Pressespiegel KW 3/2024: Formen des Protests
Pressespiegel 12.1.2024 bis 19.1.2024

Namibia kritisiert Deutschland für Nebenintervention am Internationalen Gerichtshof

Die namibische Regierung hat am Samstag in einer Pressemitteilung die geplante Unterstützung Deutschlands für Israel im Völkermordfall vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) scharf kritisiert. Unter Bezugnahme auf die eigene Kolonialgeschichte äußerte Präsident Hage Geingob darin seine tiefe Besorgnis über diese „schockierende Entscheidung“ der Bundesrepublik, die „moralisch aufrechte Anklage“ Südafrikas vor dem Internationalen Gerichtshof zurückzuweisen. Südafrika hatte Ende Dezember vergangenen Jahres Klage am höchsten Gericht der Vereinten Nationen (UN) in Den Haag eingereicht und beschuldigt darin Israel aufgrund seiner militärischen Operation im Gazastreifen, bei der bisher mehr als 23.000 Palästinenserinnen und Palästinenser ums Leben kamen, des Völkermords an der palästinensischen Bevölkerung und somit des Verstoßes gegen die UN-Völkermordkonvention. Namibia zählt zu den stärksten Unterstützern der südafrikanischen Klage. Die Reaktion des Landes im südlichen Afrika folgte einen Tag auf die Ankündigung der deutschen Bundesregierung, man intendiere bei der Hauptverhandlung als Drittpartei zu intervenieren. Die Bundesregierung sehe vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte und des Menschheitsverbrechens der Shoa eine besondere Verbundenheit gegenüber der Konvention gegen Völkermord. Einer Instrumentalisierung dieser trete man entschieden entgegen, so der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit. Den Völkermordsvorwurf gegen Israel weise man “entschieden und ausdrücklich zurück”, da er jeder Grundlage entbehre. Es ist nach der Unterstützung der Ukraine gegenüber Russland im September 2022 und der Unterstützung Gambias gegenüber Myanmar im November 2023 das dritte Mal, dass Deutschland als Drittpartei bei einem Prozess vor dem IGH zu einer möglichen Verletzung der UN-Konvention gegen Völkermord die Möglichkeit einer sogenannten Nebenintervention nutzt. Diese bietet einer formell neutralen Drittpartei etwa die Möglichkeit, Gutachten und Stellungnahmen einzureichen sowie an der mündlichen Verhandlung selbst teilzunehmen. Die erste Anhörung in dem Prozess fand bereits am 11. Januar statt. Es wird erwartet, dass der Antrag über Sofortmaßnahmen zum Stopp kriegerischer Handlungen zeitnah entschieden wird, die Hauptverhandlung zum Vorwurf des Völkermords wird womöglich jedoch Jahre dauern. Deutschlands Ankündigung einer Nebenintervention fiel derweil mit dem 120. Jahrestag des deutschen Genozids an den Herero und Nama zusammen. Namibia wirft Deutschland vor diesem Hintergrund auch vor, “keine Lektionen aus seiner schrecklichen Geschichte gelernt zu haben” und fordert die Bundesregierung auf, ihre Entscheidung in dieser Angelegenheit zu überdenken. Inwieweit sich diese Entwicklungen auf den deutsch-namibischen Aussöhnungsprozess auswirken werden, bleibt abzuwarten. Im Mai 2021 hatten die deutsche und die namibische Regierung nach Jahren der Verhandlungen ein Aussöhnungsabkommen geschlossen, in dem die Bundesregierung den Völkermord an den Herero und Nama, dem zwischen 1904 und 1908 schätzungsweise 70.000 Menschen zum Opfer fielen, offiziell als solchen anerkennt. Das Abkommen, welches unter anderem auch die Zahlung von 1,1 Milliarden Euro beinhaltet, die über 30 Jahre hinweg in Entwicklungsprojekte des Landes fließen sollen, wartet jedoch weiterhin auf die Ratifizierung und gilt in Namibia als umstritten. Derzeit sollen die deutsche und namibische Regierung sich in Gesprächen befinden, strittige Details in einem Anhang zum Abkommen zu klären.

