KW 10/2021: Zwischen Aufruhr und Einigkeit
Pressespiegel 6.3.2021 bis 12.3.2021

Schwere Proteste im Senegal

Nachdem der Vorsitzende der Oppositionspartei PASTEF (Patriots of Senegal for Work, Ethics, and Fraternity) Ousmane Sonko vergangene Woche verhaftet wurde, erlebt der Senegal die gewaltvollsten Proteste seit vielen Jahren. Auf die landesweiten Unruhen reagiert die Polizei mit Wasserwerfern und Gewalt. Es wurden bereits zahlreiche Menschen verletzt, mindestens zehn starben. Darüber hinaus schränkte die Regierung um Präsident Macky Sall den Zugang zu sozialen Medien ein und schaltete zwei TV-Sender ab, die ausführlich über die Proteste berichtet hatten. Sonko, der bei den letzten Präsidentschaftswahlen 2019 noch den dritten Platz ergatterte, gilt inzwischen als führender Oppositioneller und stärkster Gegenspieler von Präsident Macky Sall. Der 46-Jährige ist besonders unter jungen Senegalesinnen und Senegalesen beliebt. Im Februar wurde er wegen Vergewaltigungsvorwürfen angeklagt, die Anschuldigungen weist er jedoch zurück. Seine Anhängerinnen und Anhänger werfen der Regierung politisches Kalkül vor, denn im Falle einer Verurteilung würde Sonko automatisch von den Wahlen 2024 ausgeschlossen werden. Bereits in der Vergangenheit sollen Oppositionellen von der Regierung um Präsident Sall mögliche Straftaten vorgeworfen worden sein, um ihnen politisch den Garaus zu machen. Inzwischen wurde der Oppositionsführer Anfang der Woche auf Kaution freigelassen, die Proteste in dem westafrikanischen Land gehen dennoch weiter. Neben der Festnahme Sonkos treibt auch die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierung Salls die landesweiten Proteste an. Bei seinem Machtantritt 2012 versprach Sall, die Wirtschaft anzukurbeln sowie Vetternwirtschaft und Korruption zu bekämpfen. Doch knapp zehn Jahre nach seinem Amtsantritt prägen noch immer eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, Korruptionsskandale und wachsende Ungleichheit das Land, welches Mitglied im Compact with Africa und seit 2019 Reformpartner Deutschlands im Rahmen des Marshallplans mit Afrika ist. Auch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie stoßen vor Ort auf Kritik. Die Proteste in dem als eine der stabilsten Demokratien Westafrikas geltenden Land gehen folglich mit Rufen wie „Free Senegal“ oder „Macky out“ mittlerweile über den Fall Sonko hinaus.

 

