Pressespiegel KW 41/2023: Kontrovers
Pressespiegel 6.10.2023 bis 13.10.2023

Afrikanische Reaktionen auf die Angriffe auf Israel

Am Sonntag rief der Kommissionsvorsitzende der Afrikanischen Union (AU) Moussa Faki Mahamat nach den Angriffen der militanten Hamas auf Israel am Vortag zur Eindämmung der Eskalation zwischen beiden Parteien auf. In seinem Statement forderte er eine umgehende Rückkehr an den Verhandlungstisch und eine Wiederaufnahme der Gespräche zur Umsetzung der Zwei-Staaten-Lösung. Auch Senegal, der aktuell den Vorsitz des Ausschusses für die Ausübung der unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes (CEIRPP) der Vereinten Nationen innehat, schloss sich dieser Forderung an. In den letzten Jahren hatte Israel seine Partnerschaften auf dem afrikanischen Kontinent kontinuierlich verstärkt und seine bilateralen Beziehungen ausgebaut. Nach den Angriffen der Hamas zeigt sich der Kontinent gespalten. Kenias Präsident William Ruto bezeichnete die Angriffe auf Israel am Samstag in seinem Statement auf der Plattform X (ehemals Twitter) als Terrorangriffe, die er aufs Schärfste verurteilte und sicherte Israel die Solidarität Kenias zu. Auch die Regierung Ruandas – Ruanda gilt traditionell als Unterstützer von Israel – sprach von Terrorismus auf israelischem Staatsgebiet, verurteilte die Angriffe auf Zivilistinnen und Zivilisten und forderte zur Deeskalierung der Situation auf. Ägypten, das als erstes arabisches Land 1979 seine Beziehungen zu Israel normalisierte und seither traditionell eine Vermittlerrolle zwischen Israel und Palästina einnimmt, rief beide Seiten zur Zurückhaltung auf. Ägyptens Präsident Abdel Fattah Al-Sisi erklärte, er habe bereits Gespräche mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Jordanien und der Türkei sowie mit deutschen und französischen Behörden zur aktuellen Lage geführt. Marokkos König Mohammed VI. berief eine Dringlichkeitssitzung der Außenminister der Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga ein, um über die aktuelle Situation zu beraten. Wie Ägypten verurteilte auch Marokko, das seine diplomatischen Beziehungen mit Israel 2020 wieder aufgenommen hatte, die Angriffe auf Zivilistinnen und  Zivilisten und warnte vor einer Eskalation der Situation. In der Hauptstadt Rabat sowie in Casablanca und Marrakesch fanden derweil am Samstag und Sonntag pro-palästinensische Demonstrationen statt. Tunesien hingegen verkündete seine volle und bedingungslose Solidarität mit Palästina und machte Tel Aviv für die Eskalation verantwortlich. Auch hier wurden in der Hauptstadt Tunis am Wochenende zahlreiche pro-palästinensische Demonstrationen unter anderem von zivilgesellschaftlichen Organisationen, Gewerkschaften und Parteien organisiert. Ähnliche Reaktionen wurden auch im Nachbarland Algerien beobachtet. Neben Algerien und Tunesien zählt auch Südafrika traditionell zu einem der stärksten afrikanischen Unterstützer Palästinas. Hier forderte die Regierungspartei African National Congress (ANC) die sofortige Beendigung der Gewalt, machte aber ebenfalls Israel für die Eskalation verantwortlich. Südafrika zählte auch zu den Staaten, die sich 2021 dagegen aussprachen, Israel einen Beobachterstatus in der AU zu gewähren. Der Beobachterstatus auf Beschluss des Kommissionsvorsitzenden gilt seither lediglich als provisorisch, da es bisher noch kein Mitgliedervotum hierzu gab; auch in dieser Frage gelten die Mitgliedsstaaten der AU als gespalten. Beim AU-Gipfel im Februar dieses Jahres verschlechterte sich zuletzt das Verhältnis zwischen der AU und Israel, nachdem eine israelische Diplomatin, die nach Angaben der AU keine Einladung und gültige Akkreditierung für den Gipfel gehabt hatte, vom Treffen ausgeschlossen wurde.

