder Förderung gleichgeschlechtlicher Verbindungen unter Strafe stellen. Das Strafmaß kann je nach Schwere des Verstoßes bis zu sechs Jahre Freiheitsstrafe umfassen. Allerdings wurden die Gesetze bisher noch nicht vom Präsidenten unterschrieben und sind somit noch nicht in Kraft getreten. Ob der Präsident diese – auch mit Blick auf den anstehenden Wahlkampf – unterschreiben wird, bleibt abzuwarten.

Auch in anderen afrikanischen Ländern wurden zuletzt die Anti-LGBTQ-Gesetzgebungen verschärft. Laut Angaben des Human Dignity Trust liegen von den 64 Ländern weltweit, die gleichgeschlechtliche Beziehungen kriminalisieren, 31 in Afrika. Dabei hat Uganda im vergangenen Jahr eines der härtesten Anti-LGBTQ-Gesetze der Welt erlassen, das die Todesstrafe für „schwere Homosexualität“ vorsieht. Auch das ghanaische Parlament verabschiedete im Februar ein Gesetz, das eine Gefängnisstrafe von bis zu fünf Jahren für die vorsätzliche Förderung und Unterstützung von LGBTQ+-Aktivitäten vorsieht. Bisher wurde es jedoch von Ghanas Präsident Nana Akufo-Addo noch nicht unterzeichnet. Lediglich Südafrika hat gleichgeschlechtliche Handlungen vollkommen entkriminalisiert und ist das einzige afrikanische Land, dass LGBTQ-Paaren die Adoption von Kindern, Eheschließungen und zivile Partnerschaften erlaubt – und das bereits Jahre, bevor dies in Deutschland der Fall war.

 

 

Und sonst?

 

Am Donnerstag endeten die 23. African Senior Athletics Championships in Duala, Kamerun. An dem Wettbewerb nahmen knapp 800 Athletinnen und Athleten vom afrikanischen Kontinent teil. Platz eins des Medaillenspiegels belegte am Ende Südafrika mit insgesamt 20 Medaillen, gefolgt von Kenia mit 19 und Nigeria mit 15. Die Gewinnerinnen und Gewinner qualifizierten sich mit ihren Erfolgen für die kommenden Olympischen Spiele in Paris. Überschattet wurden die Wettkämpfe jedoch von organisatorischen Fehlern, technischen Schwierigkeiten, z.B. bei Startsignalen, logistischen Herausforderungen und dem schlechten Zustand der Stadien. So verzögerte sich unter anderem der Beginn des Turniers, da die Wettkämpfe in ein anderes Stadium verlegt werden mussten, dessen Rennbahn aber ebenfalls für Kritik unter den Athletinnen und Athleten sorgte. Die nächste Auflage der African Senior Athletics Championships wird 2026 in Ghana stattfinden.

 

 

Sondermeldung: Kenias Präsident zieht neues Steuergesetz zurück

 

Am Mittwoch verkündete Kenias Präsident William Ruto, die mit dem Financial Bill 2024 geplanten Steuererhöhungen zurückzuziehen und somit dem Druck der seit einer Woche andauernden, landesweiten Proteste nachzugeben (Pressespiegel KW 25/2024). Zuvor hatten am Dienstag Demonstrierende das Parlament gestürmt, um gegen die Verabschiedung des neuen Gesetzes zu protestieren. Dabei waren laut offiziellen Angaben mindestens 22 Menschen zu Tode gekommen, 300 wurden verletzt. Nach dem Sturm auf das Parlament wurde auch das Militär in den Straßen Nairobis eingesetzt; Kenias Oberstes Gericht erklärte den Einsatz am Donnerstagabend nach einer Klage der Kenya Law Society für zulässig, forderte jedoch eine öffentliche Bekanntgabe zu Dauer und Umfang des Einsatzes innerhalb der nächsten zwei Tage. Die Rücknahme des Gesetzes wird als großer Erfolg der von überwiegend jungen Menschen angeführten Protestbewegung bewertet, dennoch gingen die Proteste am Donnerstag in Nairobi und einigen anderen Städten angesichts der bisherigen Todesopfer und des unaufgeklärten Verschwindens verschiedener Influencer weiter und stellen Rutos Regierung so vor neue Herausforderungen.

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