17. BRICS-Gipfel in Brasilien
Von Sonntag bis Montag fand in Rio de Janeiro der 17. BRICS-Gipfel statt. Unter den Teilnehmenden waren nicht nur die laut offiziellen Angaben elf Mitglieder der Gruppe, sondern auch die zehn offiziellen Partnerländer sowie einige weitere Staaten und Institutionen als Beobachtende. Auf afrikanischer Seite nahmen die Mitgliedstaaten Südafrika mit Präsident Cyril Ramaphosa und Äthiopien mit Premierminister Abiy Ahmed auf höchster Ebene teil. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi ließ sich hingegen von Premierminister Mostafa Madbouly vertreten. Von den zwei afrikanischen Partnerländern erschien Nigerias Präsident Bola Tinubu persönlich, Uganda entsandte Vizepräsidentin Jessica Alupo. Darüber hinaus nahmen der angolanische Präsident João Lourenço als Vorsitzender der Afrikanischen Union und Kenia auf Botschafterebene teil.
Für besondere Aufmerksamkeit sorgte derweil die Abwesenheit von Chinas Präsident Xi Jinping, der sich von Premierminister Li Qiang vertreten ließ, was Beobachterinnen und Beobachter als Hinweis auf Pekings innenpolitische Prioritäten und als Schwächung des diesjährigen Gipfels werten. Für Xi war es das erste Mal seit über einem Jahrzehnt, dass er einem BRICS-Gipfel nicht persönlich oder virtuell beiwohnte. Russlands Präsident Wladimir Putin schaltete sich aufgrund des gegen ihn erlassenen Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs lediglich online zu.
Themen des Gipfels waren die von der diesjährigen brasilianischen BRICS-Präsidentschaft festgelegten Schwerpunktbereiche Globale Gesundheit, Handel, Investitionen und Finanzen, Klimawandel, Künstliche Intelligenz, eine multilaterale Friedens- und Sicherheitsarchitektur sowie Stärkung der Institutionen der BRICS. In der Abschlusserklärung mit dem Titel Strengthening Global South Cooperation for a More Inclusive and Sustainable Governance verabschiedeten die BRICS-Staaten nach eigenen Angaben 126 Verpflichtungen in diesen Bereichen. Analystinnen und Analysten zufolge handelt es sich hierbei jedoch hauptsächlich um bekannte Reformforderungen und Initiativen, die die langjährigen Prioritäten der BRICS-Staaten bekräftigen. Dazu zählen Forderungen nach einer Reform multilateraler Institutionen, darunter die Neuverteilung von Stimmrechten in der Weltbank und im Internationalen Währungsfonds, sowie die Unterstützung der afrikanischen Position zur Reform des UN-Sicherheitsrats.
Im Kampf gegen den Klimawandel wurde ein Rahmenwerk zur Förderung zinsgünstiger Klimakredite und privater Investitionen beschlossen. Dazu zählt der von Brasilien initiierte Tropical Forest Forever Fund (TFFF), der bei der COP30 im November im brasilianischen Belém verabschiedet und mit 125 Mrd. US-Dollar für den Schutz von Regenwäldern ausgestattet werden soll. Im Bereich Künstliche Intelligenz forderten die BRICS-Staaten inklusive globale Regulierunssdebatten. Als ein greifbares Ergebnis präsentierte der Gipfel die BRICS Multilateral Guarantees Initiative. An die Multilateral Investment Guarantee Agency der Weltbank angelehnt, soll sie Infrastruktur- und Entwicklungsinvestitionen im Globalen Süden durch Investitionsgarantien absichern und somit Investitionsrisiken senken. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die konkrete Ausgestaltung dieses Instruments auch das nächste Jahr noch andauern wird.
