Pressespiegel KW 27/2024: Von Gewinnern und Verlierern
Pressespiegel 28.6.2024 bis 5.7.2024

Neues Regierungskabinett in Südafrika gebildet

 

Am Sonntagabend gab Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa die Verteilung der Posten im neuen Kabinett der sogenannten Regierung der Nationalen Einheit (GNU) bekannt. 20 der insgesamt 32 Ministerposten bleiben in der Hand von Ramaphosas African National Congress (ANC), darunter Schlüsselposten wie das Finanzministerium, das weiterhin von Enoch Godongwana geleitet wird, das Ministerium für Handel, Industrie und Wettbewerb, das von nun an von Johannesburgs ehemaligem Bürgermeister, Parks Tau, geführt wird, und die Ministerien für Internationale Beziehungen und Kooperation sowie für Verteidigung und für Justiz. Auch der Posten des stellvertretenden Präsidenten wird mit Paul Mashatile, der das Amt bereits seit März vergangenen Jahres innehat, weiterhin vom ANC besetzt. Sechs Ministerposten gehen derweil an den größten Koalitionspartner, die Democratic Alliance (DA). Ihr Parteiführer, John Steenhuisen, erhält den Posten des Landwirtschaftsministers, während auch das Innen- sowie das Bildungsministerium an die DA fallen. Die übrigen sechs Ministerposten wurden unter den kleineren Parteien, die sich dem GNU angeschlossen hatten, verteilt. So gehen zwei Ministerien an die Inkatha Freedom Party (IFP), während der Chef der einwanderungsfeindlichen und populistischen Patricotic Alliance (PA), Gayton McKenzie, Minister für Sport, Kunst und Kultur wird und der Ministerposten für Justizvollzug an Pieter Groenewald von der rechtsgerichteten, weiß-nationalistischen Freedom Front Plus geht. Auch die GOOD Partei und der Pan Africanist Congress of Azania erhalten jeweils einen Sitz. Somit sind sieben der insgesamt elf am GNU beteiligten Parteien im Kabinett vertreten.

Die Wiederbesetzung der Schlüsselministerien durch den ANC weisen insbesondere in der Industrie- und Handels- sowie in der Außenpolitik auf Kontinuität hin. So ist beispielsweise die Fortführung einer pro-palästinensischen Außenpolitik unter Ronald Lamola, der zum Minister für Internationale Beziehungen und Kooperation benannt wurde und bereits in der von Südafrika eingebrachten Klage gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof eine wichtige Rolle gespielt hatte, sehr wahrscheinlich. Auch der südafrikanische Rand stabilisierte sich nach der Bekanntgabe des Kabinetts erneut und konnte sogar ein leichtes Plus verzeichnen, nachdem die Währung aufgrund des vorübergehenden Verhandlungsstillstands zunächst wieder gesunken war.

Der Kabinettsbildung vorausgegangen waren wochenlange angespannte und teils zähe Verhandlungen zwischen dem ANC und der DA, die mit 40,18% und 21,81% der Stimmen bei den Parlamentswahlen am 29. Mai dieses Jahres (Pressespiegel KW 23/2024) die beiden stärksten Parteien der Koalitionsregierung sind. Zwischendurch drohte die DA, die zunächst elf und später acht Minister- und rund ein Dutzend Vizeministerposten forderte, sich aus dem GNU zurückzuziehen und pochte auf eine dem Wahlergebnis angemessene Verteilung der Ministerien. Für Ärger sorgte auch das Durchsickern von vertraulichen Schreiben zwischen den Parteispitzen. Mit der teilweisen Doppelbesetzung von Vizeministerposten, insbesondere der des stellvertretenden Finanzministers, lenkte die DA, mit deren Unterstützung Präsident Ramaphosa am 14. Juni vom Parlament wiedergewählt worden war, schließlich ein.

