Pressespiegel KW 34/2023: Bündnisse und Rivalitäten
Pressespiegel 18.8.2023 bis 25.8.2023

BRICS-Gruppe nimmt sechs weitere Staaten auf

Vom 22. bis 24. August fand in Johannesburg, Südafrika, der 15. BRICS-Gipfel statt. Neben Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa, der aktuell den Vorsitz des Staatenblocks innehat, nahmen auch Chinas Präsident Xi Jinping, der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und Indiens Premierminister Narendra Modi teil. Der russische Präsident Wladimir Putin hingegen nahm, wie bereits im Juli angekündigt, nur virtuell teil und wurde vor Ort von Außenminister Sergei Lavrov vertreten. Darüber hinaus waren über 60 weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter mehr als 30 Staats- und Regierungschefs aus Afrika, beim Gipfel vertreten. Im Fokus  stand die im Vorfeld viel diskutierte mögliche Erweiterung des Staatenblocks. Insgesamt 23 Staaten hatten sich offiziell um eine Mitgliedschaft beworben und weitere ihr Interesse bekundet. Am Donnerstag verkündete Ramaphosa schließlich die Erweiterung der BRICS-Gruppe um sechs Staaten. Ab dem 1. Januar 2024 sollen demnach Argentinien, Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate ebenfalls dem Fünferbund angehören. Ein entsprechendes Dokument zur Regelungen zukünftiger Mitgliedschaften wurde am Mittwoch angenommen; der genaue Inhalt des Dokuments ist allerdings nicht bekannt. Nach der Erweiterung zur „BRICS Plus“ werden in den Ländern des Blocks dann über 37 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung erwirtschaftet und 46 Prozent der Weltbevölkerung leben, wodurch die Staatengruppe enorm an wirtschaftlichem und geopolitischem Gewicht gewinnt. Gleichzeitig erhöht dieser Schritt auch die Heterogenität innerhalb der Staatengruppe, was zukünftige Entscheidungsprozesse weiter erschweren könnte. Ramaphosa kündigte zudem am Ende des Gipfels an, dass zusätzliche Erweiterungsrunden folgen würden. Ein weiteres Augenmerk des Gipfels lag auf den Gesprächen über eine gemeinsame Währung der BRICS-Staaten. Ziel einer solchen Währung wäre die Stärkung des Handels untereinander und gleichzeitig eine Verringerung der Abhängigkeit vom US-Dollar. Während sich Brasiliens Präsident Lula da Silva für die Einführung einer gemeinsamen Währung stark machte, zeigten sich die übrigen Staats- und Regierungschefs etwas zurückhaltender. Entsprechend einigte man sich laut Abschlussdokument zunächst darauf, den Handel untereinander verstärkt in den Landeswährungen statt in US-Dollar abzuwickeln. Die Umsetzung dessen sollen die Zentralbankchefs und Finanzminister der Mitlgiedsstaaten ausarbeiten und beim nächsten BRICS-Gipfel, der im Oktober 2024 in Russland stattfinden soll, vorstellen. Eröffnet wurde der Gipfel am Dienstag mit einem Wirtschaftsforum, auf dem Putin in seiner Videobotschaft noch einmal sein im Rahmen des Russland-Afrika-Gipfels Ende Juli gemachtes Versprechen bekräftigte, kostenloses Getreide an sechs afrikanische Staaten zu liefern (Pressespiegel KW 30/2023). Im Vorfeld des Gipfels trafen Südafrikas Präsident Ramaphosa und sein chinesischer Amtskollege zu bilateralen Gesprächen zusammen. Im Vordergrund standen hierbei der Krieg in der Ukraine sowie die weitere Stärkung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Staaten. Entsprechend wurden mehrere Kooperationsabkommen für verschiedene Handels- und Wirtschaftssektoren geschlossen. Obwohl es sich bereits um den 15. BRICS-Gipfel handelt, lenkte dieser international besonders viel Aufmerksamkeit auf sich – nicht nur aufgrund der Spekulationen über Putins Teilnahme in persona und Südafrikas Haltung zum internationalen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten. Insbesondere die mögliche Erweiterung des Blocks wurde angesichts der aktuellen geopolitischen Lage aufmerksam verfolgt, nachdem sich die BRICS Staaten hier lange Zeit als uneinig zeigten. Während Russland und China sich für eine Öffnung und somit Stärkung der Allianz gegenüber dem Westen stark machten, standen Brasilien, Indien und Südafrika einer Öffnung deutlich kritischer gegenüber und befürchteten zum einen den Verlust von Einfluss innerhalb des Bündnisses zum anderen, wie insbesondere Lula da Silva und Ramaphosa betonten, eine verstärkte Blockbildung gegenüber dem Westen.