Geopolitische Spannungen und die Differenzen mit den USA prägten den Gipfel. Während die BRICS-Staaten protektionistische Maßnahmen und Alleingänge verurteilten, vermieden sie es, die USA und Präsident Donald Trump direkt zu erwähnen. Dieser reagierte mit scharfer Kritik und kündigte an, zusätzliche Strafzölle von 10% gegen Länder an, die BRICS-Politiken unterstützen, da die Gruppe einen anti-amerikanischen Hintergrund habe. Die wiederkehrende Diskussion innerhalb des Bündnisses, die Abhängigkeit vom US-Dollar im internationalen Handel zu verringern, wird von den BRICS-Staaten selbst als Maßnahme zu einer gerechteren Weltordnung und Reduzierung von Abhängigkeiten gesehen. Hierin liegt auch für teilnehmende afrikanische Staaten die Attraktivität des Bündnisses, welches inzwischen 48% der Weltbevölkerung und 39% der weltweiten Wirtschaftsleistung repräsentiert. Nigerias Präsident Tinubu und Angolas Präsident Lourenço forderten inklusivere globale Strukturen und nannten BRICS als Plattform zur Stärkung des Multilateralismus.
Inwiefern BRICS dem nachkommen kann, scheint derweil offen. Zum einen weisen Fachleute auf strukturelle Herausforderungen hin. Die Handelsbeziehungen innerhalb der BRICS-Staaten – insbesondere mit China, das fast die Hälfte des BRICS-Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet – sind oft von Ungleichgewichten geprägt, gerade auch aus afrikanischer Sicht. Zum anderen sehen Beobachterinnen und Beobachter die Schlagkraft des Bündnisses durch geopolitische Spannungen untereinander eingeschränkt. Rivalitäten zwischen Mitgliedstaaten wie China und Indien, Saudi-Arabien und Iran sowie Ägypten und Äthiopien stellen ebenso Herausforderungen dar wie die unterschiedlichen außenpolitischen Ausrichtungen neuer Mitglieder. Der Großteil der Mitgliedstaaten bleibt wirtschaftlich, teilweise aber auch sicherheitspolitisch, wie etwa Ägypten und Äthiopien, eng mit den USA verflochten. Im Falle von Saudi-Arabien führt dies zu der kuriosen Situation, dass das Land bereits auf der offiziellen BRICS-Seite als Mitgliedstaat gezählt wird, selbst jedoch den formellen Eintritt wohl noch gar nicht vorgenommen hat.
Nach Jahren der steigenden Bedeutung der BRICS sehen Fachleute daher mit dem aktuellen Gipfel auch einige Grenzen der Staatengruppe aufgezeigt. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, wie die BRICS-Staaten die beschlossenen Vorhaben umsetzen. Entscheidend wird sein, ob es dem Bündnis gelingt, die unterschiedlichen Interessen seiner Mitglieder zu koordinieren, um als Plattform für die Zusammenarbeit des Globalen Südens und als Akteur bei der Reform globaler Governance-Strukturen eine wichtige Rolle zu spielen.
Fünf afrikanische Staatschefs zu Besuch im Weißen Haus
US-Präsident Donald Trump lud am Mittwoch fünf afrikanische Staatsoberhäupter ins Weiße Haus nach Washington zu einem gemeinsamen Mittagessen ein. Geladen waren die Staats- und Regierungschefs aus Gabun, Guinea-Bissau, Liberia, Mauretanien und Senegal. Das öffentlich übertragene Gespräch fokussierte sich auf wirtschaftspolitische Themen. Trump betonte das wirtschaftliche Potenzial des afrikanischen Kontinents und stellte seinen Ansatz „from aid to trade“ dar, wonach die USA ihren Fokus in den Beziehungen zu Afrika auf wirtschaftliche Partnerschaften und Handel verlagern wollen. Auch verwies er auf den Beitrag der USA zur regionalen Sicherheit und hier insbesondere auf das von seinem Land vermittelte Friedensabkommen zwischen Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo (Pressespiegel KW 27/2025). Unter anderem lobte Mauretaniens Präsident Mohamed Ould Ghazouani, der als erster sprach, Trumps Engagement in diesem Zusammenhang. Die mehrheitlich westafrikanischen Präsidenten betonten ihrerseits das wirtschaftliche Potenzial ihrer Länder, von Rohstoffen bis hin zu Agrarprodukten und luden US-Investoren zu verschiedenen Projekten ein.
