Kamerun verschiebt Parlaments- und Kommunalwahlen um ein Jahr
Am Dienstag verabschiedete das kamerunische Parlament ein von Präsident Paul Biya eingebrachtes Gesetz, das die für Februar 2025 geplanten Parlaments- und Kommunalwahlen um ein Jahr verschiebt. Somit wird auch das Mandat der Abgeordneten, das ursprünglich am 10. März 2025 enden sollte, um 12 Monate verlängert. Biyas Regierungspartei Cameroon People’s Democratic Movement (Rassemblement démocratique du Peuple Camerounais, CPDM) hat mit 156 von insgesamt 180 Parlamentssitzen die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung. Grund für die Verschiebung der Wahl sei laut Angaben des Beauftragten des Präsidenten für Parlamentsbeziehungen, François Wakata Bolvine, der volle Wahlkalender. So seien ursprünglich vier Urnengänge, darunter auch Regional- und Ratswahlen, für das Jahr angesetzt gewesen. Die Verschiebung der Wahlen sei gemäß der Verfassung erfolgt, heißt es aus Regierungskreisen. Diese ermächtige Biya, sofern die Umstände es erfordern, das Parlament nach Beratung mit dem Verfassungsrat um seine Zustimmung für Verlängerungen oder die Verschiebung von Wahlen zu bitten.
Kritik gibt es derweil von Opposition und Zivilgesellschaft, die in der Verschiebung der Wahlen ein politisches Kalkül des 91-Jährigen sehen, seine Amtszeit auf Lebzeit zu
verlängern und sich den Sieg bei den kommenden Präsidentschaftswahlen zu sichern. Diese finden voraussichtlich im Oktober 2025 – und somit noch vor den verschobenen Parlaments- und Kommunalwahlen – statt. Da laut kamerunischen Wahlgesetz nur Präsidentschaftskandidatinnen und -kandidaten einer Partei, die entweder in der Nationalversammlung, im Senat, oder in den Regional- oder Kommunalräten vertreten ist, nominiert werden können, würde die Verschiebung der Legislativwahlen auch die Chancen für Biyas Herausforderinnen und Herausforderer erheblich beeinträchtigen, kritisierte beispielsweise der Abgeordnete der Oppositionspartei Social Democratic Front (Front social Démocrate, SDF) Joshua Osih. Viele Oppositionsführer, darunter auch Biyas stärkster Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl 2018, Maurice Kamto vom Cameroon Renaissance Movement (Mouvement pour la Renaissance du Cameroun, CRM), würden diese Voraussetzung nun nicht erfüllen können. So hatte das CRM die letzten Parlaments- und Kommunalwahlen 2020 aufgrund mangelnder Wahlreformen sowie der Verhaftung von Kamto und weiteren Parteimitgliedern Anfang 2019 boykottiert und verfügt entsprechend nicht über die für eine Kandidatur notwendige Repräsentation in den nationalen oder kommunalen Parlamenten. Mit der Verschiebung der Wahl von Februar 2025 auf Februar 2026 sei nun der CRM die Möglichkeit genommen worden, sich vor der Präsidentschaftswahl Sitze in der Nationalversammlung oder in den kommunalen Vertretungen zu sichern und Kamto als Präsidentschaftskandidaten aufstellen zu können. Zwar sei es laut Gesetz möglich, auch eine Kandidatin oder einen Kandidaten ohne Sitz in den Versammlungen aufzustellen, dafür benötige es jedoch die Unterschrift von 300 einflussreichen politischen Persönlichkeiten, wie z.B. ehemaligen Ministerinnen und Ministern oder religiösen Führungspersönlichkeiten. Diese seien jedoch entweder politische Verbündete von Biya oder von dessen repressiver Politik eingeschüchtert, so Kamto.
Bisher gibt es noch keine offizielle Aussage Biyas, der der aktuell älteste Staatsführer weltweit und Afrikas zweitlängster regierender Präsident ist, über eine mögliche Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr – diese gilt aber als sehr wahrscheinlich. Bereits vor der Verschiebung der Parlaments- und Kommunalwahlen hatte sich das Klima zwischen Regierung und Opposition zuletzt verschärft. So wurde im März dieses Jahres ein Verbot gegen ein Oppositionsbündnis aus den Parteien Political Alliance for Change (l’Alliance politique pour le changement, APC) und Alliance for Political Transition in Cameroon (l’Alliance pour une transition politique, ATP) verhängt und auch die Freiheit der Presse in den vergangenen Monaten und Jahren weiter eingeschränkt. Biya, der das Land seit 1982 und zunehmend mit eiserner Hand regiert, würde, sofern er als Sieger aus der Präsidentschaftswahl 2025 hervorgeht, bis 2032 regieren können und wäre dann 98 Jahre alt.
Weitere Spannungen zwischen ECOWAS und den Allianz der Sahel-Staaten Burkina Faso, Mali und Niger
Am Montag rief Senegals Präsident Bassirou Diomaye Faye zum Dialog und zur friedlichen Versöhnung zwischen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) und den drei Ländern der sog. Allianz der Sahel-Staaten (Alliance des États du Sahel, AES), Burkina Faso, Mali und Niger auf. Faye wurde am Sonntag gemeinsam mit seinem togoischen Amtskollegen Faure Gnassingbé beim 65. ordentlichen Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der ECOWAS-Staaten in der nigerianischen Hauptstadt Abuja zum Vermittler der ECOWAS mit den drei Staaten ernannt. Auch wurde Nigerias Präsident Bola Tinubu für ein weiteres Jahr für den rotierenden Vorsitz des Regionalblocks wiedergewählt. Im medialen Fokus des Gipfels stand insbesondere der Umgang mit den drei militärgeführten Sahelstaaten Burkina Faso, Mali und Niger, die im Januar dieses Jahres ihren Austritt aus der Wirtschaftsgemeinschaft verkündet hatten (Pressespiegel KW 5/2024). Die bisherigen Bemühungen der Regionalorganisation, die drei Gründungsmitglieder vor Ablauf des im Artikel 91 des ECOWAS-Statuts festgelegten Austrittzeitraums von einem Jahr zu einem Verbleib im Block zu überzeugen, zeigte trotz Lockerungen von Sanktionen gegen Mali und Niger noch keine Wirkung.