Madagaskars Verfassungsgericht verschiebt Präsidentschaftswahl

Am Donnerstag gab Madagaskars Oberstes Verfassungsgericht die Verschiebung des ursprünglich für den 9. November angesetzten ersten Wahlganges der Präsidentschaftswahlen um eine Woche bekannt. Die Entscheidung des Haute Cour Constitutionnelle (HCC) folgte auf einen Antrag des Präsidentschaftskandidaten Andry Raobelina, Vorsitzender der Partei Agir, rénover, bâtir (ARB). Dieser war bei einer Demonstration seines Oppositionsbündnisses am 7. Oktober durch einen Einsatz der Sicherheitskräfte im Gesicht verletzt worden und hält sich seither zur medizinischen Behandlung auf Mauritius auf, weshalb er aktuell nicht am Wahlkampf teilnehmen kann, der offiziell am Dienstag begann. Dies berücksichtigte das Verfassungsgericht nun bei seiner Entscheidungsfindung und ordnete eine Verlängerung der amtlichen Wahlkampfperiode um eine Woche an. Die Stimmabgabe zum ersten Wahlgang wurde entsprechend auf den 16. November verschoben, während das Datum der zweiten Wahlrunde am 20. Dezember unverändert blieb. Raobelina ist einer von insgesamt zwölf Herausforderern des scheidenden Präsidenten Andry Rajoelina, der im vergangenen Monat verfassungsgemäß von seinem Amt zurückgetreten war, um bei den kommenden Wahlen erneut antreten zu können. Der 49-jährige Rajoelina startete seine Kampagne zur Wiederwahl mit einer Wahlkampfveranstaltung seiner Partei Young Malagasies Determined (Tanora malaGasy Vonona, TGV) am Dienstag in der Hauptstadt Antananarivo, wo sich Tausende seiner Anhängerinnen und Anhänger versammelt hatten. Neben Rajoelina kandidieren zwei weitere ehemalige Präsidenten für das höchste Amt des Inselstaates. Zum einen Marc Ravalomanana von der Partei Ich liebe Madagaskar (Tiako I Madagasikara, TIM), der das Land von 2002 bis 2009 regierte, zum anderen Hery Martial Rajaonarimampianina, der von 2014 bis 2018 Präsident und somit Rajoelinas direkter Vorgänger war. Im Vorfeld des Wahlkampfes hatten sich Ravalomanana und Rajaonarimampianina sowie die Mehrheit der Oppositionskandidaten zu einem Zweckbündnis, dem sogenannten Elferkollektiv (collectif des onze) zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen Rajoelina anzutreten. Am Montag hatte das Bündnis erklärt, den Wahlkampf so lange boykottieren, bis das Verfassungsgericht seine Beschwerden adressiert. So hatte das Oberste Verfassungsgericht drei Einsprüche der Opposition abgewiesen, die das Gericht aufforderten, Rajoelinas Kandidatur aufgrund seiner doppelten Staatsangehörigkeit für ungültig zu erklären, nachdem Ende Juni in der Presse bekannt wurde, dass er 2014 die französische Staatsbürgerschaft erhielt. Eine doppelte Staatsbürgerschaft ist jedoch laut madagassischem Recht nicht vorgesehen. Darüber hinaus wirft die Opposition Rajoelina einen institutionellen Machtmissbrauch vor. Nachdem dieser verfassungsgemäß vom Präsidentschaftsamt zurückgetreten war, übernahm anstelle des wie in der Verfassung vorgesehenen Senatspräsidenten, Herimanana Razafimahefa, Christian Ntsay, der zuvor Premierminister unter Rajoelina war, das Amt des Interimsstaatsoberhauptes. Razafimahefa hatte zuvor die Ausübung des Amtes unter Berufung auf persönliche Gründe abgelehnt, gab jedoch diese Woche an, diese Entscheidung aufgrund von Morddrohungen getroffen zu haben und beantragte beim Obersten Verfassungsgericht, in Übereinstimmung mit der Verfassung als Interims-Staatschef eingesetzt zu werden. In der Zwischenzeit wurde er jedoch von seinem Amt als Senatspräsident entbunden. Seit Anfang des Monats organisieren die elf Oppositionkandidaten beinahe täglich unangemeldete Protestmärsche in der Hauptstadt, gegen die die Sicherheitskräfte wiederholt unter Einsatz von Tränengas vorgingen, wie etwa bei dem Protestmarsch am 7. Oktober. Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten kritisierten zuletzt das Vorgehen der Sicherheitskräfte und betonten, dass sie die Wahlvorgänge genau beobachten würden. Die Vereinten Nationen zeigten sich in einer offiziellen Stellungnahme ebenfalls über die Menschenrechtslage in dem südostafrikanischen Inselstaat besorgt.

Und sonst?

Am Montag wurde im Bremer Rathaus der 18. Bremer Solidaritätspreis an die ugandische Klimaaktivistin Hamira Kobusingye verliehen. Die 27-Jährige wird damit für ihr unermüdliches Engagement für globale Klimagerechtigkeit ausgezeichnet. In ihrer Heimat Uganda setzt sich Kobusingye insbesondere mit den gesundheitlichen und ökologischen Auswirkungen der Kontamination des Nigerdeltas auseinander und protestierte unter anderem gegen das umstrittene Bauvorhaben der East African Crude Oil Pipeline. Neben ihrem lokalen Engagement trägt die junge Aktivistin aus Kampala im Rahmen des Rise Up Movement außerdem dazu bei, afrikanische Klima- und Umweltaktivistinnen und -aktivisten international zu vernetzen. Um die Verantwortungsübernahme der Industrienationen als Hauptverursacher des Klimawandels einzufordern, reiste Kobusingye 2022 unter anderem auch zum G7-Gipfel. In ihrer Dankesrede in Bremen rief die Preisträgerin dazu auf, weiterhin im Namen der Gerechtigkeit und der Solidarität gegen den Klimawandel vorzugehen. Der Bremer Solidaritätspreis wird alle zwei Jahre vom Bremer Senat verliehen und ist mit 10.000 Euro dotiert. Er soll Personen und Initiativen darin bestärken, sich aktiv gegen Ungerechtigkeit im Nord-Süd-Verhältnis sowie gegen Folgen von Rassismus und Kolonialismus einzusetzen.

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