Pressespiegel KW 26/2025: Neue Spielregeln?
Pressespiegel 20.6.2025 bis 27.6.2025

Proteste in Kenia

 

Am Mittwoch gingen in Kenia landesweit Tausende Menschen auf die Straße, um gegen die Regierung von Präsident William Ruto zu demonstrieren. Die Proteste, die erneut maßgeblich von der sogenannten „Gen Z“ initiiert wurden, fanden anlässlich des Jahrestages der landesweiten Demonstrationen gegen Rutos umstrittenes Finanzgesetz statt, bei denen 60 Menschen ums Leben gekommen waren (Pressesepiegel KW 25/2024 und Pressespiegel KW 26/2024).Neben dem Gedenken an die Todesopfer richteten sich die jüngsten Kundgebungen vor allem gegen Polizeibrutalität und die wirtschaftlich prekäre Lage im Land.

In der Hauptstadt Nairobi sperrten die Behörden bereits in den frühen Morgenstunden zentrale Zufahrtsstraßen. Auch der Zugang zu wichtigen Gebäuden wie dem Parlament und dem Amtssitz des Präsidenten wurde mit Stacheldraht blockiert. Banken und Schulen in Nairobis zentralem Geschäftsviertel blieben am Mittwoch ebenfalls geschlossen.
Zusätzlich untersagte die kenianische Medienaufsichtsbehörde Fernseh- und Radiosendern die Live-Berichterstattung über die Proteste und drohte bei Zuwiderhandlung mit regulatorischen Maßnahmen. In der Folge wurden die Sender NTV, KTN, K24 und Kameme zeitweise vom Netz genommen. Die Anordnung wurde jedoch später von einem Gericht aufgehoben. Trotz dieser Einschränkungen versammelten sich Tausende Menschen in der Hauptstadt sowie in anderen Städten wie Mombasa, Kisumu und Nakuru. Die Demonstrierenden schwenkten kenianische Flaggen, hielten Schilder mit Bildern von Opfern früherer Proteste hoch und skandierten Parolen gegen Präsident Ruto. Zahlenmäßig beteiligten sich jedoch weniger Personen an den Märschen als noch vor einem Jahr.

Im Laufe des Tages eskalierten die Proteste: Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas, Wasserwerfer und Schlagstöcke ein, wie Beobachterinnen und Beobachter berichteten. Auch Gummigeschosse und scharfe Munition kamen zum Einsatz. Aus mehreren Orten des Landes gab es zudem Berichte über Plünderungen und die Zerstörung von Geschäften. Im rund 20 km von der Hauptstadt entfernten Kikuyu (Kiambu County) stürmten Demonstrantinnen und Demonstranten unter anderem Gebäude der Lokalregierung sowie die Polizeistation und setzten ein Gerichtsgebäude teilweise in Brand.

Die Kenya Medical Association, die Law Society of Kenya und die Police Reforms Working Group sprachen am Mittwochabend in einem gemeinsamen Statement von acht Toten im Zuge der Proteste. Insgesamt seien rund 400 Menschen aufgrund von Verletzungen, darunter auch Schusswunden, behandelt worden. Irungu Houghton, Leiter von Amnesty International in Kenia sprach von mindestens 16 Menschen, die ums Leben kamen – die meisten von ihnen durch Polizeigewalt. Laut Houghton sei diese Zahl auch von der staatlich finanzierten Kenya National Commission on Human Rights bestätigt worden. Innenminister Kipchumba Murkomen sprach derweil von zehn Toten und verteidigte das Vorgehen der Sicherheitskräfte. Den Protestierenden warf er vor, einen Regimewechsel herbeiführen zu wollen und kritisierte die Ausschreitungen scharf. Die Vereinten Nationen äußerten sich am Donnerstag “zutiefst besorgt” über die Gewalt während der Kundgebungen.