Kritik am neuen Kabinett gibt es vor allem aufgrund dessen Größe: Mit 32 Ministerinnen und Ministern, vor der Wahl waren es noch 30, 43 stellvertretenden Ministerinnen und Ministern sowie Präsident und Stellvertreter, kommt die neue Regierung auf insgesamt 77 Mitglieder. Statt das Kabinett weiter zu verschlanken, wurde es, um alle Koalitionspartner zufrieden zu stellen, weiter aufgebläht, so die Kritikerinnen und Kritiker. Auch der Frauenanteil fällt im Vergleich zum vergangenen Kabinett mit 44% im Vergleich zu 50% (2019) geringer aus, spiegelt aber auch den gesunkenen Frauenanteil im Parlament von 46% (2020) auf 43% wider. Die Ernennung der Ministerposten ist jedoch nur ein erster Schritt in der Verhandlung über die zukünftige Politik Südafrikas. Insbesondere in wirtschaftspolitischen Fragen, z.B. über die Fortführung des Broad-Based Black Economic Empowerment (B-BBEE) Programms, oder auch mit Blick auf die Bestrebungen des ANC, Land, das sich als Erbe von kolonialen Eroberungen in weißem Besitz befindet, entschädigungslos zu enteignen und an Schwarze Farmer zurückzugeben, gibt es große politische Diskrepanzen zwischen dem ideologisch eher linksgerichteten ANC und der zentralistischen, marktliberalen DA. Diese unterschiedlichen Positionen werden nun kontinuierlich ausgehandelt werden müssen.

 

Mauretaniens Präsident Ghazouani wiedergewählt

 

Am Donnerstag bestätigte Mauretaniens Verfassungsrat die Wiederwahl von Präsident Mohamed Ould Ghazouani. Bei den Präsidentschaftswahlen am vergangenen Samstag konnte sich der 67-Jährige, der für die Regierungspartei El Insaf ins Rennen gegangen war, bereits in der ersten Runde mit 56,1% der Stimmen durchsetzen, wie die Unabhängige Wahlkommission CENI am Montag verkündete. Platz zwei belegte mit 22,1% der Stimmen der Abgeordnete und Anti-Sklaverei-Aktivist Biram Dah Abeid, der bereits zum dritten Mal für das Präsidentschaftsamt kandidierte und dieses Mal für die Refoundation for Global Action Alliance (RAG) antrat. Hamadi Ould Sid‘ El Moctar, der die größte Oppositionspartei, die islamistische Tewassoul leitet, kam mit 12,8% auf den dritten Platz. Insgesamt waren sieben Kandidaten zur Wahl angetreten. Die Wahlbeteiligung lag laut Angaben der Wahlkommission bei 55%; rund zwei Millionen Menschen der 4,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner waren wahlberechtigt. Ghazouani, der 2019 zum ersten Mal ins Präsidentenamt gewählt wurde und aktuell den Vorsitz der Afrikanischen Union (AU) innehat, darf nun für weitere fünf Jahre regieren.

Bereits am Sonntag verkündete Oppositionskandidat Abeid, dass er die Wahlergebnisse nicht anerkennen würde und sprach von Wahlbetrug sowie von einem Wahlputsch zugunsten von Ghazouani. Die Wahlkommission, so Abeid, habe Ghazouani in betrügerischer Absicht Tausende von Stimmen „aus dem Nichts“ zugesprochen. Die Wahlkommission CENI war 2022 unter Ghazouanis Regierung gegründet worden, um nationale Wahlen zu beaufsichtigen. Bereits bei den Parlamentswahlen im vergangenen Jahr hatten Analystinnen und Analysten Unregelmäßigkeiten bei den Stimmauszählungen kritisiert; die Opposition hatte der Regierungspartei massiven Wahlbetrug vorgeworfen. Trotz ähnlicher Vorwürfe auch bei der jetzigen Wahl und Abeids Ablehnung der Wahlergebnisse sei keine offizielle Beschwerde beim Verfassungsrat innerhalb der gesetzlichen Fristen eingegangen, erklärte Generalsekretär Aminatou Mint El Khaless. Internationale Wahlbeobachterinnen und -beobachter, unter anderem von der AU und der Europäischen Union (EU), stuften die Atmosphäre der Präsidentschaftswahlen in ihren vorläufigen Berichten auch als friedlich und transparent ein.

