Proteste vor Wahlen in Ghana
Am Dienstag organisierte Ghanas größte Oppositionspartei National Democratic Congress (NDC) landesweite Proteste, um eine Prüfung des Wählerverzeichnisses für die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Dezember zu fordern. Hunderttausende Oppositionsanhängerinnen und -anhänger schlossen sich den Protesten an, die unter dem Motto “Enough is Enough” (dt. “Genug ist Genug”) in allen 16 Regionalhauptstädten, inklusive der Hauptstadt Accra, stattfanden. Auslöser der Proteste sind Vorwürfe der sozialdemokratischen NDC gegen die Wahlkommission, das Wählerregister zugunsten der regierenden New Patriotic Party (NPP) manipuliert zu haben. Laut Parteiangaben habe man bei der Vorbereitung der Wahlen rund 300.000 Unstimmigkeiten festgestellt, darunter illegale Namensübertragungen innerhalb des Wählerverzeichnisses, das Fehlen registrierter Wählerinnen und Wähler sowie die Eintragung von über 50.000 verstorbenen Personen. Darüber hinaus seien Wählerinnen und Wähler ohne deren Wissen an andere Wahllokale verlegt worden.
Die oppositionelle NDC fordert daher eine unabhängige Überprüfung des Wählerverzeichnisses, die durch das United Nations Development Programme (UNDP) begleitet werden soll, um Transparenz und Vertrauen in die Wahl wiederherzustellen. In Accra überreichten die Protestierenden eine entsprechende Petition an das Parlament und die Wahlkommission. Diese wies die Forderung jedoch mit der Begründung zurück, dass die festgestellten Unregelmäßigkeiten bereits behoben worden seien. Die Regierungspartei NPP bekräftigte daraufhin ihr Vertrauen in die Unabhängigkeit des Verfahrens und der Wahlkommission.
Die Forderung der NDC nach einer Überprüfung des Wählerverzeichnisses erfolgt vor dem Hintergrund wachsender politischer Spannungen im Land, die durch die jüngste Suspendierung eines Bezirksdirektors der Wahlkommission aufgrund von Vorwürfen der illegalen Stimmenübertragung ausgelöst wurden. Gegen den Beamten, der für den Wahlbezirk Pusiga im Norden des Landes zuständig war, wird nun polizeilich ermittelt.
Am 7. Dezember 2024 finden in Ghana die alle vier Jahre anstehenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt. Der derzeitige Präsident Nana Addo Dankwa Akufo-Addo (NPP) darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr zur Wahl antreten. Für die Regierungspartei geht der amtierende Vizepräsident Mahamudu Bawumia ins Rennen, während für die NDC der ehemalige Präsident John Dramani Mahama, der die Regierungsgeschäfte bereits von 2012 bis 2017 führte und sowohl bei den Wahlen 2016 und 2020 gegen Akufo-Addo verlor, antritt. Zum ersten Mal kommen somit beide Kandidaten aus dem Norden des Landes. Ghana gilt seit langem als Vorbild für Demokratie und Stabilität in einer fragilen Region. Doch auch bei den letzten Wahlen im Jahr 2020 wurde der Regierung vorgeworfen, die Wahlkommission beeinflusst zu haben. Bei Auseinandersetzungen während des Wahlgangs wurden nach offiziellen Angaben fünf Menschen getötet, auch wenn internationale Wahlbeobachterinnen und -beobachter die Wahl als weitgehend friedlich bewertet hatten.
Deutschland und Kenia unterzeichnen Migrationsabkommen
Im Rahmen des Bürgerfests des Bundespräsidenten kam der kenianische Präsident William Ruto am vergangenen Freitag für einen zweitägigen Besuch nach Berlin. Am Freitagnachmittag eröffneten Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und sein Gast das unter dem Motto „Pamoja – Gemeinsam stärker“ stehende Fest, bei dem Kenia als erster außereuropäischer Staat überhaupt offizielles Partnerland war. An zwei Tagen konnten somit Tausende Besucherinnen und Besucher die kenianische Kultur und Küche kennenlernen.
Für Schlagzeilen sorgte aber vor allem das Treffen von Präsident Ruto mit Bundeskanzler Olaf Scholz, bei dem ein umfassendes Migrations- und Mobilitätsabkommen zwischen Deutschland und Kenia unterzeichnet wurde. Durch das Abkommen sollen jungen Fachkräften aus Kenia neue Perspektiven in Deutschland eröffnet werden und kenianische Unternehmen einen besseren Zugang zum europäischen Markt erhalten und stärker in nachhaltige Lieferketten eingebunden werden. Gleichzeitig soll die Rückführung illegal Eingereister erleichtert werden. Unter den derzeit ca. 14.800 Kenianerinnen und Kenianern in Deutschland sollen ca. 800 Menschen ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung sein.