Tschadische Rebellen beenden Waffenstillstand

Am Samstag verkündete die tschadische Rebellengruppierung Front für Wandel und Eintracht im Tschad (FACT) das sofortige Ende des Waffenstillstands, der 2021 nach dem Tod von Präsident Idriss Déby mit der Übergangsregierung geschlossen worden war. Vorausgegangen war die Bombardierung eines FACT-Stützpunktes vergangenen Mittwoch, für den die Rebellengruppe das Militär verantwortlich machte und als Kriegshandlung der Übergangsregierung bezeichnete. Bei dem Angriff sollen laut FACT drei Menschen ums Leben gekommen sein. Am Sonntag rechtfertigte Interimspräsident Mahamat Idriss Déby Itno den Angriff – die Armee habe eingreifen müssen, nachdem FACT-Rebellen im Norden des Landes von Libyen aus in tschadisches Gebiet eingedrungen seien. In einer Fernsehansprache forderte Déby Itno, der sich aktuell selbst auf einem Frontbesuch nahe der libyschen Grenze befindet, die Rebellengruppe auf, ihre Waffen niederzulegen. Die aktuelle Entwicklung deutet auf eine mögliche Wiederaufnahme der Kämpfe zwischen den Sicherheitskräften der Regierung und der FACT hin. 2021 war der damalige Präsident Idriss Déby bei Kampfhandlungen mit den Rebellen ums Leben gekommen, woraufhin sein Sohn Déby Itno zum Chef des militärischen Übergangsrats und somit de facto zum Präsidenten des Landes erklärt wurde. Nach Verstreichen der angekündigten 18-monatigen Frist für einen Übergang zu einer zivilen Regierung kam es im Oktober letzten Jahres zu Demonstrationen und teils heftigen Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften, bei denen nach offiziellen Angaben mindestens 50 Menschen getötet wurden. Die Militärregierung konnte sich jedoch an der Macht halten und es wurden erneut Wahlen angesetzt, diesmal für das Jahr 2024. Die FACT ist nur eine von rund 47 Rebellengruppen in dem Sahelstaat, gehört jedoch nicht zu den 42 Gruppierungen, die 2022 ein unter Vermittlung von Katar ausgehandeltes Friedensabkommen mit der Übergangsregierung unterzeichnet hatten. Der autokratisch regierte Tschad gilt als verlässlicher Partner des Westens im Kampf gegen den Terrorismus in der Region. Vor allem zu Frankreich pflegt man enge Beziehungen, auch im militärischen Bereich. Infolge des Putsches im benachbarten Niger (Pressespiegel KW 33/2023) gewinnt die Rolle des Tschads zunehmend an Bedeutung. Während die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS Sanktionen gegen Niger verhängt hat und die Möglichkeit einer militärischen Intervention durch die Streitkräfte ihrer Mitgliedstaaten weiterhin im Raum steht, bemüht sich die Regierung des Tschads, welcher Mitglied der Zentralafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (CEEAC) ist, um eine vermittelnde Rolle. Nur eine Woche nach der Absetzung und Inhaftierung des demokratisch gewählten nigrischen Präsidenten Mohamed Bazoum war Déby in das Nachbarland gereist, um sowohl Bazoum als auch Vertreter der neuen Militärregierung zu treffen. Die Bedeutung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern wurde abermals durch den vom Militär eingesetzten neuen Premierminister Nigers, Ali Lamine Zeine, unterstrichen, der bereits wenige Tage nach seiner Ernennung durch den Nationalrat zur Rettung des Vaterlandes (CNSP) in den Tschad reiste, um Gespräche mit Débys Übergangsregierung zu führen.

