FOCAC-Koordinierungstreffen in China
Von Dienstag bis Donnerstag fand in Changsha, der Hauptstadt der zentralchinesischen Provinz Hunan, das ministerielle Treffen der Koordinationsverantwortlichen für die Umsetzung der Folgemaßnahmen des Forum on China-Africa Cooperation (FOCAC) statt. Chinas Außenminister Wang Yi empfing hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus 53 afrikanischen Staaten sowie der Afrikanischen Union (AU). Gemeinsam berieten sie über die weitere Umsetzung des beim FOCAC-Gipfel im September 2024 in Peking (Pressespiegel KW 36/2024) beschlossenen FOCAC Action Plan 2025–2027 und diskutierten weitere Schritte zur Vertiefung der afrikanisch-chinesischen Partnerschaft. Zu den Teilnehmenden zählten unter anderem der kenianische Außenminister Musalia Mudavadi, Südafrikas Außenminister Ronald Lamola sowie Thérèse Kayikwamba Wagner, Außenministerin der Demokratischen Republik Kongo.
Eröffnet wurde das Koordinierungstreffen, das auch mit dem 25-jährigen Jubiläum des Forums zusammenfiel, mit schriftlich übermittelten Botschaften des chinesischen Präsidenten Xi Jinping und seines kongolesischen Amtskollegen Denis Sassou Nguesso, Co-Schirmherr des FOCAC. Beide betonten die Bedeutung der afrikanisch-chinesischen Partnerschaft und die erzielten Fortschritte seit dem letzten Gipfeltreffen. In der am Mittwoch veröffentlichten Changsha-Erklärung bekräftigten die beteiligten Staaten und die AU das Ziel, die in der Pekinger Erklärung (2024) formulierte „Allwetter-Partnerschaft“ zwischen China und Afrika aufzubauen – eine Zusammenarbeit, die auf gegenseitigem Respekt, gemeinsamer Entwicklung und der Bewältigung globaler Herausforderungen beruht. Gleichzeitig sprachen sich die Unterzeichnenden für eine Stärkung der Entwicklungszusammenarbeit, faire Handelsbedingungen und eine verstärkte internationale Unterstützung für afrikanische Länder aus.
China kündigte in der Changsha-Erklärung an, künftig allen 53 afrikanischen Staaten mit diplomatischen Beziehungen zu Peking zollfreien Zugang zu sämtlichen chinesischen Zolltariflinien zu gewähren. Dies soll im Rahmen eines noch zu verhandelnden Wirtschaftspartnerschaftsabkommens erfolgen. Ziel ist es, afrikanische Qualitätsprodukte stärker auf dem chinesischen Markt zu positionieren, den Handel zu fördern und die wirtschaftliche Entwicklung Afrikas zu unterstützen. Ausgenommen hiervon bleibt das Königreich eSwatini, das als einziger afrikanischer Staat diplomatische Beziehungen zu Taiwan unterhält und damit Chinas sogenannte Ein-China-Politik nicht unterstützt. Ergänzend zur bereits beim FOCAC-Gipfel 2024 zugesagten Nullzollbehandlung für 100 Prozent der Zolltariflinien wurden weitere Maßnahmen angekündigt, darunter erleichterter Marktzugang, effizientere Verfahren bei der Zollabfertigung sowie verbesserte Inspektions- und Quarantänemaßnahmen. Diese sollen den Warenverkehr erleichtern, Fachkompetenzen durch Schulungen stärken und die internationale Vermarktung afrikanischer Produkte ausweiten. Die Changsha-Erklärung bekräftigte außerdem den Willen, die zehn Partnerschaftsinitiativen zur Modernisierung zügig umzusetzen. Diese wurden bereits beim letzten FOCAC-Gipfeltreffen beschlossen. Im Fokus stehen Schlüsselbranchen wie grüne Industrie, E-Commerce, digitale Zahlungssysteme, Wissenschaft und Technologie sowie Künstliche Intelligenz. Auch die Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheit, Finanzwesen und Rechtsstaatlichkeit soll ausgebaut werden.