Während die Bundesregierung das Abkommen, welches in den letzten 12 Monaten verhandelt wurde und das erste seiner Art mit einem afrikanischen Staat ist, als wichtigen Schritt in der Debatte um kontrollierte Migration und Fachkräfteeinwanderung ansieht, sorgt es in Kenia für intensive Debatten. Kritische Stimmen fürchten einen sogenannten Brain Drain und fordern von der Regierung stärkere Bemühungen um die Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort. Ruto, der seit Beginn seiner Amtszeit das Entsenden von Arbeitskräften als Lösung für die hohe Jugendarbeitslosigkeit seines Landes propagiert, hatte zudem angekündigt, dass durch das Abkommen rund 250.000 junge kenianische Fachkräfte die Chance erhalten würden, in Deutschland zu arbeiten. Diese Zahl wurde jedoch von der deutschen Regierung umgehend dementiert. Auf Twitter stellte Innenministerin Nancy Faeser klar, dass das Abkommen keine konkreten Zahlen oder Angaben zu Quoten enthalte.
Zwar bemühte sich auch das kenianische Außenministerium um Richtigstellung, doch gerade in den sozialen Medien hagelte es Kritik an der irreführenden Kommunikation. Nicht nur würden falsche Erwartungen geweckt, auch wurde die mangelnde Transparenz des Abkommens kritisiert. Ruto, der international als wichtiger Akteur in Ostafrika wahrgenommen wird, steht innenpolitisch ohnehin unter massivem Druck. Vor allem die junge Bevölkerung, die Gen-Z, fordert wiederholt seinen Rücktritt. Aktuelle Umfragewerte des nationalen Fernsehsenders Citizen TV geben an, dass über 90 Prozent der Kenianerinnen und Kenianer mit Ruto und seiner Regierung unzufrieden seien. In den letzten Monaten kam es landesweit zu Protesten der Gen-Z, ursprünglich ausgelöst durch geplante Steuererhöhungen, die Ruto in Folge des öffentlichen Drucks zurückziehen musste (Pressespiegel KW 25/2024).
Inwieweit das jetzige Migrations- und Mobilitätsabkommen tatsächlich zu einer nachhaltigen Lösung der hohen Jugendarbeitslosigkeit in Kenia, die bei den 15- bis 34-Jährigen bei 67 Prozent liegt, beitragen kann, bleibt abzuwarten. Am 27. September ist jedenfalls eine Jobmesse in Nairobi geplant, die über das Abkommen und konkrete Möglichkeiten für die Arbeit in Deutschland informieren soll. Derweil haben die ersten Fachkräfte unter dem neuen Abkommen diese Woche ihre Ausbildung begonnen: Vier Busfahrer und eine Busfahrerin aus Kenia verstärken im Rahmen eines Pilotprojekts das Team der Stadtbuslinien Flensburgs.
Und sonst?
Der renommierte Caine-Preis für afrikanische Literatur geht in diesem Jahr an die südafrikanische Schriftstellerin Nadia Davids für ihre Kurzgeschichte „Bridling“. Diese wird aus der Perspektive einer Schauspielerin erzählt, die gemeinsam mit anderen Frauen Kunstwerke von Männern inszeniert, die Frauen darstellen. Dabei setzt sich Davids in ihrer Kurzgeschichte mit den Themen Macht, Rebellion, die oft unmöglichen Zwänge des Mädchen- und Frauseins sowie den Versuchen, sich davon zu befreien, auseinander. Die Jury lobte in ihrer Begründung die Erzählung als „Triumph der Sprache” und Juryleiterin Chika Unigwe bezeichnete “Bridling” als ein Werk, das die Vielfalt und den Reichtum der afrikanischen Literatur verkörpere. Nadia Davids, ursprünglich aus Kapstadt, heute in Los Angeles lebend, schreibt neben Kurzgeschichten auch Romane, Essays und Theaterstücke, die bereits in Südafrika und Europa aufgeführt wurden. Der Caine-Preis, benannt nach dem englischen Geschäftsmann Sir Michael Harris Caine, wurde 2000 ins Leben gerufen, um der afrikanischen Literatur international mehr Präsenz zu verschaffen. Die diesjährige Preisverleihung verzeichnete mit 320 Einsendungen aus 28 afrikanischen Ländern eine Rekordbeteiligung. Der Preis ist mit 10.000 Pfund dotiert und wird jährlich verliehen.