Wahlen in Simbabwe

Am Mittwoch öffneten in Simbabwe die Wahllokale zur Stimmabgabe in den Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen. Dabei kam es jedoch in einigen Wahlkreisen aufgrund fehlender Stimmzettel zu erheblichen Verzögerungen. Laut Opposition sowie internationalen Beobachterinnen und Beobachtern waren vor allem Wahlkreise betroffen, die als Oppositionshochburgen gelten. Infolgedessen verkündete Präsident Emmerson Mnangagwa von der Regierungspartei  Zimbabwe African National Union – Patriotic Front (ZANU-PF) eine Verlängerung der Wahl in einigen Wahlkreisen um einen Tag in einigen Wahlkreisen und -bezirken. Bisher konnte sich nach offiziellen Angaben der nationalen Wahlkommission (ZEC) die ZANU-PF 38  Sitze und die größte Oppositionspartei, die Citizens Coalition for Change (CCC) unter der Führung von Mnangagwas Hauptherausforderer Nelson Chamisa, 32 der insgesamt 210 zur Wahl stehenden Parlamentssitze sichern. Das Ergebnis der Präsidentschaftswahl wird in fünf Tagen erwartet. Derweil veröffentlichte die Wahlbeobachtungsmission der Europäischen Union heute Nachmittag in Harare ihre vorläufige Erklärung. Dementsprechend sei der Wahltag weitestgehend ruhig, wenn auch chaotisch abgelaufen, dennoch sei der Wahlprozess an sich durch eingeschränkte Rechte, fehlende Chancengleichheit, Einschüchterung sowie Intransparenz und mangelnder Unabhängigkeit der ZEC geprägt gewesen. Entsprechend seien verschiedene internationale sowie regionale Standards für Wahlen nicht eingehalten worden. Informationen zum Hintergrund der Wahlen sowie die damit verbundenen Chancen und Herausforderungen werden in der neuen Ausgabe der Afrikapost aktuell diskutiert.

Und sonst?

Vom 19. bis 27. August wird in Budapest die Leichtathletik-Weltmeisterschaft ausgetragen. Auch in diesem Jahr zeigen die afrikanischen Sportlerinnen und Sportler bemerkenswerte Leistungen. Im 100-Meter-Lauf der Männer gewann der 20-jährige Letsile Tebogo aus Botsuana mit einer beeindruckenden Zeit von 9,88 Sekunden die Silbermedaille – die erste Weltmeisterschaftsmedaille für den afrikanischen Kontinent in dieser Disziplin. Nicht nur im Sprint, sondern auch auf den Mittelstrecken waren die afrikanischen Athletinnen und Athleten erfolgreich. Die Kenianerin Faith Kipyegon gewann bereits zum dritten Mal in Folge die Goldmedaille über 1.500 Meter. Im 3.000-Meter-Hindernislauf der Männer sicherte sich der Olympiasieger Soufiane El Bakkali aus Marokko seinen zweiten aufeinanderfolgenden Weltmeistertitel und übertraf dabei den äthiopischen Weltrekordhalter Lamecha Girma. Im Medaillenspiegel belegt Äthiopien bisher mit sechs Medaillen den sechsten Platz, gefolgt von Kenia mit bisher drei Medaillen auf Platz sieben. Auch Botsuana, Burkina Faso, Marokko und Uganda konnten Siege mit jeweils einer Medaille feiern. Die Leichtathletik-WM, die noch bis zum kommenden Sonntag andauert, verspricht weitere spannende Momente und sportliche Höchstleistungen.

Neue Podcastfolge von Dialogues with Dee

In ihrer neuesten Podcastfolge spricht unsere Bundeskanzler-Stipendiatin Dambisa Dube mit Uta Lehmann, Projektkoordinatorin der Hanns-Seidel-Stiftung in Südafrika, die das Projekt Civics Academy leitet. Die beiden diskutierten über die Bedeutung der politischen Bildungsarbeit vor dem politischen-gesellschaftlichen Hintergrund Südafrikas und über die Möglichkeiten, die Arbeit mit Hilfe digitaler Methoden und Maßnahmen zu multiplizieren. Hier geht es zur Folge.

Veranstaltungshinweis

African Book Festival Berlin 2023

Heute startet in der Alten Münze am Alexanderplatz die fünfte Auflage des African Book Festivals Berlin. Die Veranstaltung wird jährlich von InterKontinental e.V., einem gemeinnützigen, politisch unabhängigen Verein organisiert und versammelt renommierte Autorinnen und Autoren sowie Künstlerinnen und Künstler aus Afrika und der Diaspora. Das Festival bietet bis zum 27. August ein vielfältiges Programm aus Lesungen, Diskussionsrunden, Buchpremieren und Konzerten. Über 30 Autorinnen und Autoren sowie Künstlerinnen und Künstler, darunter Leila Aboulela, Fiston Mwanza Mujila, Laila Lalami und C. A. Davids werden erwartet. Begleitet wird das Programm von einem Büchertisch, Food-Trucks mit afrikanischer Küche sowie Marktständen für Mode, Kunst und Handwerk.

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