Oberstes Gericht in Simbabwe erklärt Teile des Patriotic Act für verfassungswidrig
Das Oberste Gericht von Simbabwe erklärte am vergangenen Freitag einen zentralen Abschnitt des kontroversen Criminal Law Codification and Reform Act, weithin bekannt als Patriotic Act, für verfassungswidrig. Geklagt hatten die zivilgesellschaftliche Organisation Media Alliance Zimbabwe und Journalist und Menschenrechtsaktivist Zenzele Ndebele. Sie argumentieren, dass das Gesetz in Teilen zu vage formuliert sei, grundlegende Rechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit massiv einschränke und somit gegen die simbabwische Verfassung verstoße.
Der sogenannte Patriotic Act trat nach Unterzeichnung von Präsident Emmerson Mnangagwa im Juli 2023, rund einen Monat vor den Präsidentschaftswahlen (Afrikapost aktuell 1/2023), in Kraft und sieht weitreichende Strafen für Äußerungen oder Handlungen vor, die als „vorsätzliche Schädigung der Souveränität und der nationalen Interessen Simbabwes“ gewertet werden können. Zu den Maßnahmen zählen auch lebenslange Haft, der Entzug der Staatsbürgerschaft sowie der Ausschluss vom Wahlrecht und von öffentlichen Ämtern für bis zu 15 Jahre. Die Klage richtete sich gegen zwei zentrale Passagen des Gesetzes: Abschnitt 22(A2), der Treffen zur Planung eines Regierungsumsturzes oder militärischer Interventionen gegen die Regierung Simbabwes unter Strafe stellt, sowie Abschnitt 22(A3), der Zusammenkünfte kriminalisiert, bei denen wirtschaftliche Sanktionen oder Boykott besprochen werden. Die Regelungen gelten gleichermaßen für Veranstaltungen bzw. Treffen im In- und Ausland und richten sich nicht nur an simbabwische Staatsbürgerinnen und -bürger.
In seinem Urteil erklärte Richter Rodgers Manyangadze Abschnitt 22(A3) für verfassungswidrig. Die Bestimmung sei zu ungenau (“vague”) formuliert, zu weit (“overbreadth”) gefasst und lasse dadurch Interpretationsspielraum zu. Dies könne die Ausübung zentraler, in der Verfassung verankerter Freiheitsrechte wie freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit und politische Beteiligung einschränken. Da die Strafmaßnahmen auf dieser unpräzisen Grundlage beruhten, seien auch sie nicht rechtens. Den ebenfalls beanstandeten Abschnitt 22(A2) bestätigte das Gericht hingegen. Er sei ausreichend klar definiert, verfolge ein legitimes Ziel und werde als notwendig für den Schutz der staatlichen Souveränität angesehen.
Menschenrechtsorganisationen und zivilgesellschaftliche Gruppen bewerteten das Urteil als wichtigen Etappensieg im Kampf gegen die repressive Gesetzgebung in Simbabwe. Human Rights Watch sprach von einem “positiven Schritt”, mahnte jedoch, der Patriotic Act müsse insgesamt aufgehoben werden, da er weiterhin eine ernsthafte Bedrohung für die Grundrechte darstelle. Auch die durch die Zimbabwe Lawyers for Human Rights vertretenen Kläger sowie weitere simbabwische Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger begrüßten das Urteil. Es mache Mut, sich auch künftig juristisch gegen Gesetze zu wehren, die in der Verfassung verankerte Freiheitsrechte einschränkten.
Seit der Machtübernahme von Präsident Mnangagwa 2017 hat sich der politische Handlungsspielraum für die Zivilgesellschaft weiter verengt, statt sich wie damals angekündigt zu öffnen. Jüngstes Beispiel ist der im April 2025 in Kraft getretene Private Voluntary Organisations Amendment Act, der staatlichen Behörden weitreichende Eingriffsrechte gegenüber Nichtregierungsorganisationen einräumt. So erlaubt das Gesetz etwa die Auflösung und Beschlagnahmung von Vermögenswerten registrierter Nichtregierungsorganisationen, die als “politisch motiviert” gelten. Menschenrechtsgruppen sehen darin einen gezielten Versuch, den zivilgesellschaftlichen Raum massiv einzuschränken. Viele sprechen von einem weiteren „Schlag gegen die organisierte Zivilgesellschaft“. Vor diesem Hintergrund gilt das Urteil des Obersten Gerichts nicht nur als juristischer Erfolg, sondern auch als möglicher Anstoß für weitere verfassungsrechtliche Prüfungen. Ob es künftig als Präzedenzfall dienen kann, um gegen ähnliche Gesetze vorzugehen, bleibt abzuwarten. Doch für viele in der Zivilgesellschaft ist es ein Zeichen, dass sich der Gang vor Gericht lohnen kann.
