AU-EU Gipfel
Vom gestrigen Donnerstag bis zum heutigen Freitag fand in Brüssel der 6. AU-EU-Gipfel unter dem Motto Europa und Afrika: Eine gemeinsame Vision für 2030 statt. Der Gipfel hätte bereits im Herbst 2020 stattfinden sollen, war aufgrund der Pandemie jedoch mehrfach verschoben worden. Im Vorfeld des diesjährigen Gipfels wurde vielfach gefordert, die Grundlagen der Beziehungen zwischen dem europäischen und dem afrikanischen Kontinent neu zu definieren, um die alte Geber-Empfänger-Beziehung zugunsten einer strategischen, auf gemeinsamen Interessen basierenden Partnerschaft aufzugeben. Im Zuge der Coronapandemie hatte das europäisch-afrikanische Verhältnis angesichts der ungleichen Impfstoffverteilung und der aus afrikanischer Sicht ungerechtfertigt verhängten Reisebeschränkungen gelitten, entsprechend verhalten waren die Erwartungen an den Gipfel insbesondere auf Seiten der AU. Das Gipfeltreffen konzentrierte sich auf die Punkte Impfstoffgerechtigkeit und -produktion, die Ausgestaltung eines wirtschaftlichen und finanziellen New Deal, Klimaschutz und -gerechtigkeit, sowie Sicherheits- und Migrationsfragen. Im Bereich Gesundheit hatte die EU am vergangenen Montag die Forderung afrikanischer Länder abgelehnt, die Patente für Impfstoffe auszusetzen. In der Gemeinsamen Abschlusserklärung wird von freiwilligem Technologietransfer gesprochen, um die Impfstoffproduktion in Afrika in Gang zu bringen. Darüber hinaus wurde angekündigt, in Zusammenarbeit mit dem Africa Vaccine Acquisition Task Team (AVATT) bis Mitte 2022 450 Mio. Impfdosen für den afrikanischen Kontinent bereitzustellen. Im Rahmen des New Deal wurde das Global Gateway Africa-Europe Investment Package vorgestellt, das Investitionen in Höhe von 150 Mrd. Euro in Afrika in den Bereichen grüne Transition, Digitalisierung, Schaffung von Arbeitsplätzen, Gesundheit und Bildung über die nächsten sieben Jahre vorsieht. Als Teil des Anfang Dezember angekündigten Global Gateway Programme gilt die Initiative als die europäische Antwort auf die chinesische Belt and Road Initiative. Mit Blick auf Klimafragen war ein Hauptanliegen der AU die mögliche Finanzierung fossiler Energieträger seitens der EU. Die AU sieht die Nutzung von Gasvorkommen als unverzichtbar an, um den 600 Mio. Menschen, die derzeit noch keinen Zugang zu Strom haben, diesen zu ermöglichen. Die Abschlusserklärung bleibt diesbezüglich jedoch vage, es wird von der Anerkennung der Wichtigkeit der Nutzung vorhandener natürlicher Ressourcen gesprochen. In den Bereichen Sicherheit und Migration bekräftigten die AU und EU ihre Zusammenarbeit. Dabei wurde der Gipfel vom offiziellen französischen Truppenabzug aus Mali, der am Donnerstagmorgen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verkündet wurde, überschattet, wenngleich Mali selbst nicht auf der Tagesordnung stand und somit nur am Rande eine Rolle spielte. Insgesamt fallen erste Reaktionen auf den Gipfel verhalten aus, da insbesondere die Themen Verteidigung und Sicherheit sowie Migration und Klimawandel ohne konkrete Maßnahmen abgeschlossen wurden.
Außenministerin Baerbock in Ägypten
Auf der letzten Station ihrer Nahost-Reise traf Außenministerin Annalena Baerbock in Kairo den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi sowie ihren ägyptischen Amtskollegen Samih Schukri. Bei dem Besuch, der gleichzeitig ihrem ersten Staatsbesuch auf dem afrikanischen Kontinent entsprach, äußerte sich Baerbock u.a. über deutsche Rüstungsexporte, deren Genehmigung künftig, ausgenommen begründeter Einzelfälle, stärker von der Menschenrechtslage in den jeweiligen Kaufländern abhängig gemacht werden solle. Dafür sei ein Rüstungsexportkontrollgesetzentwurf in der zweiten Jahreshälfte geplant.Schukri unterstrich im Gegenzug, dass für Ägypten internationale Kooperation auf den Prinzipien von Respekt und der Nichteinmischung in innerer Angelegenheiten beruhe und seine bilateralen Beziehungen nicht an Bedingungen knüpfen werde. Auch betonte der ägyptische Außenminister die Notwendigkeit von Waffenlieferungen an sein Land mit dem Vorgehen gegen terroristische Gruppen im Sinne der nationalen Sicherheit sowie dem Schutz der Grenzen, der im Zuge der Eindämmung illegaler Migration direkte Auswirkungen auf Europa habe. Sollte Deutschland nicht mehr als Exporteur zur Verfügung stehen, werde sich Ägypten einen anderen Handelspartner suchen, so Schukri. Ägypten belegt seit drei Jahren einen Spitzenplatz in den deutschen Rüstungsstatistiken und sicherte sich 2021 unter der alten Bundesregierung vor allem See- und Luftverteidigungssysteme im Wert von 4,34 Mrd. Euro aus Deutschland. Die Lieferungen in den autoritären Staat werden angesichts der repressiven Politik al-Sisis kritisch gesehen. Schätzungen zufolge sollen sich ca. 65.000 Menschen in politischer Gefangenschaft befinden. Zudem gilt die Lage der Meinungs- und Pressefreiheit als verheerend. In den ägyptischen Medien dominierten folglich mit Investitionen, Sicherheitspolitik und Klimaschutz andere Gesprächsthemen die Berichterstattung rund um Baerbocks Besuch. Angesichts der vielfältigen sicherheitspolitischen Herausforderungen der Region und auf der Suche nach einer Lösung im Nahost-Konflikt gilt Ägypten auch trotz der innenpolitischen Missstände als wichtiger Partner Europas. Darüber hinaus wird der ägyptische Urlaubsort Scharm-el-Scheich im November Austragungsort der UN-Weltklimakonferenz (COP 27) sein.
Und sonst?
Am Mittwoch stellte das deutsche Unternehmen BioNTech eine mobile, in Schiffscontainern untergebrachte Impfstoffproduktionsfabrik vor, die die Herstellung von mRNA-Impfstoffen gegen das Coronavirus nach Afrika bringen und damit die Verfügbarkeit dringend benötigter Vakzine auf dem Kontinent verbessern soll. Die ersten sogenannten „BioNTrainer“ werden voraussichtlich in der zweiten Hälfte 2022 auf dem afrikanischen Kontinent eintreffen und sollen etwa 12 Monate nach der Lieferung an die endgültigen Standorte – Ruanda und Senegal, ggf. Südafrika – mit der Herstellung beginnen. BioNTech wird zunächst für die Lieferung und Installation der Module verantwortlich sein und die Anlagen mit Personal ausstatten. Später soll das Know-how an die örtlichen Mitarbeitenden weitergegeben werden, um einen unabhängigen Betrieb zu ermöglichen. Während die WHO die Entwicklung der BioNTrainer begrüßte, äußerten sich auch kritische Stimmen, die einen sofortigen Technologietransfer und Investitionen in die lokale Infrastruktur als kostengünstigere und schnellere Alternative sehen, um die Impfstoffproduktion in Afrika zu starten.