Die Auswahl der fünf eingeladenen Länder sorgte zunächst für Erstaunen, da sie gemessen an der Größe ihrer Volkswirtschaften eine eher begrenzte Rolle im Weltgeschehen spielen. Allerdings besitzen sie bedeutende, teils unerschlossene Rohstoffvorkommen, darunter Erdöl und Erdgas, Mangan, Gold, Phosphate und seltene Erden. In Gabun etwa befinden sich 25% der weltweiten Manganvorkommen. 22% des chinesischen Mangan-Bestands, der für die Produktion von Batterien und Edelstahl gebraucht wird, kommen aus dem zentralafrikanischen Land. Neben der Sicherung strategischer Rohstoffe könnte für Präsident Trump auch die Eindämmung chinesischen Einflusses eine Rolle gespielt haben.
Laut Beobachterinnen und Beobachtern aus den geladenen Ländern spielten aber auch sicherheitspolitische Aspekte und das Thema Migration eine Rolle bei der Auswahl der fünf Gäste. So sehen sich Guinea-Bissau, Senegal und Mauretanien mit unterschiedlich großen Herausforderungen im Kampf gegen den Drogenhandel konfrontiert, Themen, die in der Trump-Administration hohe Priorität genießen. Gabun ist ein wichtiger Partner in der Bekämpfung von Piraterie im Golf von Guinea und könnte in Frage kommen, einen künftigen US-Stützpunkt zu beherbergen. Mauretanien und Senegal gelten darüber hinaus als wichtige Transit- und Herkunftsländer im Kontext von Migration. So sollen zwischen 2023 und 2025 ca. 20.000 Menschen aus Mauretanien und Hunderte aus dem Senegal versucht haben, über Nicaragua illegal in die USA zu reisen. Liberia soll auf der Liste der Länder stehen, mit denen die USA über die Aufnahme von deportierten Drittstaatsangehörigen inklusive verurteilten Straftätern verhandeln möchte.
Gleichzeitig fand das Treffen vor dem Hintergrund einer Neuausrichtung der globalen und innenpolitischen Prioritäten der USA unter Trumps Führung statt. Die Auflösung der US-Agentur für Internationale Entwicklung (USAID) setzt gerade auch Länder in West- und Zentralafrika unter Druck. Laut dem Center for Global Development belief sich die US-Unterstützung für Liberia auf 2,6 Prozent des Bruttonationaleinkommens – der höchste Prozentsatz weltweit. Zuletzt wiesen führende Politiker des Kontinents im Rahmen der US-Africa Business Summit (Pressespiegel KW 26/2025) auch auf die negativen Konsequenzen der US-Handelspolitik und Visumsbeschränkungen für die afrikanisch-amerikanischen Beziehungen hin. Daher bleibt es afrikanischen Expertinnen und Experten zufolge fraglich, ob die fünf Länder nun wirkliche Vorteile aus dem Treffen mit Trump ziehen konnten. Zumindest gab der US-Präsident an, die Länder würden “wohl nicht” mit Zöllen belegt.
Ein in den Sozialen Medien besonders beachteter Moment war derweil Trumps unangebrachtes Lob für die Englischkenntnisse des liberianischen Präsidenten Joseph Boakai. Beobachter und Beobachterinnen werteten den Kommentar als unsensibel oder herablassend, da er auf die Unkenntnis Trumps der historischen Hintergründe Liberias schließen lasse. Englisch ist die Amtssprache Liberias – ein Erbe seiner Gründung im 19. Jahrhundert als Siedlungsgebiet für freigelassene, ehemals versklavte Menschen aus den Vereinigten Staaten. Eine US-amerikanische Abgeordnete bezeichnete die Bemerkung als „Spitzenignoranz“ und warf Trump blanken Rassismus vor. Liberianische Diplomaten erklärten jedoch, Boakai sei nicht beleidigt gewesen, Trump habe die Ähnlichkeiten zwischen amerikanischem und liberianischem Englisch anerkannt.
