KW 1/2022: Neues Jahr, alte Herausforderungen
Pressespiegel 31.12.2021 bis 7.1.2022

Politische Krise im Sudan spitzt sich zu

Am vergangenen Sonntag erklärte der sudanesische Premierminister Abdalla Hamdok in einer Fernsehansprache seinen Rücktritt. Erst sechs Wochen zuvor war Hamdok in sein Amt zurückgekehrt, nachdem die Militärjunta ihn am 25. Oktober 2021 abgesetzt hatte. Der umstrittene Deal zur Wiedereinsetzung Hamdoks war zwar zunächst von der internationalen Gemeinschaft begrüßt worden, national wurde er jedoch von der Demokratiebewegung sowort stark kritisiert. Hamdoks Rücktritt kommt daher wenig überraschend. Konkreter Anlass soll gewesen sein, dass ihm das Militär nicht die zugesicherte Unabhängigkeit bei der Auswahl der Mitglieder der Übergangsregierung gewehrt habe. Darüber hinaus soll Hamdok über die Schaffung eines allgemeinen Geheimdienstes, dem General Intelligence Service (GIS), der am 30. Dezember vom Militär bekannt gegeben wurde, verärgert gewesen sein. Der GIS soll dem unter dem früheren Diktator Omar al-Bashir gefürchteten National Intelligence Service (NISS) ähneln. Vor diesem Hintergrund wurde die Nachricht von Hamdoks Rücktritt in weiten Teilen der sudanesischen Bevölkerung mit Begeisterung aufgenommen. Gleichzeitig halten die Massenproteste gegen die Militärregierung, die seit dem Staatsstreich im Oktober regelmäßig Zehntausende auf die Straßen locken und oft gewaltsam vom Militär niedergeschlagen werden, weiter an. Am gestrigen Donnerstag forderten erneut Tausende Demonstranten in verschiedenen Städten die Rückgabe der Macht an eine Zivilregierung, bei darauffolgenden Auseinandersetzungen mit dem Militär starben mindestens drei Menschen. Damit stieg die Zahl der Todesopfer seit Beginn der Proteste im Oktober auf über 60. Die Nachfolge Hamdoks bleibt derweil zunächst offen, die regierende Junta unter Führung von General Abdel Fattah al-Burhan hat sich bislang nicht hierzu geäußert. Die internationale Gemeinschaft reagierte besorgt angesichts der instabilen Lage in dem nordostafrikanischen Land. In einem gemeinsamen Kommuniqué forderten die Europäische Union und die Troika (USA, Großbritannien und Norwegen) die Junta auf, eine zivile Übergangsregierung zu bilden und einen Premierminister zu ernennen, der aus einem Dialog mit verschiedenen Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft hervorgeht. Im UN-Sicherheitsrat wurde zudem eine Dringlichkeitssitzung zum Sudan beantragt, die kommende Woche stattfinden soll.

 

Malische Militärregierung plant Verschiebung der Wahlen

Malis Außenminister Abdoulaye Diop hat der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) am Samstag den neuen Übergangsplan der Militärregierung für den Sahel-Staat vorgelegt. Demnach sollen die ursprünglich für Februar 2022 anvisierten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen deutlich verschoben werden und der demokratische Transitionsprozess erst nach fünf Jahren abgeschlossen sein. Der Plan sieht ein Verfassungsreferendum im Jahr 2023 und Parlamentswahlen im Jahr 2025 vor. Die Präsidentschaftswahl würde demzufolge nicht vor 2026 durchgeführt. Die wichtigsten politischen Parteien und Nichtregierungsorganisationen in Mali haben den Fünfjahresplan der Militärregierung abgelehnt. Sie werfen der Junta sowohl eine Verzögerung des Demokratisierungsprozesses, als auch unilaterales Handeln vor. So sei der Plan nicht mit zivilen Kräften abgestimmt gewesen. Zwar hatte die Militärjunta im Dezember ein nationales Forum für Konsultationen durchgeführt, die Treffen wurden jedoch von vielen Teilen der Zivilgesellschaft boykottiert, da sie als Feigenblatt der Regierung wahrgenommen wurden. Mali blickt auf politisch sehr bewegte 18 Monate zurück, in denen das Militär unter Führung von Oberst Assimi Goita zweimal putschte. Seit der Absetzung von Interimspräsident Bah N’Daw im Mai 2021 bekleidet Goita selbst dieses Amt. Die ECOWAS reagierte ihrerseits bereits vor der Bekanntgabe des Fünfjahresplans besorgt auf die politische Situation im Land und hatte Sanktionen gegen malische Beamte verhängt (Pressespiegel KW50/2021). Darüber hinaus hatte sie auf die termingerechte Durchführung der Wahlen gedrängt und andernfalls mit wirtschaftlichen Sanktionen gegen den westafrikanischen Staat gedroht. Angesichts des nun vorgelegten Fünfjahresplans der malischen Militärregierung werden daher schwierige Gespräche für den nächsten ECOWAS-Sondergipfel zu Mali, der am 9. Januar in der ghanaischen Hauptstadt Accra stattfinden wird, erwartet. Auch über Westafrika hinaus stößt die malische Regierung derzeit verstärkt auf Kritik. Kurz vor Weihnachten verurteilte Deutschland gemeinsam mit einer Reihe von europäischen Partnern den Einsatz des russischen Söldnerunternehmens Wagner Group im Land. Die USA haben derweil zum 1. Januar dieses Jahres Mali auf Grund des verfassungswidrigen Regierungswechsels ein wichtiges Handelsabkommen, den African Growth and Opportunity Act (AGOA), aufgekündigt. Neben Mali sind auch das westafrikanische Guinea und das ostafrikanische Äthiopien von dieser Entscheidung betroffen.

 

Und sonst?

Der 1. Januar 2022 kennzeichnete den Übergang zu grüner Energie für den marokkanischen Schnellzug Al-Boraq. Der von der staatlichen Eisenbahngesellschaft ONCF betriebene Zug verbindet seit 2018 die Städte Casablanca und Tanger mit einer Geschwindigkeit von 320km/h, wodurch die Reisezeit zwischen den beiden Wirtschaftsmetropolen von fünf auf zwei Stunden reduziert werden konnte. Sein Stromverbrauch wird nun durch grüne Energie gedeckt, womit die ONCF kurzfristig ihren Kohlendioxidausstoß um 120.000 Tonnen CO₂ pro Jahr senken kann. Langfristig ist diese Maßnahme Teil der von König Mohammed VI. ins Leben gerufenen nationalen Energiestrategie, die darauf abzielt, bis 2030 mindestens 52 % der Strominfrastruktur des Landes mit erneuerbaren Energien zu betreiben.

 

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