Pressespiegel KW 39/2024: Aus Überzeugung
Pressespiegel 20.9.2024 bis 27.9.2024

Afrikanische Forderungen bei der UN-Generaldebatte

 

Am Dienstag hat der kamerunische Präsident der UN-Generalversammlung Philémon Yang die 79. UN-Generaldebatte in New York eröffnet. Mehr als 140 Staats- und Regierungschefs waren eingeladen, um unter dem Motto “Leaving no one behind” über die Förderung von Frieden, nachhaltiger Entwicklung und Menschenwürde für heutige und künftige Generationen zu diskutieren. Im Zentrum der Debatte standen bisher insbesondere die andauernde Gewalt im Nahen Osten und der Ukraine sowie die afrikanischen Forderungen nach einer Reform des UN-Sicherheitsrats.

So kritisierte unter anderem Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa in seiner Rede am Dienstag Israels militärisches Vorgehen in Gaza scharf und warnte die internationale Gemeinschaft vor einer selektiven Anwendung des Völkerrechts. Die Angriffe der Hamas vom 7. Oktober 2023, bei denen 1.200 Menschen ums Leben kamen, habe Südafrika klar verurteilt, dennoch würde man nicht schweigend dabei zusehen, wie in Gaza Apartheid verübt und Palästinenserinnen und Palästinenser kollektiv für die Gräueltaten der Hamas bestraft würden, betonte Ramaphosa. Südafrika hatte am 29. Dezember vergangenen Jahres Klage wegen Völkermords gegen Israel beim Internationalen Gerichtshof (IGH) eingereicht. Vor der UN-Vollversammlung forderte Ramaphosa nun erneut einen sofortigen Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln und sprach sich für die Zwei-Staaten-Lösung aus. Der angolanische Präsident João Lourenço bekräftigte zwar Israels Recht, sein Territorium zu schützen und die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, stimmte jedoch Südafrika in der Bewertung der israelischen Militärschläge als Genozid zu.

Julius Maada Bio, der Präsident von Sierra Leone, äußerte sich ebenfalls zu den aktuellen Konflikten und rief zu einem sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen, im Sudan, im Osten der Demokratischen Republik Kongo und in der Ukraine auf. Dabei appellierte er an die Vereinten Nationen, Friedensinitiativen unter afrikanischer Führung stärker zu unterstützen. Sierra Leone sei ein Paradebeispiel dafür, wie Frieden durch Dialog und die Unterstützung von Organisationen wie der UN und der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) erreicht werden könne, betonte Bio und schloss sich damit den Forderungen zahlreicher afrikanischer Führungspersönlichkeiten nach einer Reformierung des UN-Sicherheitsrates und einer stärkeren Beteiligung des afrikanischen Kontinents an. Konkret geht es dabei um die bereits im Ezulwini-Konsens der Afrikanischen Union 2005 festgehaltene Forderung nach zwei ständigen Sitzen, einschließlich des Vetorechts, sowie drei nicht-ständigen Sitzen im Sicherheitsrat. Auch Deutschland unterstützt diese Forderungen. Vor Beginn der UN-Vollversammlung hatten nun die USA als erste Vetomacht im Sicherheitsrates ihre Unterstützung für die Schaffung zweier ständiger Sitze für Afrika angekündigt, ein Vetorecht jedoch abgelehnt.

Auch beim sogenannten Zukunftsgipfel der UN, der von Sonntag bis Montag ebenfalls in New York stattfand, spielten die Sicherheitsratsreformen eine wichtige Rolle. Eröffnet von Bundeskanzler Olaf Scholz und dem namibischen Präsidenten Nangolo Mbumba, wurde beim Gipfel mit dem “Pakt für die Zukunft” ein umfassendes Reformpaket für die UN verabschiedet. Der Fokus liegt dabei auf den Kernbereichen nachhaltige Entwicklung, Frieden, Wissenschaft, Jugend und globale Institutionen; ein Digital-Pakt fordert zusätzlich Leitlinien für den Umgang mit Technologierevolutionen, Cybercrime und Cybersicherheit sowie Künstlicher Intelligenz. Dabei haben Länder des Globalen Südens wichtige Zugeständnisse im Zukunftspakt erreicht. So sollen die Weltbank und der Internationale Währungsfonds Maßnahmen zur Eindämmung der Überschuldung finden, die Kreditvergabekapazitäten der Entwicklungsbanken stärken und den Ländern des Globalen Südens mehr Mitsprache bei der Entscheidungsfindung in den internationalen Finanzinstitutionen einräumen, um die Finanzierung der Klimaanpassung und Energiewende zu gewährleisten. Darüber hinaus verpflichtet sich die UN zur Reform des Sicherheitsrates mit erstmals konkreten Plänen zur Verbesserung der Effizienz und Repräsentativität des Gremiums, einschließlich der Beseitigung der historischen Unterrepräsentation Afrikas als Priorität. Die Umsetzung dieser Reform erfordert jedoch eine umfassende Änderung der UN-Charta, die von zwei Dritteln der UN-Mitglieder, einschließlich der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats, genehmigt werden muss. Die Vollversammlung der UN endet am kommenden Montag.