Welche konkreten Maßnahmen aus diesem Treffen folgen, bleibt abzuwarten. Es wird jedoch erwartet, dass Trump noch in Kürze ein umfassenderes Gipfeltreffen mit weiteren afrikanischen Staats- und Regierungschefs ankündigen wird, welches noch in diesem Jahr, möglicherweise im September zur Zeit der Generalversammlung der Vereinten Nationen, stattfinden soll.
Und sonst?
Seit Samstag findet in Marokko der 13. Women’s Africa Cup of Nations (WAFCON) statt. Das alle zwei Jahre ausgetragene Frauenfußballturnier hätte eigentlich bereits 2024 stattfinden sollen, wegen der Olympischen Spiele in Paris wurde es jedoch auf Juli 2025 verschoben. Noch bis Ende des Monats kämpfen zwölf afrikanische Nationalmannschaften um den kontinentalen Titel und die Qualifikation zur FIFA Frauen-Weltmeisterschaft. Gastgeber Marokko eröffnete das Turnier mit einem spannenden 2:2 gegen Sambia und hegt nach der Vizemeisterschaft 2022 Titelambitionen. Auch Rekordmeister Nigeria, das neun der bisherigen zwölf Ausgaben des Turniers gewinnen konnte, und Titelverteidiger Südafrika zählen zu den Favoritinnen. Eine große Überraschung gab es bereits im Vorfeld des Turniers: Die kamerunische Nationalmannschaft, die seit der Einführung des Turniers in seiner jetzigen Form im Jahr 1998 stets vertreten war und bereits dreimal Vizemeister wurde, verpasste erstmals die Qualifikation. Der WAFCON gilt als wichtigstes Turnier im afrikanischen Frauenfußball und erlebt wachsende internationale Aufmerksamkeit. Die Afrikanische Fußballkonföderation (CAF) hat das Preisgeld für den Sieger in diesem Jahr auf 1 Mio. US-Dollar verdoppelt und will damit die Professionalisierung des Sports weiter vorantreiben. Für viele Spielerinnen bietet das Turnier zudem eine Bühne, um sich für internationale Clubs zu empfehlen.
Veranstaltungshinweis
Am Samstag, den 26. Juli 2025, wird in Tübingen das Leben und Wirken der Zeitzeugin Ruth Weiss anlässlich ihres 101. Geburtstags mit einer besonderen Veranstaltung gewürdigt. Im Mittelpunkt steht die Vernissage des Künstlers René Böll unter dem Titel „Adaptionen mit ostasiatischer Tusche“. Die Ausstellung vereint ostasiatische Ästhetik mit literarischen Bezügen zu Friedrich Hölderlin, klassischer chinesischer Lyrik, Heinrich Böll und Ruth Weiss selbst. Zu den Ehrengästen der Veranstaltung zählen unter anderem der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. Die Präsidentin der Deutschen Afrika Stiftung, Dr. Uschi Eid, wird die Laudatio auf Ruth Weiss halten, die 2023 mit dem höchsten südafrikanischen Orden für Ihren Beitrag im Kampf gegen Apartheid geehrt wurde und außerdem Ehrenpreisträgerin der Deutschen Afrika Stiftung ist. Die Ausstellungseröffnung findet im Kino MUSEUM in Tübingen statt. Die Teilnahme ist kostenfrei, um vorherige Anmeldung bis zum 21. Juli 2025 wird gebeten. Die Veranstaltung richtet sich an alle, die sich für politische Zeitgeschichte, Kunst und das beeindruckende Lebenswerk von Ruth Weiss interessieren. Die Ausstellung ist zudem vom 28. Juli bis zum 3. August 2025 im Innovationszentrum Westspitze in Tübingen besuchbar. Hier können Sie weitere Details sowie das vollständige Programm der Veranstaltung einsehen.