KW 40/2021: Zuspitzung
Pressespiegel 1.10.2021 bis 8.10.2021

Zunehmende Spannungen zwischen Algerien und Frankreich

Als Reaktion auf kritische Äußerungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macrons hat Algerien vergangenen Samstag seinen Botschafter Antar Daoud aus Frankreich zurückgerufen und am Sonntag seinen Luftraum für französische Militärflugzeuge gesperrt. Die französischen Jets fliegen regelmäßig über Algerien, um in die Sahel-Region in Westafrika zu gelangen, wo rund 5000 Soldatinnen und Soldaten zur Terrorbekämpfung stationiert sind. Algeriens Handlungen folgen zum Einen auf die Ankündigung Frankreichs in der vergangenen Woche, die Zahl der Visa für Bürgerinnen und Bürger aus Algerien, Marokko und Tunesien drastisch zu reduzieren. Paris wirft den drei nordafrikanischen Ländern vor, nicht genug zu tun, um abgelehnte Asylbewerber wieder zurückzunehmen. Zum Anderen hatte Macron Ende September bei dem Besuch eines Arbeitskreises von französisch-algerischen Nachfahren der Harkis, die im Algerienkrieg an der Seite Frankreichs gekämpft hatten, Algerien als ein „politisch-militärisches System“ bezeichnet, dass die Geschichte neu schreibe und sein innenpolitisches Versagen auf die Kolonialzeit und Frankreich schiebe, obwohl es vor dieser Zeit keine algerische Nation gegeben habe und darüber hinaus mit dem Osmanischen Reich bereits vorher eine Kolonialmacht anwesend gewesen sei. Zudem sei das algerische System erschöpft und durch die Hirak-Bewegung geschwächt. Die pro-demokratische Protestbewegung Hirak hatte 2019 wöchentlich Hunderttausende Demonstrantinnen und Demonstranten mobilisiert und so den Präsidenten Abdelaziz Bouteflika nach zwei Jahrzehnten an der Macht zum Rücktritt gezwungen. Viele der alten militärischen und politischen Elite des Landes konnten sich dennoch halten. Sie genießen eher geringes Vertrauen innerhalb der Bevölkerung, weshalb die Hirak-Bewegung auch nach der Absetzung Bouteflikas weiter aktiv bleibt und großen Zulauf verzeichnet. Bereits im Mai 2020 hatte Algier seinen damaligen Botschafter Salah Lebdioui aus Paris zurückgerufen, nachdem in Frankreich eine Dokumentation über die Hirak-Bewegung ausgestrahlt worden war. Im Rahmen der jetzigen Abberufung des Botschafters wirft Algerien Frankreich Genozid während seiner von 1830 bis 1962 andauernden Herrschaft über das Land vor und fordert eine Dekolonisierung der französischen Außenpolitik. Hinter Macrons Äußerungen und Handlungen werden derweil auch in Algerien verschiedene Motive vermutet: Zum Einen soll Frankreich angesichts der zunehmenden Intensivierung der Beziehungen zwischen Algerien und der Türkei beunruhigt sein. Zum Anderen wird vermutet, dass Macron sich angesichts der französischen Präsidentschaftswahlen im April 2022 gegen den rechtsextremen Publizisten Eric Zemmour profilieren will, der im Vorwahlkampf in den Meinungsumfragen überraschend gut abschnitt. Zudem hatten Aussagen Macrons über Algerien dort Empörung hervorgerufen, weshalb Algeriens Präsident Abdelmadjid Tebboune vergangenen Samstag seinen Botschafter Antar Daoud aus Frankreich aus „Ablehnung jeglicher Einmischung in Algeriens innere Angelegenheiten“ zurückgerufen hat.

