Pressespiegel KW 49/2025: Politdrama
Pressespiegel 28.11.2025 bis 5.12.2025

 

Militär bestimmt Übergangsregierung in Guinea-Bissau

 

Am Samstag kündigte das Militär in Guinea-Bissau die Bildung einer einjährigen Übergangsregierung unter der Leitung von General Horta Inta-A als Übergangspräsident an. Der ehemalige Finanzminister Ilídio Vieira Té wurde zum Premierminister ernannt, sein Kabinett besteht aus 23 sowohl zivilen als auch militärischen Ministerinnen und Ministern. Zuvor war es im Zusammenhang der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen vom 23. November zur politischen Krise gekommen. So hatten sowohl Amtsinhaber Umaro Sissoco Embaló von der Partei Madem G-15 als auch Fernando Dias da Costa von der Partido da Renovação Social (PRS) ihren Wahlsieg bei der Präsidentschaftswahl erklärt, bevor erste Ergebnisse veröffentlicht werden konnten. Daraufhin hatte am 26. November eine Gruppe von Generälen, die sich selbst als „Hohes Kommando zur Wiederherstellung der nationalen Sicherheit und öffentlichen Ordnung” bezeichnet, die Macht übernommen, um nach eigenen Aussagen die politische Ordnung zu stabilisieren.

Lokale und regionale Beobachter äußerten jedoch Zweifel, ob die Machtübernahme des Militärs als klassischer Putsch einzustufen sei. So gelten sowohl Übergangspräsident Inta-A als auch Premierminister Vieira Té als enge Vertraute des abgesetzten Präsidenten Embaló. Eigenen Angaben zufolge wurde dieser während des Putsches verhaftet, konnte jedoch problemlos mit internationalen Medien sprechen und das Land bereits einen Tag später verlassen. Auch die guinea-bissauische Opposition vermutet hinter dem Putsch Embaló als Strippenzieher und den Versuch, die Veröffentlichung der Wahlergebnisse zu stoppen. Der stellvertretende Leiter der Nationalen Wahlbehörde (CNE), Idriça Djalo, berichtete derweil am Dienstag, dass während der Machtübernahme ein Großteil der Wahlunterlagen sowie die Computer der Wahlkommission zerstört worden seien, sodass keine Ergebnisse veröffentlicht werden könnten.

Währenddessen berichtete die größte Oppositionspartei Partido Africano para a Independência da Guiné e Cabo Verde (PAIGC), dass ihr von der Wahl ausgeschlossener Kandidat, der ehemalige Premierminister Domingo Simões Pereira, zusammen mit weiteren Mitgliedern am Samstag bei einer Razzia verhaftet worden sei. Die PAIGC und Pereira hatten nach dem eigenen Ausschluss die Kandidatur von Dias da Costa unterstützt, der selbst einer Verhaftung entgehen konnte, inzwischen jedoch politisches Asyl in der nigerianischen Botschaft in Bissau erhalten hat.

International werden die Ereignisse derweil als Putsch behandelt. Die Afrikanische Union (AU) wie auch die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) kündigten am vergangenen Freitag an, Guinea-Bissau wegen des Bruchs mit demokratischen Prinzipien von allen Organen und Aktivitäten zu suspendieren. Eine ECOWAS-Delegation unter Leitung des Präsidenten von Sierra Leone, Julius Maada Bio, traf sich am Montag mit der neuen Militärregierung und kündigte weitere Gespräche über eine Rückkehr zur Verfassung an.

Der abgesetzte Präsident Embaló ist inzwischen in der Republik Kongo, nachdem er seinen ersten Zufluchtsort Senegal verlassen haben soll, weil dessen Präsident Bassirou Diomaye Faye die Echtheit des Putsches in Frage gestellt hat. Es ist nicht das erste Mal, dass Embaló, der das Präsidentenamt im Frühjahr 2020 angetreten hatte, vorgeworfen wird, einen Putsch orchestriert zu haben. Zuletzt gab es Ende November 2023 einen vermeintlichen Putschversuch, woraufhin Embaló das Parlament auflösen ließ. Bis zu den jetzigen Wahlen hatte er mehrfach den Termin für Neuwahlen verschoben, sodass Guinea-Bissau seit Dezember 2023 über keine gewählte Legislative mehr verfügt.