Deutliche Kritik üben die Unterzeichnerstaaten an einseitigen Handelspraktiken und protektionistischen Maßnahmen, die als „economic bullying“ bezeichnet werden und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung afrikanischer sowie anderer Entwicklungsländer erheblich beeinträchtige. Namentlich wurde die US-Zollpolitik als Herausforderung für die internationale Handelsordnung genannt. Die Erklärung fordert die Vereinigten Staaten auf, Handelskonflikte auf Basis von Gleichberechtigung, gegenseitigem Respekt und beiderseitigem Nutzen zu lösen und den besonderen Entwicklungsbedarfen afrikanischer Länder stärker Rechnung zu tragen.
Das Koordinierungstreffen fand unmittelbar vor der China-Africa Economic and Trade Expo statt, die ebenfalls in Changsha unter dem Motto „China and Africa: Together Toward Modernization“ von Donnerstag bis Sonntag stattfinden wird und die Partnerschaft zwischen China und afrikanischen Staaten weiter vertiefen soll. Bereits jetzt zeichne sich, laut dem Sprecher des chinesischen Außenministeriums Lin Jian, eine deutliche Vertiefung der Beziehungen im Rahmen von FOCAC ab. China sei seit 16 Jahren in Folge Afrikas größter Handelspartner. Seit dem FOCAC-Gipfel 2024 in Peking habe China zusätzliche Investitionen in Höhe von über 13,3 Milliarden Yuan (ca. 1,7 Mrd. Euro) sowie Finanzierungen von mehr als 150 Milliarden Yuan (ca. 19,5 Mrd. Euro) bereitgestellt. In den ersten fünf Monaten 2025 erreichte das bilaterale Handelsvolumen 963 Milliarden Yuan – ein Anstieg von 12,4 Prozent im Jahresvergleich und ein Rekordwert für diesen Zeitraum.
Kritik am Chagos-Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und Mauritius
Am Dienstag kritisierte eine UN-Fachgruppe das Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und Mauritius über die Chagos-Inseln scharf. Die Expertinnen und Experten warnten davor, dass darin die Rechte der chagossianischen Bevölkerung nicht ausreichend geschützt würden und forderten eine Aussetzung der Ratifizierung sowie die Aushandlung eines neuen Abkommens.
Das Abkommen, das erst Ende Mai unterzeichnet wurde, regelt die künftige Souveränität über das Inselgebiet im Indischen Ozean. Das Vereinigte Königreich spaltete die Chagos-Inseln 1965 von Mauritius ab, um das Britische Territorium im Indischen Ozean zu schaffen. Auch nachdem Mauritius drei Jahre später die Unabhängigkeit erlangte, blieb die Inselgruppe britisches Überseegebiet. Anfang der 1970er Jahre wurden rund 1.500 Bewohnerinnen und Bewohner von den Inseln nach Mauritius und auf die Seychellen zwangsumgesiedelt, um Platz für den Bau der Militärbasis auf Diego Garcia zu schaffen. Einige siedelten auch in England, überwiegend in West Sussex, an. Das Abkommen sieht vor, dass die Souveränität über die Chagos-Inselgruppe an Mauritius zurückgegeben wird. Das Vereinigte Königreich behält jedoch die Kontrolle über den gemeinsam mit den USA betriebenen und strategisch wichtigen Luftwaffenstützpunkt auf der Insel Diego Garcia, der größten Insel des Archipels. Für den weiteren Betrieb dieser Militärbasis wird das Vereinigte Königreich Mauritius jährlich 101 Millionen Pfund (ca. 119 Millionen Euro) für den Zeitraum von 99 Jahren zahlen.