 

Gewaltsame Proteste nach umstrittener Wiederwahl des komorischen Präsidenten Assoumani

Bei Protesten gegen die Wiederwahl des komorischen Präsidenten Azali Assoumani kam nach Angaben der Gesundheitsbehörden in der Hauptstadt Moroni am Donnerstag eine Person ums Leben, sechs weitere Personen wurden verletzt. Bereits am Mittwoch war es auf dem Inselstaat zu gewalttätigen Ausschreitungen, Straßenblockaden und der Plünderung des Hauses eines ehemaligen Ministers gekommen. Das Innenministerium verhängte daraufhin eine nächtliche Ausgangssperre und die Polizei ging mit Tränengas gegen die Demonstrierenden vor. Darüber hinaus kam es auch zu Verhaftungen, eine genaue Zahl wurde jedoch nicht bekannt gegeben. Nach Angaben von Netblocks, einer Zivilorganisation, die Unterbrechungen des Internets weltweit dokumentiert, wurde inzwischen auch der Zugang zum Internet gesperrt. Den Protesten war die offizielle Verkündung der Wahlergebnisse durch die Unabhängige Nationale Wahlkommission (Commission Electorale Nationale Indépendante, CENI) am Dienstag vorausgegangen, die den amtierenden Präsidenten Assoumani zum Wahlsieger erklärt hatte. Mit 62,97% der Stimmen konnte sich der 65-Jährige von der Regierungspartei Versammlung zur Erneuerung der Komoren (Convention pour le Renouveau des Comores, CRC) mit einer absoluten Mehrheit im ersten Wahlgang am Sonntag gegen seine fünf Herausforderer durchsetzen, bestätigte der Vorsitzende der CENI Idrissa Said Ben Ahmada. Den zweiten Platz belegte Issa Salim Adillah von der Oppositionspartei Juwa mit 20,26%. Die Wahlbeteiligung bei der Präsidentschaftswahl lag bei gerade einmal 16,3%, während die parallel stattfindenden Gouverneurswahlen mit 55,7% Wahlbeteiligung deutlich mehr Zulauf erfuhren. Bereits vor Bekanntgabe der offiziellen Wahlergebnisse hatten die Oppositionskandidaten in einer gemeinsamen Erklärung Unregelmäßigkeiten und Wahlfälschung angeprangert. So seien u.a. gefälschte Wahlzettel in Urnen platziert, Wahllokale verfrüht geschlossen und Wahlbeobachterinnen und Wahlbeobachter an ihrer Arbeit gehindert worden. Auch die nationale Wahlbeobachtungsstelle der Komoren, OBSELEC, äußerte Kritik an der CENI und warf ihr Parteilichkeit vor. Die Wahlbeobachtungsmission der Afrikanischen Union (AU) hingegen sprach von einer grundsätzlich friedlichen und ruhigen Wahl ohne größere Unregelmäßigkeiten. Das Wahlergebnis muss am kommenden Sonntag noch vom Obersten Gericht bestätigt werden, bevor Assoumani, der aktuell auch den Vorsitz der AU innehat, zu seiner vierten fünfjährigen Amtszeit antreten darf. Assoumani war 1999 infolge eines Militärputsches an die Macht gekommen und hatte 2002 als ziviler Kandidat die Präsidentschaftswahlen der neu gegründeten Union der Komoren, wie der Inselstaat seit 2001 amtlich heißt, gewonnen. Da die damalige Verfassung der Komoren eine rotierende Präsidentschaft der drei Inseln der Union vorsah, zog er sich 2006 aus der Politik zurück, bevor er 2016 erneut zur Wahl um das Präsidentenamt antrat und die von Gewalt und Unregelmäßigkeiten geprägten Wahlen gewann. 2018 wurde in Folge eines umstrittenen Verfassungsreferendums die Bedingung der rotierenden Präsidentschaft zwischen den drei Hauptinseln abgeschafft, was Assoumani die erneute Kandidatur 2019 ermöglichte. Insbesondere seitdem wird seiner Regierung das Vorgehen gegen Kritikerinnen und Kritiker sowie Oppositionelle vorgeworfen. So sitzen sowohl der ehemalige Präsident Ahmed Abdallah Sambi der Oppositionspartei Juwa sowie der ehemalige Vize-Präsident Mohamed Ali Soilihi der Union pour le Développement des Comores (UPDC) im Gefängnis.

 

Und sonst?

Am Samstag startete der 34. Afrika Cup (AFCON 2023) mit einem 2:0 Sieg des Gastgebers Côte d’Ivoire gegen Guinea-Bissau. Die Partie wurde im 2020 eröffneten Alassane Ouattara Stadion, das 60.000 Plätze umfasst, in der Millionenstadt Abidjan ausgetragen. Der Afrika Cup ist mit 24 Mannschaften das größte Sportereignis des Kontinents und konnte gleich am gestrigen zweiten Spieltag mit einer Reihe von Überraschungen aufwarten: So konnte Namibia mit seinem 1:0 Sieg gegen Tunesien seinen allerersten AFCON-Sieg überhaupt feiern, Mosambik rang dem Mitfavoriten Ägypten rund um Superstar Mohamed Salah ein Unentschieden ab, während sich Äquatorialguinea ein 1:1 gegen den dreifachen Afrikameister Nigeria erkämpfte und Kap Verde sich mit einem 2:1 gegen Ghana durchsetzte. Das Finale findet am 11. Februar statt – ebenfalls im Alassane Ouattara Stadion.

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