Pressespiegel KW27/2025: Von Ist und Soll
Pressespiegel 27.6.2025 bis 4.7.2025

Friedensabkommen zwischen DR Kongo und Ruanda

Am vergangenen Freitag unterzeichneten die Außenministerin der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo), Thérèse Kayikwamba Wagner, und ihr ruandischer Amtskollege Olivier Nduhungirehe in Washington, D.C., ein unter US-Vermittlung ausgehandeltes Friedensabkommen. Die Zeremonie fand im Beisein von US-Außenminister Marco Rubio statt. Ziel ist die Beilegung des jahrzehntelangen Konflikts im Osten der DR Kongo.

Das Abkommen verpflichtet beide Seiten zur Achtung der territorialen Integrität, zum Abzug ruandischer Truppen und zur Einstellung entsprechender Verteidigungsmaßnahmen innerhalb von 90 Tagen. Im gleichen Zeitraum sollen auch die Forces Démocratiques de Libération du Rwanda (FDLR) entwaffnet werden. Darüber hinaus verpflichtet sich jede Seite, jegliche staatlichneutralisiert e Unterstützung für nichtstaatliche bewaffnete Gruppen unverzüglich und bedingungslos einzustellen, es sei denn, diese sind ausdrücklich Teil der Umsetzung des Friedensabkommens. Das Abkommen sieht zudem die Unterstützung beim Rückzug, der Entwaffnung und zur teilweisen Reintegration solcher nichtstaatlichen Gruppen vor. Die Umsetzung der Maßnahmen soll koordiniert mit dem Truppenrückzug erfolgen und im Rahmen nationaler Programme wie dem Programme Désarmement Démobilisation, Relèvement Communautaire et Stabilisation (P-DDRCS) sowie des Gemeinsamen Koordinierungsmechanismus (Joint Security Coordination Mechanism) stattfinden. Dieser soll innerhalb der nächsten 30 Tage eingerichtet werden und gemeinsame Arbeitsverfahren und Berichterstattungsmechanismen festlegen. Damit soll u.a. auch die Transparenz über Umfang und Tragweite der Operationen gewährleistet werden. Dem Koordinierungsmechanismus sollen auch Vertreterinnen und Vertreter der Afrikanischen Union (AU), der USA und Katar, die ebenfalls eine wichtige Vermittlerrolle im Konflikt einnehmen, angehören. Darüber hinaus verständigen sich beide Seiten darauf, binnen drei Monaten ein regionales Wirtschaftsintegrationsprogramm (Regional Economic Integration Framework) auf den Weg zu bringen. Die Initiative zielt auf eine engere bilaterale und regionale Zusammenarbeit ab – insbesondere im Handel mit strategischen Rohstoffen. Geplant sind gemeinsame Projekte unter anderem in den Bereichen Energie, Umwelt und Lieferketten, darunter formalisierte, durchgängige Wertschöpfungsketten für Mineralien – von der Mine bis zum verarbeiteten Metall –, die beide Länder verbinden und gegebenenfalls in Partnerschaft mit der US-Regierung und US-Investoren umgesetzt werden sollen.

Im Juli soll hierzu ein Abkommenspaket unter dem Titel „Washington Accord“ auf Ebene der Staatschefs unterzeichnet werden. Präsident Trump überreichte der kongolesischen Außenministerin und ihrem ruandischen Amtskollegen im Anschluss an die Zeremonie Einladungen an die Präsidenten Félix Tshisekedi und Paul Kagame nach Washington, D.C. Beobachterinnen und Beobachter gehen davon aus, dass insbesondere der Zugang zu kritischen Rohstoffen im Zentrum der Vereinbarungen stehen wird. Einzelheiten sollen laut Trumps Afrika-Berater Massad Boulos erst nach der Unterzeichnung veröffentlicht werden.

Ruandas Außenminister bezeichnete das Friedensabkommen als Wendepunkt im Konflikt und UN-Generalsekretär António Guterres sprach von einem „wichtigen Schritt hin zu einer Deeskalation“. Gleichzeitig verweisen Beobachterinnen und Beobachter auf die bislang geringe Erfolgsbilanz vergleichbarer Friedensinitiativen. Kritisch bewertet wird insbesondere die Abwesenheit der M23 – der wichtigsten bewaffneten Gruppe im Osten des Landes, die als von Ruanda unterstützt gilt. Entsprechend erklärte ein Sprecher der M23, das Abkommen sei für sie nicht bindend, da man nicht direkt beteiligt gewesen sei. Unter der Vermittlung von Katar – wo bereits Hintergrundgespräche zwischen Kigali und Kinshasa stattgefunden hatten – laufen derzeit separate Gespräche zwischen der M23 und der kongolesischen Regierung. Das verabschiedete Friedensabkommen verweist ausdrücklich auf diesen Prozess; beide Regierungen haben sich verpflichtet, die Gespräche zu unterstützen.