 

 

Niger kündigt internationalen Verkauf von Uran an

 

Am Sonntag kündigte die nigrische Regierung an, Uran, das von der Société des mines de l’Aïr (Somaïr) abgebaut wird, international zu vermarkten. Nigers Präsident und Militärführer General Abdourahamane Tiani erklärte, dass Niger das legitime Recht habe, über seine natürlichen Reichtümer zu verfügen und diese auf internationalen Märkten zu verkaufen. Laut verschiedenen Berichten soll bereits ein Konvoi, der 1.050 Tonnen Uran aus der Somaïr-Mine transportiert, von Arlit im Norden Nigers über Burkina Faso auf dem Weg zum Hafen von Lomé in Togo sein. Es ist das erste Mal, dass die nigrische Regierung Uran eigenständig vermarktet.

Somaïr war bis Mitte des Jahres mehrheitlich im Besitz von Orano, einem Uranbergbauunternehmen, das wiederum zu 90 % im Besitz der französischen Regierung ist. Orano besaß 63,4 % von Somaïr, die anderen 36,6 % gehörten der Bergbauholding SOPAMIN (Société du Patrimoine des Mines du Niger) der nigrischen Regierung. Nach der Machtübernahme durch General Tiani stoppte die Militärführung zunächst alle Exporte, Ende 2024 verlor Orano dann die operative Kontrolle über seine Minen in Niger. Im Juni 2025 wurde Somaïr von Tianis Regierung vollständig verstaatlicht. Begründet wurde die Übernahme mit der Aufhebung eines historischen Ungleichgewichts. So habe Orano seit der Inbetriebnahme der Mine 1971 86,3 % des vermarkteten Urans erhalten – ein Anteil, der deutlich über seinem Kapitalanteil liege. Orano legte den Fall daraufhin dem zur Weltbankgruppe gehörenden Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) vor, dessen eingesetztes Schiedsgericht Ende September ein bindendes Urteil zugunsten von Orano fällte und Niger den Verkauf des Urans aus der Somaïr-Mine untersagt. Entsprechend meldete Orano, dass der aktuelle Konvoi Richtung Lomé gegen die ICSID-Entscheidungen verstoße. Außerdem wies Orano auf das Risiko einer Kontamination hin, das die Lieferung mit sich bringen könnte, da keine Bestätigung vorliege, dass die internationalen Transportstandards für den Konvoi eingehalten werden.

Derweil warf Nigers Justizministerium am Dienstag Orano vor, die Behandlung und Entsorgung radioaktiver Abfälle in Madaouela, einem Standort nahe der Arlit-Mine, nicht ordnungsgemäß durchgeführt zu haben. So seien dort 400 Fässer mit radioaktivem Kernmaterial gefunden worden und gesundheitsschädliche Strahlenwerte von 7-10 Mikrosievert pro Stunde (µSv/h) statt der üblichen 0,5 µSv/h gemessen worden. In diesem Zusammenhang prognostizieren einige Medien, dass Niger Orano wegen radioaktiver Kontamination verklagen werde. Orano gibt seinerseits an, bisher keine Mitteilung der nigrischen Regierung hierzu erhalten zu haben und bestreitet, am Explorationsstandort Madaouela überhaupt aktiv geworden zu sein, da keine Betriebsgenehmigung vorliege.