Oppositionskandidat Abeid rief vor dem Hintergrund seiner Anschuldigungen noch am Sonntag zu friedlichen Protesten auf, denen in verschiedenen Teilen des Landes gefolgt wurde. Allerdings kam es dabei auch zu Zusammenstößen zwischen Demonstrierenden und Sicherheitskräften, deren Präsenz zuvor erhöht worden war, wie etwa am Sonntagabend und Montag in der Hauptstadt Nouakchott. Insbesondere in der Oppositionshochburg Kaédi im Süden des Landes kam es zu gewaltvollen Auseinandersetzungen im Rahmen der Demonstrationen. Mehrere Demonstrantinnen und Demonstranten wurden dabei verletzt und drei Menschen, die im Zuge der Proteste festgenommen wurden, kamen in Haft ums Leben, gab das Innenministerium am Mittwoch bekannt. Darüber hinaus kam es infolge der Proteste am Montag auch zu Blockaden des mobilen Internetzugangs im Land.

Präsident Ghazouani, dem von der Opposition immer wieder hartes Vorgehen und Verhaftungen von Regierungskritikerinnen und -kritikern vorgeworfen wird, stehen auch in seiner zweiten Amtszeit große Herausforderungen bevor. Neben Armutsbekämpfung – mehr als die Hälfte der mauretanischen Bevölkerung lebt in Armut – zählt auch die Bekämpfung der hohen Jugendarbeitslosigkeit mit zu den drängendsten Aufgaben. Diese liegt aktuell bei 23%, wobei die unter 25-Jährigen rund 60% der Gesamtbevölkerung ausmachen. Darüber hinaus fürchtet das Land, dass die islamistischen Aufstände, die im Nachbarstaat Mali und dessen angrenzenden Ländern seit Jahren andauern, auch auf Mauretanien überschwappen könnten. Das Land ist derweil eines der Hauptaufnahmeländer malischer Geflüchteter. So befinden sich laut offiziellen Angaben aktuell rund 81.000 Menschen in Mauretanien, die vor der Gewalt in Mali in den Nachbarstaat geflohen waren. Bisher gelang es Präsident und Ex-Militär Ghazouani, der gerade in der Region als wichtiger Verbündeter von Frankreich und den USA gilt, die Stabilität im Land zu sichern. Auch die EU hatte erst im März dieses Jahres ein Migrationsabkommen mit Nouakchott geschlossen, um die Polizeipräsenz an den Grenzen zu erhöhen und die Zahl der ankommenden Migrantinnen und Migranten zu verringern.

 

Und sonst?

 

Am Montag gewann der Eritreer Biniam Girmay als erster schwarzer afrikanischer Radrennfahrer einen Etappensieg bei der Tour de France. Dem 24-Jährigen gelang der Sieg auf dem längsten Streckenabschnitt der diesjährigen Tour de France, der sich über 230 Kilometer von Piacenza nach Turin erstreckte. Nachdem der eigentliche Favorit Mark Cavendish kurz vor Etappenende gestürzt war, konnte sich Girmay, der für das belgische Team Intermarche-Wanty fährt, in einem Sprintfinale gegen den Kolumbianer Fernando Gaviria und den Belgier Arnaud de Lie durchsetzen, die die Plätze zwei und drei belegten. Der Sieg sei nicht nur für ihn selbst, sondern auch für Eritrea und Afrika ein großer Moment, sagte Girmay, der bereits seit Kindheitstagen die Tour de France im Fernsehen verfolgt hatte, in einem Interview. Unter den afrikanischen Radfahrern gelang es bisher nur den beiden Südafrikanern Robert Hunters (2007) und Deryl Impey (2019), Etappensiege bei der Tour de France zu erzielen; der in Kenia geborene und aufgewachsene viermalige Tour de France-Sieger Chris Froome (2013, 2015-2017) trat jeweils für Großbritannien an. Der Radrennsport gewinnt auch in afrikanischen Ländern zunehmend an Beliebtheit und im kommenden Jahr wird Ruanda das erste afrikanische Land sein, das die Straßenradweltmeisterschaften ausrichtet.

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