Auch der wirtschaftliche Fokus des Abkommens stößt auf Kritik. Der frühere Präsident Joseph Kabila bezeichnete es als „reines Handelsabkommen“, Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege sprach gar von einem „Frieden für Ausbeutung“. Auslöser der US-Vermittlung war ein Vorstoß von Präsident Tshisekedi, der den USA im April Zugang zu kritischen Mineralien in Aussicht gestellt hatte – im Gegenzug für sicherheitspolitische Garantien. Neben der Rolle der USA wird auch kritisiert, dass sich die im Abkommen festgelegten Entwaffnungsmaßnahmen fast ausschließlich auf die DR Kongo beziehen, während es kaum konkrete Verpflichtungen für Ruanda gebe. Auch zentrale Themen wie sexualisierte Gewalt, strafrechtliche Aufarbeitung und Wiedergutmachung blieben im Abkommen unberücksichtigt.

Ob das Friedensabkommen zu einer nachhaltigen Entschärfung des Konflikts führt, dürfte maßgeblich von der Einbindung bewaffneter Gruppen, dem politischen Willen beider Regierungen und der Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen abhängen.

 

 

Entwicklungsfinanzierungskonferenz in Sevilla

Am Donnerstag endete die vierte International Conference on Financing for Development (FfD4) in Sevilla. Die von den Vereinten Nationen (UN) einberufene viertägige Konferenz versammelte rund 15.000 Teilnehmende, darunter hochrangige Regierungsvertreterinnen und -vertreter aus über 150 Ländern sowie Vertreterinnen und Vertreter internationaler Finanzinstitutionen, multilateraler Organisationen, der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft. Zu den rund 60 teilnehmenden Staats- und Regierungschefs zählten unter anderem Spaniens Premierminister Pedro Sánchez und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Deutschland wurde von Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali-Radovan
und der Parlamentarischen Staatssekretärin Bärbel Kofler vertreten. Die USA, die sich Anfang des Monats aus dem Prozess zurückgezogen hatten, entsandten hingegen keine Delegation. Hintergrund der Konferenz war die zunehmende Finanzierungslücke zur Erreichung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung – aktuell auf rund vier Billionen US-Dollar jährlich geschätzt – sowie die wachsenden Herausforderungen durch geopolitische Spannungen, Verschuldung und Ungleichheit.

Bereits am Montag wurde das Abschlussdokument Compromiso de Sevilla verabschiedet, auf das man sich schon im Vorfeld verständigt hatte. In der Erklärung bekräftigen die unterzeichnenden UN-Mitgliedstaaten das 0,7-Prozent-Ziel: 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sollen jährlich als Offizielle Entwicklungshilfe (Official Development Assistance, ODA) bereitgestellt werden, ein Ziel, das im vergangenen Jahr nur von Norwegen, Luxemburg, Schweden und Dänemark eingehalten wurde. Insgesamt skizziert die Erklärung von Sevilla Maßnahmen auf drei zentralen Ebenen: die Mobilisierung großer Investitionen für nachhaltige Entwicklung, die Bewältigung der Schulden- und Entwicklungskrise sowie die Reform der internationalen Finanzarchitektur. Dabei betont sie unter anderem die Bedeutung verbesserter Schuldenrestrukturierungsprozesse und fordert eine stärkere Schulden­transparenz sowie die Entwicklung nachhaltiger Schulden­tragfähigkeitsstrategien, die auf die spezifischen Herausforderungen der Länder zugeschnitten sind. Ein Vorschlag der Gruppe Afrikanischer Staaten und asiatischer Inselstaaten (AOSIS) zum Verfahren für Staatsinsolvenzen war jedoch von den USA, der EU und weiteren Industriestaaten schon vor der Konferenz abgelehnt worden. Stattdessen bekräftigen die Staaten in der Abschlusserklärung die Fortführung und Weiterentwicklung der G20-Initiative zur Schuldenbehandlung als zentralen multilateralen Rahmen für koordinierte Schuldenlösungen. Darüber hinaus werden im Dokument die Bedeutung von verbesserter Koordination zwischen Gläubigern, eine stärkere Rolle der multilateralen Entwicklungsbanken sowie die Unterstützung von Ländern bei der Mobilisierung eigener Ressourcen hervorgehoben, um langfristig finanzielle Stabilität zu fördern.

Zur Begleitung und Koordination der Umsetzung der Beschlüsse wurde die sogenannte Sevilla Platform for Action eingerichtet. Insgesamt 130 Initiativen wurden in diesem Rahmen verabschiedet. Zu diesen zählen unter anderem der Debt Swaps for Development Hub, eine gemeinsame Initiative von Spanien und der Weltbank, die darauf abzielt, die Schuldendienstbelastungen zu verringern. Das Debt-for-Development Swap Programme, das von Italien geleitet wird, soll 230 Millionen Euro an Zahlungsverpflichtungen afrikanischer Länder in Investitionen für Entwicklungsprojekte umwandeln. Weitere Initiativen umfassen die Debt “Pause Clause” Alliance – eine Allianz aus Ländern und Entwicklungsbanken, die sich dazu verpflichtet, eine “Pause-Klausel” in ihre Kreditvergabe aufzunehmen, um Zahlungen für den Schuldendienst in Krisenzeiten auszusetzen oder die Coalition for Global Solidarity Levies, denen Frankreich, Kenia und Barbados angehören und die eine Besteuerung von Premiumflügen und Privatjets zur Aufbringung von Mitteln für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung vorsehen.