Libyens Parlament stimmt Übergangsregierung zu

Nach zwei Tagen intensiver Debatte stimmte das libysche Parlament am Mittwoch in Sirte dem neuen Kabinett des Interims-Premierministers Abdul Hamid Dbeibah zu. Mit diesem Vertrauensausspruch hat das Parlament einen wichtigen Schritt in Richtung der Beendigung eines Jahrzehnts des Chaos gemacht. Insgesamt stimmten 132 der 178 Abgeordneten für die von Dbeibah vorgeschlagenen Ministerinnen und Minister. Das neue Kabinett setzt sich aus 27 Ministerinnen und Ministern, sechs Staatsministern und zwei stellvertretenden Ministerpräsidenten zusammen. Die einflussreichen Positionen im Außen- und Justizministerium werden dabei erstmalig von Frauen besetzt. Erst Anfang Februar war Dbeibah, ein milliardenschwerer Geschäftsmann, in einem von den Vereinten Nationen begleiteten Prozess durch ein libysches Gremium gewählt und mit der Bildung der Übergangsregierung vertraut worden. Die Parlamentssitzung am Mittwoch war die erste vollständige Sitzung seit Jahren des Konflikts. Im Oktober vergangenen Jahres war es bereits zur Aushandlung eines Waffenstillstandes zwischen der von den Vereinten Nationen anerkannten Regierung und den Oppositionskräften unter General Haftar gekommen. Dennoch steht die neue Übergangsregierung vor großen Herausforderungen. Das nordafrikanische Land leidet unter einer schweren wirtschaftlichen Krise, hoher Arbeitslosigkeit und Inflation. Auf Grund der Involvierung zahlreicher Nationen in den libyschen Konflikt befinden sich außerdem über 20.000 Söldner im Land, deren Abzug nach dem Waffenstillstandsabkommen bis Ende Januar 2021 zwar vereinbart wurde, bisher aber noch nicht umgesetzt ist. Darüber hinaus muss sie neben den Parlamentswahlen auch Präsidentschaftswahlen in Libyen umsetzen, für die jedoch zunächst eine Verfassungsänderung notwendig wird, da das Amt des Präsidenten in der derzeitigen Verfassung nicht vorgesehen ist. Dabei hatte das Vertrauen in die gewählte Übergangsregierung gleich zu Beginn gelitten, als Vorwürfe von UN-Experten über Bestechungen bei der Wahl aufgekommen waren. Die Vereinten Nationen bezeichneten die aktuelle Entwicklung dennoch als „Meilenstein in der Geschichte“ des Landes. Laut des Parlamentsvorsitzenden Aguila Saleh soll die Regierung in einer späteren Sitzung in Bengasi vereidigt werden, das genaue Datum steht derzeit noch nicht fest. Die aktuellen Entwicklungen und Deutschlands Engagement in Libyen sind auch Gegenstand der Online-Diskussion “Sicherheitsvakuum in Europas südlicher Nachbarschaft – Libyen 10 Jahre nach dem Arabischen Frühling”, welche die Deutsche Afrika Stiftung gemeinsam mit der Konrad-Adenauer-Stiftung am kommenden Montag (15.3.) veranstaltet.

 

Und sonst?

Am vergangenen Montag, den 8. März, feierten Menschen in allen Teilen der Welt den Internationalen Weltfrauentag. Auch auf dem afrikanischen Kontinent wurde der Tag zelebriert. In Angola, Äquatorialguinea, Burkina Faso, Eritrea, Guinea-Bissau und Uganda ist der 8. März sogar ein gesetzlicher Feiertag – in Europa ist dies nur in Deutschlands Hauptstadt Berlin der Fall. Namibia kann sich derweil rühmen, sich erfolgreich für die Gleichberechtigung von Frauen in der Politik einzusetzen: Im letzten Jahr stieg der Anteil weiblicher Kabinettsmitglieder im Vergleich zu anderen afrikanischen Ländern am stärksten, von 15% auf 39%. Darüber hinaus liegt der afrikanische Kontinent bei der Einsetzung weiblicher Führungskräfte weltweit vorn – jedes vierte Vorstandsmitglied in afrikanischen Unternehmen ist eine Frau. Dennoch ist der Weg zur Gleichstellung der Geschlechter auch hier noch lang. Viele afrikanische Frauen haben daher die Feierlichkeiten auch genutzt, um ihre Stimme gegen Ungerechtigkeit, Sexismus und sexuelle Gewalt zu erheben. In der Republik Kongo etwa haben bekannte Künstlerinnen das Projekt „Tosala“ vorgestellt, welches sich aus einem Lied und einem Dokumentarfilm zusammensetzt. Das Lingala-Wort „Tosala“ drückt die Aufforderung zum Handeln aus und wird zudem als Aufruf zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen verstanden. Während der Song Frauen in allen Lebensbereichen ermutigen soll, das Schweigen zu brechen, sich gegenseitig aufzubauen und für Gleichberechtigung zu kämpfen, kommen im 26-minütigen Dokumentarfilm von sexueller Gewalt betroffene Frauen zu Wort, die über ihre Erfahrungen sprechen. In Marokko hat das Kreativstudio „Jawjab“ die Fotoserie #TaAnaMeToo („Ich auch, ich bin #MeToo“) veröffentlicht. Illustrierte Bilder erzählen die Schicksale von Frauen, die sexuelle Gewalt erfahren haben.

 

 

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