Angesichts der staatlichen Beteiligung Frankreichs an Orano spiegeln die jüngsten Entwicklungen auch die Spannungen zwischen Niger und der ehemaligen Kolonialmacht wider. Dabei ist Niger welweit der siebtgrößte Produzent von Uran, das in Kernreaktoren und zur Herstellung von Nuklearwaffen verwendet wird und dessen Zerfallsprodukte für medizinische Zwecke genutzt werden können. Für den Energiesektor der Europäischen Union (EU) ist das Uran des Nigers strategisch besonders wichtig: Im Jahr 2022 lieferte der Sahelstaat laut der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) 25,38 % des von der EU bezogenen Urans. Russland hat inzwischen ebenfalls Interesse an nigrischem Uran gezeigt, im Juli unterschrieben Niger und die russische Atomenergieorganisation Rosatom eine Absichtserklärung. Auch wenn der Inhalt nicht publik gemacht wurde, sprechen französische Quellen von einer Vereinbarung über den Verkauf von 1.000 Tonnen Uranoxidkonzentrat, einem gelben Pulver, das nach der Aufbereitung aus Uranerz gewonnen wird. In Bezug auf den jüngsten Urantransport wurden noch keine offiziellen Erklärungen zu den Käufern abgegeben, einige Quellen sprechen jedoch neben russischen auch von türkischen und iranischen interessierten Unternehmen.

 

 

Sondermeldung

Am Donnerstag unterzeichneten Ruandas Präsident Paul Kagame und der Präsident der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) Félix Tshisekedi in Washington ein neues Friedensabkommen, das auf einer bereits vor einigen Monaten geschlossenen grundsätzlichen Vereinbarung aufbaut (Pressespiegel KW27/ 2025). Gastgeber und politischer Vermittler war US-Präsident Donald Trump, der die Unterzeichnung initiiert und öffentlichkeitswirksam begleitete. An der Zeremonie nahmen auch die Außenminister von Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten teil. Das Abkommen sieht den Rückzug ruandischer Truppen vor und betont, dass alle Parteien nationale Grenzen und Souveränität respektieren und die Unterstützung bewaffneter Gruppen einstellen sollen. Inwiefern das Friedensabkommen erfolgreich umgesetzt werden kann, bleibt abzuwarten – noch am selben Tag wurde das Fortsetzen der Kämpfe in Süd-Kivu gemeldet.

Und sonst?

Am vergangenen Freitag wurde das 22. Internationale Filmfestival von Marrakesch eröffnet, das noch bis zum morgigen Samstag läuft. Mit mehr als 80 Filmen aus 31 Ländern unterstreicht das Festival seine Rolle als kulturelle Brücke zwischen Afrika, dem Nahen Osten und dem globalen Kino. Der diesjährige Jurypräsident, der südkoreanische Regisseur und Drehbuchautor Bong Joon-ho, betonte die Bedeutung des Festivals als einzigartige Entdeckungsplattform für aufstrebende Filmemacherinnen und Filmemacher. Junge afrikanische und arabische Talente aus der Filmbranche erhalten im Rahmen verschiedener Workshops die Möglichkeit, mit regionalen und internationalen Filmgrößen in Austausch zu treten. Im Wettbewerb um den Hauptpreis des Festivals, den Goldenen Stern (Étoile d’Or), stehen Filme wie das Drama Aisha Can’t Fly Away des ägyptischen Regisseurs Morad Mostafa, oder auch die südafrikanische Produktion Laundry von Zamo Mkhwanazi. Zu den weiteren Beiträgen gehört Behind the Palm Tree der marokkanischen Regisseurin Meryem Benm’Barek, der seine Weltpremiere feierte. Die Jury des Festivals setzt sich aus preisgekrönten internationalen Regisseurinnen und Regisseuren, Schauspielerinnen und Schauspielern sowie Drehbuchautorinnen und Drehbuchautoren zusammen, darunter in diesem Jahr Hollywood-Star Jenna Ortega und der marokkanische Regisseur Hakim Belabbes. Bevor am Sonntag die Entscheidung über den Gewinnerfilm fällt, erhalten eine Reihe von Filmpersönlichkeiten individuelle Ehrungen. Der erste Festivaltag endete mit einem emotionalen Tribut an die ägyptische Filmlegende Hussein Fahmi.

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