Deutschland ist Teil der SCALED-Initiative, eine gemeinsame Plattform von Finanzinstitutionen und Staaten, die darauf abzielt, skalierbare Instrumente und Fonds für Mischfinanzierung mit Entwicklungswirkung aufzubauen und die auf der Hamburg Sustainability Conference Anfang Juni vorgestellt wurde. Mit dem Borrowers’ Forum wurde zudem eine eigenständige Plattform für Schuldnerländer geschaffen, die ihre Verhandlungsposition gegenüber Gläubigern stärken, den Erfahrungsaustausch fördern und gemeinsame Standards für verantwortungsvolle Kreditvergabe entwickeln soll. Darüber hinaus spielt auch die Besteuerung von Digitalkonzernen und Superreichen eine wichtige Rolle, ein Vorhaben, das zuvor von Deutschland und der EU blockiert wurde.

Im Mittelpunkt der Diskussionen stand angesichts wachsender Finanzierungslücken und sinkender ODA-Zusagen vor allem die Frage, wie sich privates Kapital verstärkt zur Schließung der globalen Finanzierungslücke mobilisieren lässt. Zusätzliche Dringlichkeit erhielt die Debatte durch die von US-Außenminister Marco Rubio verkündete Auflösung der US-Entwicklungsbehörde USAID, ein Schritt, der die Debatte über die Zukunft der globalen Entwicklungsfinanzierung weiter verschärfte.

Insgesamt fällt die Bilanz der vierten Entwicklungsfinanzierungskonferenz eher gemischt aus. Einige Staaten und Akteure bewerten die Sevilla-Erklärung als wichtigen politischen Schritt, wie Ägyptens Planungsministerin Rania Al-Mashat, die beispielsweise das Borrowers’ Forum als „realen Plan“ bezeichnete, der von den betroffenen Ländern selbst entwickelt worden sei. Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft äußerten hingegen deutliche Kritik. Sie bemängelten unter anderem das Fehlen verbindlicher Maßnahmen sowie unzureichenden politischen Handlungsdruck. Die Sevilla-Erklärung wurde in diesem Zusammenhang teils als Minimalkonsens bezeichnet.

 

Und sonst?

Bis kommenden Dienstag, giebt es in der Galeries Lafayette Paris Haussmann ein Pop-up-Store des Programms Creative Africa Nexus (CANEX), einem Programm der Afrikanischen Export-Import Bank (Afreximbank). Die rund 90 m² große Präsentation befindet sich im dritten Stock unter der berühmten Kuppel des Pariser Kaufhauses und entstand in Zusammenarbeit mit der Fashion-Plattform Tranoï und den Galeries Lafayette im Rahmen der Pariser Modewoche. Ziel der Initiative ist es, Designerinnen und Designern aus Afrika eine internationale Plattform zu bieten und den Zugang zu globalen Märkten zu erleichtern. Vier ausgewählte Marken – Boyedoe aus Ghana, Late for Work aus Marokko,  We are NBO aus Kenia und das nigerianisch-britische Label Wuman – präsentieren ihre Kollektionen und geben Einblick in die Vielfalt und Innovationskraft zeitgenössischer afrikanischer Mode. Die Aktion ist Teil eines umfassenderen Programms zur Förderung der kreativen Industrien auf dem afrikanischen Kontinent. Mit einem speziell aufgelegten Fördervolumen von zwei Milliarden US-Dollar über vier Jahre will CANEX den Aufbau eines wirtschaftlich tragfähigen Ökosystems für die afrikanische Kreativwirtschaft unterstützen, von Finanzierung über Produktion bis hin zu globalem Handel.

Veranstaltungshinweis

Vom 18. bis 20. Juli 2025 findet in der Berliner Eventlocation Alte Münze das diesjährige African Book Festival statt. Veranstaltet wird es vom Verein InterKontinental e.V., der sich der Förderung afrikanischer Literatur in Deutschland widmet. Besucherinnen und Besucher erwartet eine bunte Mischung aus Essens-, Verkaufs- und Infoständen sowie ein vielfältiges Programm mit Lesungen, Panels und Aufführungen unter dem diesjährigen Motto “In other words”. Eröffnet wird das Festival mit einer szenischen Lesung der ghanaischen Autorin und Geschichtenerzählerin Ivana Akotowaa Ofori, die als Kuratorin fungiert. Unter dem Titel „The Year of Return“ erzählt sie die Geschichte von Adwapa, die 2019 nach Ghana zurückkehrt – dem Gedenkjahr zur Verschleppung versklavter Afrikanerinnen und Afrikaner in die USA. Ofori verwebt dabei Diaspora, Erinnerung und Versöhnung zu einer modernen Geistergeschichte, die zugleich als Mahnmal gegen das Vergessen gelesen werden kann. Hier kommen Sie zum detaillierten Programm des Festivals.

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