In Kenia wächst seit einigen Jahren die Empörung über Korruption, Arbeitslosigkeit, staatliche Übergriffe und steigende Lebenshaltungskosten. Anfang Juni hatte der Tod des 31-jährigen Bloggers Albert Ojwang in Polizeigewahrsam landesweit für Entrüstung und Proteste gesorgt. Ojwang war am 6. Juni festgenommen worden, nachdem Vize-Polizeichef Eliud Lagat ihm die Verbreitung von Falschinformationen und persönlichen Beleidigungen in den sozialen Medien vorgeworfen hatte. Bei einem der darauffolgenden Proteste in Nairobi wurde ein Straßenverkäufer aus nächster Distanz in den Kopf geschossen, was den Vorwurf des unverhältnismäßigen Einsatzes von Gewalt gegen Protestierende verstärkte. Bei einem der darauffolgenden Proteste in Nairobi wurde einem Straßenverkäufer erschossen, was den Vorwurf des unverhältnismäßigen Einsatzes von Gewalt gegen Protestierende verstärkte.  Am Montag wurden drei Polizeibeamte sowie drei Zivilpersonen im Zusammenhang mit Ojwangs Tod wegen Mordes angeklagt. Vize-Polizeichef Lagat, der jegliches Fehlverhalten bestreitet, trat vergangene Woche vorübergehend bis zum Abschluss der laufenden Ermittlungen von seinem Amt zurück.

Präsident Ruto unterzeichnete unterdessen am Donnerstag das neue Finanzgesetz 2025, aus dem zwar die zuvor geplanten Steuererhöhungen gestrichen wurden, das jedoch weiterhin eine umstrittene Klausel zur Datenerhebung beinhaltet. Diese ermöglicht der kenianischen Steuerbehörde Zugang zu persönlichen und finanziellen Daten der Bürgerinnen und Bürger. Ob und in welcher Form das Parlament die Forderungen der Protestierenden adressiert und neue Proteste folgen, bleibt abzuwarten.

 

 

U.S.-Africa Business Summit in Angola

Am Mittwoch endete der 17. U.S.-Africa Business Summit, der in diesem Jahr zum ersten Mal in Angolas Hauptstadt Luanda stattfand. Unter dem Motto „Pathways to Prosperity: A Shared Vision for U.S.-Africa Partnership“ kamen über 2000 Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Wirtschaft aus afrikanischen Staaten und den USA zusammen. Am Wirtschaftsgipfel, der vom Corporate Council on Africa organisiert wurde, nahmen rund ein Dutzend afrikanische Staats- und Regierungschefs teil. Auch der neue Kommissionschef der Afrikanischen Union (AU), Mahmoud Ali Youssouf, sowie Wamkele Mene, Generalsekretär der Afrikanischen Freihandelszone (AfCFTA) und der scheidende Präsident der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB), Dr. Akinwumi Adesina, waren anwesend. Die USA wurden von Troy Fitrell, dem Leiter des Büros für afrikanische Angelegenheiten im Außenministerium, Massad Boulos, Leitender Berater für Afrika sowie weiteren Regierungsverteterinnen und -vertretern repräsentiert.

Angolas Präsident João Lourenço forderte in seiner Rede die USA auf, bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Afrika über den Rohstoffsektor hinauszublicken und verstärkt in andere Bereiche zu investieren, in denen Arbeitsplätze geschaffen sowie lokale Arbeits- und Umweltstandards eingehalten werden. Auch zu anderen Aspekten kam Kritik von afrikanischer Seite – insbesondere hinsichtlich der Visums- und Handelspolitik der US-Regierung. Deutliche Worte fand unter anderem AU-Kommissionschef Youssouf, der infrage stellte, wie ein fairer bilateraler Handel gelingen könne, während mehr als die Hälfte der afrikanischen Staaten von Visabeschränkungen betroffen sei. Die Visaverbote sowie verhängten Zölle seien mit den Regularien der Welthandelsorganisation unvereinbar und inakzeptabel, so Youssouf. Fitrell verteidigte am Dienstag den Kurs der USA und betonte, dass die Zölle noch nicht in Kraft getreten und die Verhandlungen zur Erneuerung des im September auslaufenden African Growth and Opportunity Act (AGOA) noch nicht abgeschlossen seien. Darüber hinaus gäbe es keine Besuchsverbote. US-Konsulate würden, trotz kürzerer Gültigkeitszeiträume, noch immer Visa ausstellen. Zudem bekräftigte er das Engagement der USA für den Lobito-Korridor, der nicht von den Kürzungen der US-Finanzhilfen betroffen sei.

Am Dienstag wurden im Rahmen des Gipfels außerdem verschiedene Absichtserklärungen unterzeichnet. Dazu zählt die Vereinbarung zwischen der angolanischen Regulierungsbehörde ARCCLA und der US-amerikanischen Amer-Con Corporation zum Bau und Betrieb von 22 Getreidesilo-Terminals. Das angolanische Energieministerium unterzeichnete zudem mit der US-Firma Hydro-Link und dem Schweizer Unternehmen Mitrelli ein Absichtserklärung über den Bau einer 1.150 km langen Hochspannungsleitung zwischen Angola und der Demokratischen Republik Kongo, die bis zu 1.200 Megawatt übertragen soll. Eine weitere Kooperationserklärung wurde zwischen Soapro SA (Angola), Hydro-Link (USA), Knight Piésold (Südafrika) und Windhoek Consulting Engineers (Namibia) zur Planung grenzüberschreitender Infrastrukturprojekte in den Bereichen Energie und Transport unterzeichnet.