Bereits seit der Veröffentlichung 2023 äußerten sich diverse Menschenrechtsorganisationen kritisch zum Patriotic Act. Amnesty International sprach von einem schweren Angriff auf die freie Meinungsäußerung und auch die United Nations Commission on Human Rights bezeichnete das Gesetz als Bedrohung für die Zivilgesellschaft.
Zuletzt wurde der Journalist Blessed Mhlanga im Februar unter Berufung auf den Patriotic Act in Untersuchungshaft genommen. Ihm wird die „Übermittlung von Nachrichten, die zu Gewalt oder Sachbeschädigung aufrufen“ vorgeworfen. Vor seiner Festnahme hatte er einen Kriegsveteranen und ehemaligen Zanu-PF-Politiker interviewt, der den simbabwischen Präsidenten Mnangagwa kritisierte. Mhlanga wurde inzwischen aus der Untersuchungshaft entlassen, sein Verfahren ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Man hofft, dass das Urteil des Obersten Gerichts in Harare ein Signal für besseren Schutz grundlegender Freiheitsrechte setzt und sich positiv auf Mhlanga und zukünftige Fälle auswirken könnte.
Dreimonatiges Sendeverbot für RFI und France 24 in Togo
Am Montag verkündete die togoische Medienaufsichtsbehörde das Sendeverbot für die staatlich finanzierten französischen Nachrichtensender Radio France Internationale (RFI) und France 24 für drei Monate. Die Sender hätten wiederholt gegen journalistische Sorgfaltspflichten und die Pflicht zur Unparteilichkeit verstoßen, begründete die Haute Autorité de l’Audiovisuel et de la Communication (HAAC) ihre Entscheidung. Diese Versäumnisse seien bereits mehrfach gemeldet und offiziell kritisiert worden, heißt es in der entsprechenden Mitteilung. Welche konkreten Beiträge der Sender zu dieser Entscheidung geführt hatten, ließ die Behörde jedoch offen.
Beide Rundfunkanstalten hatten in den vergangenen Wochen über die Anti-Regierungsproteste in Togos Hauptstadt Lomé berichtet. Diese richteten sich neben steigenden Strompreisen vor allem gegen die jüngsten Verfassungsänderungen und die damit einhergehende neue Rolle von Präsident Faure Gnassingbé, der seit Mai Vorsitzender des Ministerrats ist. Diese Position ist nicht an eine feste Amtszeitbegrenzung gebunden und stärkt seine politische Macht erheblich (Pressespiegel KW 19/2025). Aus verschiedenen gesellschaftlichen Lagern, darunter Opposition, Menschenrechtsorganisationen sowie Aktivistinnen und Aktivisten, wird im Zusammenhang mit der Verfassungsänderung der Vorwurf eines inszenierten Verfassungsputsches erhoben. Bei den Protesten Anfang Juni wurden mehrere Dutzend Demonstrierende verhaftet. Nach offiziellen Angaben wurden etwa 50 Personen inzwischen wieder freigelassen. Menschenrechtsorganisationen berichteten jedoch von Fällen von physischer Gewalt während der Inhaftierung. Seither mehren sich aus der Opposition lautstarke Forderungen nach dem Rücktritt von Präsident Gnassingbé.
In einer gemeinsamen Stellungnahme erklärten die Verantwortlichen von RFI und France 24, man sei von der Suspendierung ihrer Sendungen ohne vorherige Ankündigung überrascht worden. Man halte auch weiterhin an den ethischen Grundsätzen des Journalismus fest und sei bereit, Missverständnisse mit den Behörden aufzuklären. Medienorganisationen wie Reporter ohne Grenzen bewerten die Suspendierung der beiden französischen Nachrichtensender als schweren Angriff auf die Medienfreiheit und das Recht auf Information, wodurch die innenpolitischen Unruhen in dem westafrikanischen Land weiter angeheizt werden könnten. Fabrice Petchez, Vorsitzender des Observatoire Togolais de Médias , erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press, er könne die Entscheidung der Medienaufsichtsbehörde zwar nachvollziehen, unterstütze diese jedoch nicht.