 

 

Neue Verhaftungswelle in Tansania

 

In Tansania sind am Montag erneut mehrere Oppositionspolitikerinnen und -politiker kurzzeitig festgenommen worden, darunter der Vorsitzende der Partei Chama cha Demokrasia na Maendeleo (CHADEMA), Freeman Mbowe, und sein Stellvertreter Tundu Lissu. Beide wurden am Abend auf Kaution wieder freigelassen. Die Festnahmen erfolgten in der Küstenstadt Dar es Salaam im Vorfeld einer geplanten Demonstration gegen die jüngsten mutmaßlichen Entführungen und Ermordungen von Parteimitgliedern. So war unter anderem der Leiter des Nationalen Sekretariats, Ali Mohamed Kibao, Anfang September tot aufgefunden worden, wofür CHADEMA die Sicherheitskräfte verantwortlich macht. Die Polizei hatte die Demonstration verboten, nachdem Präsidentin Dr. Samia Suluhu Hassan vergangene Woche von Protesten abgeraten und betont hatte, dass ihre Regierung keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung dulden würde. Die CHADEMA hielt trotz des Verbots an der Organisation der Kundgebung fest.

Bereits am Wochenende war die Polizei mit einem Großaufgebot und Wasserwerfern in den Straßen von Dar es Salaam präsent, um Proteste zu verhindern. Nach Angaben der Polizei wurden insgesamt 14 Personen wegen Verstoßes gegen das Demonstrationsverbot festgenommen, darunter auch Mbowe und Lissu.

Das politische Klima in Tansania, wo Ende des Jahres Kommunalwahlen sowie im kommenden Jahr Parlaments- und Präsidentschaftswahlen anstehen, verschärft sich somit weiter und trübt die Hoffnungen auf politische Reformen unter Suluhu Hassan von der Chama Cha Mapinduzi Party (CCM), die im März 2021 als erste Frau das Präsidentenamt übernahm. Erst im August wurden rund 520 CHADEMA-Mitglieder bei einer geplanten Kundgebung der Jugendorganisation der Partei in Mbeya verhaftet (Pressespiegel KW 33/2024). Menschenrechtsgruppen und diplomatische Vertretungen, darunter auch die US-Botschaft, forderten eine unabhängige Untersuchung, während Präsidentin Suluhu Hassan vor einer Einmischung von außen warnte. Kritikerinnen und Kritiker, wie z.B. Amnesty International, sehen in dem Vorgehen der Regierung eine Strategie, die Opposition vor den anstehenden Wahlen zu unterdrücken. Diese hat bereits angekündigt, ihren Widerstand fortzusetzen. Es bleibt abzuwarten, ob die Präsidentin den politischen Druck weiter erhöhen oder auf einen Dialog mit der Opposition setzen wird.

 

 

Und sonst?

 

Im Südsudan ist die Pilotphase einer neuen KI-App gestartet, mithilfe derer Schlangenbisse schneller und präziser behandelt werden sollen. Die von Médecins Sans Frontières (MSF) mitentwickelte Software nutzt eine Datenbank mit 380.000 Schlangenbildern zur Identifikation giftiger Arten und hilft so bei der Wahl des richtigen Gegenmittels. Bisher wird die Software in zwei Krankenhäusern eingesetzt und zeigt bereits vielversprechende Ergebnisse. So kann die KI inzwischen beispielsweise zwischen Bissen von giftigen Schlangen wie der Ägyptischen Kobra oder der Schwarzen Mamba und der harmlosen Arten wie der Afrikanischen Hausschlange unterscheiden. Zur Weiterentwicklung der Software sammeln die MSF-Teams im Südsudan qualitativ hochwertige Fotos von Schlangenbissen, die dann von der One Health Unit der Universität Genf und der Innovationsabteilung von MSF in der Schweiz in die Datenbank der Software eingespeist werden. Die Afrikanische Union und regionale Organisationen haben diese innovative Lösung begrüßt, da Schlangenbisse in vielen Regionen Afrikas ein großes Problem darstellen. MSF zufolge sterben in Subsahara-Afrika jährlich mehr als 20.000 Personen daran. Südsudan verzeichnet dabei, insbesondere während der Regenzeit, eine besonders hohe Zahl. Technologische Lösungen wie die KI-App könnten künftig auch in abgelegenen Gemeinden einen verbesserten Zugang zur Gesundheitsversorgung ermöglichen.

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