Stattdessen bekräftigte Burkina Fasos Übergangspräsident und Juntaführer Ibrahim Traoré am Samstag – nur einen Tag vor der ECOWAS-Versammlung – beim Gipfeltreffen mit seinen Amtskollegen aus Mali und Niger, Oberst Assimi Goïta und General Abdourahamane Tiani in der nigrischen Hauptstadt Niamey den Austritt aus der ECOWAS als unwiderruflich. Vielmehr wolle man das im September vergangenen Jahres geschlossene Sicherheits- und Verteidigungsbündnis AES (Pressespiegel KW 38/2023) weiter konsolidieren und eine Alternative zur ECOWAS anbieten, so die Juntaführer. Entsprechend wurde beim Gipfel ein Vertrag zur Gründung der gleichnamigen Konföderation der Allianz der Sahel-Staaten (la Confédération de l’Alliance des États du Sahel, AES) unterzeichnet. Diese solle künftig nicht nur im Außen- und Sicherheitsbereich und hier insbesondere in der Terrorismusbekämpfung, sondern unter anderem auch in den Bereichen Landwirtschaft und Ernährungssicherheit, Wasser und Umwelt, Energie und Bergbau, Handel und Industrialisierung, Infrastruktur und Verkehr, Kommunikation und Telekommunikation sowie Digitalisierung eng zusammenarbeiten. Zudem wolle man die freie Bewegung von Menschen und Gütern zwischen den Staaten regeln und eine gemeinsame Investitionsbank sowie einen Stabilisierungsfonds gründen.
Am vergangenen Freitag hatte zudem auch die deutsche Bundesregierung verkündet, den deutschen Luftwaffenstützpunkt am Flughafen von Niamey zu schließen und mit seinen derzeit noch 38 Bundeswehrangehörigen und 33 weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ab Mitte Juli bis Ende August zu räumen. Der Stützpunkt war im vergangenen Jahr zentrales Drehkreuz für den deutschen Truppenabzug aus Mali gewesen und sollte zunächst gemäß einer im Mai erzielten Übergangsvereinbarung mit Nigers Militärregierung erhalten bleiben, um Niamey im Krisenfall etwa für Evakuierungsaktionen anderswo in Afrika nutzen zu können. Die Aushandlung eines entsprechenden neuen Truppenstationierungsabkommens scheiterte jedoch unter anderem an fehlenden Immunitätszusagen für deutsche Soldatinnen und Soldaten, heißt es von deutscher Seite. Auch die USA ziehen sich aus Niger zurück. So verließen am Sonntag die letzten US-Truppen des US-Luftwaffenstützpunkt 101 am Flughafen Niamey das Land; der Drohnenstützpunkt bei Agadez im Norden des Landes soll bis spätestens Mitte September geräumt werden. Niger hatte sich, wie auch Burkina Faso und Mali, seit dem Sturz von Präsident Mohamed Bazoum durch das Militär im vergangenen Jahr verstärkt Russland zugewandt und von früheren ausländischen Partnern distanziert.
Sondermeldung
Am Donnerstag löste Kenias Präsident William Ruto sein Kabinett auf und entließ alle Ministerinnen und Minister sowie den Generalstaatsanwalt mit Ausnahme vom Kabinettssekretär und Minister für Auswärtiges und Diaspora Angelegenheiten, Musalia Mudavadi. Grund sind die andauernden, landesweiten Proteste gegen Rutos Regierung, die von geplanten Steuererhöhungen ausgelöst wurden (Pressespiegel KW 25/2024). Ruto hat nun Konsultationen zur Bildung einer „breit angelegten Regierung“ angekündigt.
Und sonst?
Am Sonntag endete das 21. International Storytelling Festival in Marokkos Hauptstadt Rabat. An dem einwöchigen Event, das in diesem Jahr unter dem Motto “Places, Memory of a Nation” stattfand, nahmen rund 150 Künstlerinnen und Künstler aus der ganzen Welt teil – darunter Geschichtenerzählerinnen und -erzähler, Musikerinnen und Musiker sowie weitere Künstlerinnen und Künstler. Ziel des Festivals ist es, den konstruktiven Dialog und kulturellen Austausch zu fördern sowie mündliche Überlieferungen zu bewahren. Neben dem Geschichtenerzählen konnte das Publikum auch Puppenspiele, pantomimische Darbietungen und Live-Musik von Bands aus verschiedenen Teilen der Welt erleben. Seit seiner Gründung im Jahr 1996 gilt das International Storytelling Festival als ein Eckpfeiler der Förderung des immateriellen und künstlerischen Erbes Marokkos. So ziele auch das diesjährige Motto des Festivals darauf ab, die historische Erinnerung und die mit Orten verbundene Nostalgie wiederzubeleben, so Dr. Najima Thay Thay Rhozali, Präsidentin der Internationalen Akademie für Immaterielles Kulturerbe.