KW 25/2021: Wegweisend?
Pressespiegel 19.6.2021 bis 25.6.2021

Parlamentswahlen in Äthiopien

Vor dem Hintergrund steigender Spannungen im Land und inmitten des andauernden Konflikts in der nördlichen Region Tigray hat Äthiopien am vergangenen Montag Parlamentswahlen durchgeführt. Die ersten Parlamentswahlen seit 2015, die gleichzeitig die ersten freien und fairen Wahlen des Landes überhaupt werden sollten, waren ursprünglich für August 2020 angesetzt, wurden aber wegen der Corona-Pandemie und bewaffneter Konflikte zweimal verschoben. Insgesamt 38 Mio. Wählerinnen und Wähler waren für den Urnengang registriert, in 100 von 547 Wahlbezirken – darunter in ganz Tigray – konnte jedoch auf Grund der volatilen Sicherheitslage nicht abgestimmt werden. In den Gebieten, in denen gewählt wurde, war der Andrang laut der Nationalen Wahlbehörde (NEBE) groß, teilweise blieben die Wahllokale drei Stunden länger geöffnet als geplant. Für den amtierenden Premierminister Abiy Ahmed ist es das erste Mal, dass er sich seit seinem Amtsantritt im April 2018 in einer Wahl behaupten muss. Vieles deutet auf einen Wahlsieg seiner Einheitspartei Prosperity Party hin. So gilt die Opposition als zersplittert, da sie hauptsächlich aus regionalen Parteien besteht. Einige Oppositionsparteien prangern darüber hinaus an, dass ihre Vertreterinnen und Vertreter im Vorfeld der Wahlen mit immensen Repressalien seitens der Regierung zu kämpfen hatten. Deswegen haben etwa die beiden wichtigsten Parteien in der Zentralregion Oromia, der Oromo Federalist Congress und die Oromo Liberation Front, die Wahlen von Vornherein boykottiert. Am Wahltag selbst kritisierte auch die NEBE, dass oppositionelle Wahlbeobachterteams am Zutritt zu Wahllokalen gehindert worden seien. Der Leiter der Wahlbeobachtermission der Afrikanischen Union (AU) und ehemalige nigerianische Präsident Olusegun Obasanjo, berichtete dennoch, dass die Wahlen insgesamt geordnet und friedlich durchgeführt und demokratischen Kriterien gerecht wurden. Das Ergebnis wird innerhalb der nächsten Tage erwartet. Die Herausforderungen des Vielvölkerstaats am Horn von Afrika sind immens. Wurde Premier Abiy noch 2019 für den Friedensschluss mit Eritrea und seinen Reformeifer mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, so scheiterte sein Versuch, die ethnischen Spannungen im Land zu verringern und eine nationale Einheit herzustellen. Zuletzt war Abiy international auf Grund des seit letzten Herbst andauernden Krieges gegen die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) stark in die Kritik geraten. In Folge des Bürgerkrieges wurden bereits Millionen Menschen in die Flucht getrieben. Am Dienstag sorgte der jüngste Luftangriff auf einen Markt in der Konfliktregion, bei dem mindestens 64 Zivilistinnen und Zivilisten ums Leben gekommen sein sollen, für scharfe internationale Kritik.

 

Zweite Berliner Libyen-Konferenz

In Berlin luden diesen Mittwoch Außenminister Heiko Maas und UN-Generalsekretär Antonio Guterres zur zweiten Berliner Libyen-Konferenz ein. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Konferenz, die dieses Mal auf Außenminister-Ebene stattfand, waren neben den Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union, der Europäischen Union und der Arabischen Liga u.a. auch Vertreterinnen und Vertreter weiterer afrikanischer und arabischer Staaten, Chinas, Frankreichs, Russlands sowie der Türkei anwesend. Die zu Beginn des Jahres gegründete libysche Einheitsregierung (GNU) saß vertreten durch Premierminister Abdul Hamid Dbeiba und Außenministerin Najla al-Mangoush mit am Verhandlungstisch. Mit US-Außenminister Anthony Blinken nahm zum ersten Mal ein hochrangiger US-Vertreter am sogenannten Berliner Prozess teil. Im Zentrum der Konferenz standen der im Waffenstillstandsabkommen von Oktober 2020 vereinbarte Abzug aller ausländischen Kämpfer und Söldner sowie die Durchführung der für Ende dieses Jahres geplanten libyschen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen. Bei beiden Punkten gibt es Nachjustierungsbedarf: So sind laut aktuellen UN-Schätzungen trotz des vereinbarten Abzugs noch immer rund 20.000 ausländische Kämpfer und Söldner im Land und auch die Vorbereitungen der für den 24. Dezember geplanten nationalen Wahlen gehen nur schleppend voran. Premierminister Dbeiba forderte in seiner Rede das libysche Parlament auf, die notwendigen institutionellen und verfassungsrechtlichen Grundlagen für die erfolgreiche Durchführung von demokratischen Wahlen zu schaffen. Hier soll auf Wunsch der Anwesenden das UN-Gremium Libyan Political Dialogue Forum unterstützend zur Seite stehen. Der Abzug aller ausländischen Truppen und Söldner solle, so Maas, mit Hilfe eines Stufenplans geschehen, um ein mögliches Kräfteungleichgewicht zu verhindern – wie konkret und innerhalb welchen Zeitplans dies geschehen soll, blieb jedoch offen. Ebenfalls riefen die Beteiligten zur Einhaltung der UN-Sanktionen, insbesondere des UN-Waffenembargos, sowie des fragilen Waffenstillstandes auf. UN-Generalsekretär Guterres kündigte im Zuge dessen auch die Entsendung einer UN-Beobachtermission nach Tripolis an, um die Einhaltung des Waffenstillstandes zu überprüfen. Kritische Stimmen bewerten das Ergebnis der Konferenz als zu vages Bekenntnis zu den Zusagen der ersten Berliner Libyen-Konferenz und zeigen sich skeptisch gegenüber des tatsächlichen Abzugs ausländischer Kämpfer und Söldner. Auch bleibt es abzuwarten, ob es rechtzeitig gelingen wird, die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für freie und faire Wahlen zu legen und die politische und gesellschaftliche Spaltung des Landes zu überwinden.

 

Und sonst?

In Kamerun ging am vergangenen Sonntag im nationalen Staatsradio und anderen Medien ein neues Programm auf Sendung. Es wurde in Yaoundé von jungen Leuten ins Leben gerufen, die als Flüchtlinge aus verschiedenen afrikanischen Ländern wie dem Tschad und der Zentralafrikanischen Republik ins Land gekommen sind und nun über ihr Leben in Kamerun berichten, um auf Missstände in den jeweiligen Gemeinschaften aufmerksam zu machen. Die Sendung ist die erste ihrer Art, weitere Episoden sollen folgen. Das Radioprogramm bildet den ersten Teil eines Projekts, welches durch einen kleinen finanziellen Zuschuss vom Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNCHR) gefördert wurde. Im zweiten Teil folgt eine Ausbildung im Bereich Journalismus und Kommunikation durch den Internationalen Rat der französischsprachigen Radio- und Fernsehsender (CIRTEF). Langfristig hoffen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, selbst einen Radiosender gründen zu können, dessen Programm sich ausschließlich auf das Leben der Flüchtlinge in Kamerun fokussiert, um so die Öffentlichkeit weiter für das Thema zu sensibilisieren.

 

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