 

Verschiebung der Parlamentswahlen in Libyen

Am Dienstag verkündete der libysche Parlamentssprecher Abdallah Blihek bei einer Pressekonferenz in Tobruk, dass die für Dezember geplanten Parlamentswahlen erst im Januar stattfinden sollen. Gleichzeitig versicherte er, dass die Präsidentschaftswahlen wie geplant am 24. Dezember stattfinden würden. Grund für die Verschiebung der Wahl des Parlaments sollen Uneinigkeiten über das neue Wahlgesetz sein. Seit Wochen können sich das in Ostlibyen ansässige Parlament und der Hohe Staatsrat in Tripolis im Westen des Landes nicht auf ein Wahlgesetz einigen. Zwar verabschiedete das Parlament am Montag ein Wahlgesetz, jedoch erhielt dieses nicht die nötige Zustimmung des Rates in Tripolis, der angab, das Gesetz sei nicht wie vorgesehen in Abstimmung mit ihm entworfen worden. Ähnliche Spannungen zwischen den beiden Organen hatte es bereits im September gegeben, als der Hohe Staatsrat in Tripolis bereits ein Gesetz zur Präsidentschaftswahl abgelehnt. Grund war, dass das von Parlamentschef Aguila Saleh unterzeichnete Gesetz General Chalifa Haftar, einem Verbündeten Salehs, Vorteile verschaffen könnte. Haftars Truppen bekämpften vor der Waffenruhe, die vor rund einem Jahr geschaffen wurde, die Einheitsregierung in Tripolis. Inzwischen hat er seine Ambitionen für die Wahl zum Staatsoberhaupt bekannt gegeben. Nach dem Disput um das Präsidentschaftswahlgesetz stimmte das Parlament für ein Misstrauensvotum gegen die seit Februar eingesetzte Interimsregierung um Ministerpräsident Abdulhamid Dbeibah. 89 der 113 anwesenden Abgeordneten entzogen der Regierung das Vertrauen, jedoch bleibt sie geschäftsführend im Amt. All diese Entwicklungen scheinen Befürchtungen auch auf internationaler Ebene zu bestätigen, dass sich die politische Lage in Libyen weiter zuspitzen könnte und somit die Wahlen, die als essentiell für den libyschen Friedensprozess gelten, nicht zum vereinbarten Zeitpunkt durchgeführt werden könnten. Derweil lädt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am 12. November zu einer hochrangigen internationalen Libyen-Konferenz ein, welche zur Einhaltung des zeitlichen Fahrplans der Wahlen beitragen soll.

 

Und sonst?

Der Wissenschaft ist im Kampf gegen Malaria ein historischer Durchbruch gelungen. Am Donnerstag empfahl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstmals die breite Anwendung des Vakzins RTS,S zum Schutz vor dem Erreger Malaria tropica. Die UN-Behörde nahm in ihrer Impfempfehlung vor allem die Kinder stark betroffener Regionen in den Fokus. Besonders auf dem afrikanischen Kontinent, auf den fast 93 Prozent aller Malaria-Infektionen entfallen, ist die Tropenkrankheit nach wie vor ein wesentlicher Grund für die hohe Kindersterblichkeit. Pro Jahr fallen ca. 260.000 Kinder unter fünf Jahre der Krankheit zum Opfer. Der Zulassung vorausgegangen war ein Pilotprogramm, welches seit 2019 in Ghana, Kenia und Malawi durchgeführt wird und 800.000 Kinder erreicht hat.

 

Gratulation

Die Deutsche Afrika Stiftung übersendet die herzlichsten Glückwünsche: Die Schwedische Akademie in Stockholm hat am Donnerstag verkündet, dass die renommierteste literarische Auszeichnung, der Literaturnobelpreis, dieses Jahr an den tansanischen Schriftsteller Abdulrazak Gurnah verliehen werde. Gurnah erhält den Preis für sein „kompromissloses und mitfühlendes Durchdringen der Auswirkungen des Kolonialismus und des Schicksals des Flüchtlings in der Kluft zwischen Kulturen und Kontinenten“ so der Ständige Sekretär der Schwedischen Akademie, Mats Malm, bei der Bekanntgabe.

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