Im April hatte Fitrell in Abidjan die neue Afrikastrategie der USA vorgestellt, die auf dem Prinzip der Handelsdiplomatie (“commercial diplomacy”) beruht. So sollen US-Botschafterinnen und Botschafter künftig danach beurteilt werden, wie aktiv sie in den Ländern für US-Unternehmen werben und wie viele Abkommen sie vermitteln können. Damit sollen die Exporte aus den USA nach Subsahara-Afrika, die laut Fitrell in den letzten beiden Jahrzehnte stagnierten, angekurbelt werden.Die Erreichung dieses Ziel wird jedoch durch widersprüchliche Maßnahmen der US-Regierung erschwert, insbesondere durch deren Handels- und Zollpolitik, die, wie unter anderem der AU-Kommissionschef beim Wirtschaftsgipfel deutlich machte, auf afrikanischer Seite für Empörung sorgten. Auch die Auflösung der US-Entwicklungsbehörde USAID und der Stopp der dazugehörigen Finanzierungshilfen strapazierte das Verhältnis zu afrikanischen Staaten. Gleichzeitig sehen sich die USA im Konkurrenzkampf mit China, das erst vor zwei Wochen beim ministeriellen Treffen der Koordinationsverantwortlichen für die Umsetzung der Folgemaßnahmen des Forum on China-Africa Cooperation (FOCAC) seine Bereitschaft signalisierte, 53 afrikanischen Staaten zollfreien Zugang zu sämtlichen chinesischen Zolltariflinien zu gewähren (Pressespiegel KW 24/2025).

 

Sondermeldung

Sierra Leones Präsident Bio übernimmt Vorsitz der ECOWAS

Sierra Leones Präsident Julius Maada Bio ist beim Gipfeltreffen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS am Sonntag in Abuja zum neuen Vorsitzenden des Regionalblocks gewählt worden. Er folgt auf Nigerias Präsident Bola Tinubu, der die Regionalorganisation zuvor für zwei Jahre geleitet hatte. Mit seinem Amtsantritt übernimmt Bio zentrale Aufgaben, die unter seinem Vorgänger ungelöst blieben – darunter die anhaltende Bedrohung durch terroristische Gruppen, der stockende Ausbau der ECOWAS-Standby-Truppe sowie der Umgan g mit dem Austritt der von Militärregierungen geführten Staaten Burkina Faso, Mali und Niger (Pressespiegel KW 28/2024). Diese Themen dominierten die Agenda des Gipfels.

 

 

Und sonst?

 

Am Montag trat die Simbabwerin Kirsty Coventry offiziell die Nachfolge von Thomas Bach an der Spitze des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) an. Im Rahmen der 131. Geburtstagsfeier des IOC überreichte Bach, der nach zwölf Jahren als Präsident ausscheidet, Coventry den symbolischen Schlüssel zum IOC-Sitz in Lausanne, Schweiz. Die 41-Jährige war im März mit 49 von 97 Stimmen im ersten Wahlgang von der IOC-Generalversammlung als erste Frau und zugleich erste Afrikanerin zur Präsidentin des Komitees gewählt worden. Sie gilt als Bachs Wunschnachfolgerin, der sie über Jahre hinweg unterstützt hatte. Bereits am Donnerstag kündigte die neue IOC-Chefin die Überarbeitung des Auswahlprozesses für Olympia-Gastgeber sowie eine Arbeitsgruppe für mehr Schutz der weiblichen Kategorie an. Coventry ist zweifache Olympiasiegerin (2004 und 2008) im Schwimmen und galt lange Zeit als “Simbabwes Tochter”, deren Karriere auch durch den damaligen Präsidenten Robert Mugabe gefördert wurde. Unter Präsident Emmerson Mnangagwa wurde sie 2018 zur Sportministerin ernannt, wofür sie sehr viel Kritik erntete.  Während ihrer Amtszeit engagierte sie sich gegen Korruption und Missmanagement im Sportbereich; ihre Bilanz wird jedoch in der Öffentlichkeit unterschiedlich bewertet.

 

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