In Togo wurden zuletzt wiederholt Einschränkungen der Medien- und Pressefreiheit dokumentiert. So berichtete unter anderem das Committee to Protect Journalists (CPJ) von der Verhaftung der Journalistin Flore Monteau vom französischen Sender TV5 Monde während der Anti-Regierungsproteste am 6. Juni. Dabei wurde sie gezwungen, Bild- und Videomaterial von den Demonstrationen zu löschen. Auch frühere Fälle dieser Art von Zensur durch Strafverfolgungsbehörden sind bekannt. Im September vergangenen Jahres wurden zudem sechs Journalistinnen und Journalisten, die über die Sitzung einer Oppositionspartei berichtet hatten, physisch angegriffen.
Die politische Situation in Togo bleibt weiterhin angespannt. Trotz des seit 2022 geltenden Demonstrationsverbots, das im Zuge eines tödlichen Anschlags auf den Hauptmarkt in Lomé verhängt wurde, sind neue Proteste angekündigt. Die Oppositionsparteien Alliance Nationale pour le Changement (ANC) und Forces Démocratiques pour la République (FDR) wie auch zivilgesellschaftliche Gruppierungen riefen am vergangenen Donnerstag die Bevölkerung zu Aktionen des zivilen Ungehorsams ab kommenden Montag auf.
Und sonst?
Am Mittwoch wurde Südafrikas Herren-Cricket-Team, die Proteas, am Flughafen von Johannesburg von jubelnden Fans begrüßt, nachdem sie am Wochenende die ICC World Test Championship gewonnen hatten. Das Finale gegen Australien, das vom 11.-14. Juni im Lord’s Cricket Ground in England stattfand, konnten die Südafrikaner in einem historischen Sieg durch fünf Wickets am vierten Spieltag für sich entscheiden. Es ist das erste Mal, dass die südafrikanische Nationalmannschaft, die als Außenseiter in den Wettbewerb ging, diesen gewinnt. Kapitän Temba Bavuma betonte, dass dies ein besonderer Moment für die Mannschaft und die Fans zuhause sei. Die World Test Championship ist als Weltmeisterschaft das prestigeträchtigste Turnier im traditionellen Test-Cricket. Sie läuft über einen Zeitraum von zwei Jahren, in dem neun Nationalmannschaften in einer Punktetabelle gegeneinander antreten. Die beiden besten Teams qualifizieren sich für das Finale. Südafrika ist die drittälteste Nationalmannschaft in der Disziplin und bestritt seinen ersten Test 1889 gegen England. Allerdings wurde das Land während der Apartheid-Ära vom internationalen Cricket ausgeschlossen. Erst 1991, nach Beginn der Verhandlungen zum Ende der Apartheid, wurde Südafrika vom ICC-Weltverband wieder als Test-Cricket-Nation aufgenommen. Seither hat Südafrika ein Quotensystem eingeführt, um auch Spielern aus zuvor benachteiligten Bevölkerungsgruppen besseren Zugang zum Leistungssport zu ermöglichen.
Veranstaltungshinweis
Vom 4. bis 6. Juli 2025 findet auf dem Friedensplatz in Dortmund das 14. Afro Ruhr Festival statt. Veranstaltet vom Africa Positive e.V. in Kooperation mit lokalen Partnerinnen und Partnern, präsentiert es ein vielfältiges Programm mit Live-Musik, Tanz, Kulinarik und Kultur. Eröffnet wird das Fest am Freitagnachmittag mit einem bunten Afrika-Basar und einem vielfältigen Kultur- und Musikprogramm. Dazu zählen unter anderem Reggae- und Hip-Hop-Musiker Mellow Mark sowie die ghanaische Band FRA!. Am Samstag ist die Afrofusion-Band Mokoomba aus Simbabwe zu Gast. Begleitet wird das Festivalwochenende von einem internationalen DJ-Team mit einem breiten musikalischen Spektrum von Afrobeats bis Salsa. Ein Highlight ist die „Parade der Vielfalt“ am Samstag um 15 Uhr, die unter dem Motto „Vielfalt in Einheit“ durch die Innenstadt Dortmunds zieht. Wer mit einer eigenen Gruppe aktiv teilnehmen möchte – etwa mit Musik, Tanz, Plakaten oder Kostümen – kann sich noch bis zum 20. Juni online anmelden. Weitere Informationen zum Programm und zur Parade gibt es hier.