Insbesondere dieser Teil des Abkommens stößt auf Kritik seitens des UN-Panels, das vom UN-Menschenrechtsrat eingesetzt wurde, um den Prozess zu begleiten und das als unabhängiges Gremium agiert. So bemängeln Nicolas Levrat, Ashwini K.P., Bernard Duhaime und Bina D’Costa, dass das Abkommen kein umfassendes Rückkehrrecht der Chagossianerinnen und Chagossianer nach Diego Garcia vorsehe. Auch der Zugang zu kulturellen Stätten auf der Insel sei nicht gewährleistet, wodurch die kulturellen Rechte der Bevölkerung beschnitten würden. Darüber hinaus würde das Abkommen keinerlei Zusagen im Hinblick auf Restitution, Entschädigung oder Garantien zur Nichtwiederholung enthalten. Zwar existiere ein geplanter Treuhandfonds in Höhe von 40 Millionen Pfund (ca. 47 Millionen Euro), der der Unterstützung der weltweit rund 10.000 Chagossianerinnen und Chagossianer dienen solle. Ob dieser jedoch dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf sowie auf angemessene, wirksame und zügige Wiedergutmachung entspreche, sei fraglich. Zudem seien die betroffenen Bevölkerungsgruppen nicht ausreichend an den Verhandlungen beteiligt gewesen.
Auch im Vereinigten Königreich stieß das Abkommen auf Kritik. So wurde die Vertragsunterzeichnung zunächst von einem britischen Gericht blockiert, nachdem zwei im Vereinigten Königreich lebende Chagossianerinnen in letzter Minute Klage eingereicht hatten. Sie argumentieren, das Abkommen garantiere kein Rückkehrrecht auf ihre Heimatinsel. Auch die konservativen Tories lehnen das Abkommen ab und werfen Premierminister Keir Starmer und seiner Labour Party eine nachteilige Vereinbarung zulasten der Steuerzahlerinnen und -zahler sowie der chagossianischen Bevölkerung vor. Ein von den Tories eingebrachter Gesetzesentwurf zielt darauf ab, die Ratifizierung des Abkommens im Parlament zu blockieren. Starmer hingegen verteidigte das Abkommen als sicherheits- und verteidigungspolitisch notwendig. Die drohenden internationalen rechtlichen Auseinandersetzungen nach dem Urteil des Internationalen Gerichtshofs von 2019, das die Abtretung der Souveränität an Mauritius empfahl, hätte den Abschluss des Abkommens erforderlich gemacht. Auch die USA unterstützen das Abkommen ausdrücklich. US-Präsident Donald Trump sowie US-Außenminister Marco Rubio begrüßten die Vereinbarung und betonten die strategische Bedeutung von Diego Garcia für die Stabilität im Nahen Osten, Südostasien und Ostafrika. Positive Stimmen gab es ebenfalls aus den UN. Die Verhandlungen über das Abkommen waren in der Vergangenheit mehrfach verzögert worden, unter anderem durch den Regierungswechsel in Mauritius sowie Abstimmungen mit den USA. Die Ratifizierung des Abkommens steht im Vereinigten Königreich noch aus. Das Parlament hat bis zum 3. Juli Zeit, um die Vereinbarung entweder zu bestätigen oder abzulehnen.
Und sonst?
Am Montag startete das africologneFESTIVAL in Köln. Bis zum 22. Juni präsentiert das Festival zeitgenössische Kunst mit Afrikabezug in den Bereichen Theater, Tanz, Performance, Musik, Film und Literatur über die gesamte Stadt verteilt. Im Fokus stehen künstlerische Perspektiven aus dem afrikanischen Kontinent und der afrikanischen Diaspora. Auch Künstlerinnen und Künstler des Common LAB, einem mobilen Labor für künstlerische Forschung und Entwicklung neuer Narrativen, sind Teil des Programms. Einführungen und Publikumsgespräche begleiten das Programm und schaffen Raum für Begegnung und Austausch. Veranstalter und Träger des biennalen Festivals ist seit 2016 der Verein afroTopia e.V., der mit dem Festival eine Plattform für kreativen Dialog und transnationale Zusammenarbeit bietet. Im Zentrum stehen Produktionen und Diskursformate, die gesellschaftliche und politische Themen im Kontext afrikanischer Lebensrealitäten aufgreifen. Durch partizipative Ansätze bringt das Festival vielfältige Perspektiven zusammen und eröffnet so neue Begegnungsorte. Informationen zum Programm und Ticket gibt es hier.