Äthiopiens Parlament wählt neuen Präsidenten
Am Montag haben die beiden Kammern des äthiopischen Parlaments in Addis Abeba den bisherigen Außenminister Taye Atske Selassie zum Präsidenten gewählt. Bei der Abstimmung im House of People’s Representatives (HoPR) und House of Federation (HoF) wurde er von einer Mehrheit bei fünf Enthaltungen gewählt. Damit übernimmt er die Position des Staatsoberhaupts von der ersten weiblichen Präsidentin in der äthiopischen Geschichte, Sahle-Work Zewde. Die 74-Jährige trat nach wochenlangen Spekulationen kurz vor dem Ende ihrer ersten Amtszeit zurück, nachdem es zwischen ihr und Premierminister Abiy Ahmed zum Zerwürfnis gekommen war. Die Ernennung Tayes ist nicht mit einer Verschiebung der politischen Machtverhältnisse verbunden, da Äthiopiens Verfassung die Befugnisse des Präsidenten auf weitgehend zeremonielle und repräsentative Aufgaben beschränkt. Taye ist der sechste Präsident seit dem Sturz der autoritären Militärregierung Derg im Jahr 1991 und der fünfte seit der Verabschiedung der aktuellen Verfassung von 1995.
Als ehemaliger Botschafter Äthiopiens in Ägypten und als vormals Ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen in New York verfügt der bis 2030 ernannte Präsident über umfangreiche Erfahrungen in der Diplomatie. Bevor er im Februar dieses Jahres Außenminister wurde, war der 68-Jährige seit Januar 2023 bereits außenpolitischer Berater von Premierminister Abiy Ahmed. Nach Ansicht von Expertinnen und Experten könnte der studierte Politikwissenschaftler eine wichtige Rolle bei der Einleitung von Friedensprozessen am Horn von Afrika spielen. In seiner Antrittsrede kündigte er an, Äthiopien werde daran arbeiten, die Beziehungen zu den Nachbarländern in allen Bereichen zu stärken und erklärte, seine wichtigsten Prioritäten seien der Aufbau eines nachhaltigen nationalen Friedens und die Gewährleistung der Rechtsstaatlichkeit. Man werde sich ebenfalls an den Friedensbemühungen im Sudan beteiligen.
Mit seinem Fokus auf bilaterale Beziehungen zu Nachbarstaaten verweist Taye insbesondere auf die Spannungen mit Ägypten und Somalia. Äthiopien unterzeichnete im Januar 2024 eine Absichtserklärung mit dem de facto autonomen Staat Somaliland, der international nicht anerkannt wird. In dem Abkommen wird Äthiopien Zugang zu Somalilands Handelshafen Berbera am Golf von Aden gewährt und ein Pachtgrundstück in Aussicht gestellt, auf dem es einen Marinestützpunkt errichten will. Im Gegenzug sagte die Regierung von Abiy Ahmed zu, eine tiefgreifende Überprüfung hinsichtlich einer Positionierung zu den Anstrengungen Somalilands für seine internationale Anerkennung vorzunehmen und stellte damit den Souveränitätsanspruch Somalias infrage (Pressespiegel KW2 /2024). Daraufhin unterzeichnete Somalias Präsident Hassan Sheikh Mohamud Mitte August ein Verteidigungsabkommen mit Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi in Kairo, das die Stationierung von ägyptischen Militärflugzeugen auf dem Flughafen von Mogadischu sowie die Entsendung von Offizieren und Ausrüstung zur Errichtung von Kommandozentralen im Süden Somalias beschloss. Die Beziehungen in der Region werden zudem von geopolitischen Spannungen um den Bau des Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD) belastet. Ägypten, das stark vom Süßwasser des Nil abhängig ist, befürchtet, dass das flussaufwärts gelegene Äthiopien die Durchleitung in Trockenzeiten als Druckmittel einsetzen könnte. Vor diesem Hintergrund sucht Ägypten die Nähe zu anderen Ländern in der Region, die ihrerseits Spannungen mit Äthiopien haben. So kamen erst am gestrigen Donnerstag Ägyptens al-Sisi und Somalias Mohamud mit dem eritreischen Präsidenten Isayas Afewerki in Asmara zusammen, um eine vertiefte Kooperation zu besprechen.
Kenianische Nationalversammlung stimmt für Amtsenthebung von Vizepräsident Gachagua
Die kenianische Nationalversammlung in Nairobi hat dem Antrag auf Amtsenthebung des Vizepräsidenten Rigathi Gachagua am Dienstagabend mit einer großen Mehrheit zugestimmt. Von insgesamt 349 Abgeordneten votierten 281 für die Absetzung des Stellvertreters von Präsident William Ruto und erreichten damit die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit des Amtsenthebungsverfahrens. In insgesamt elf Anklagepunkten wird Gachagua unter anderem vorgeworfen, sein Amt missbraucht, ethnischen Hass geschürt und sich durch Korruption in den zwei Jahren seiner Amtszeit Reichtümer im Wert von umgerechnet 40 Mio. US-Dollar angeeignet zu haben. Die endgültige Entscheidung liegt nun beim Senat, der nächsten Mittwoch und Donnerstag innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist tagen wird und dann zehn Tage Zeit hat, den Antrag abschließend zu beraten.
Der Abstimmung in der Nationalversammlung ging eine Konsultation der Öffentlichkeit voraus, die laut Verfassung bei derart wichtigen Entscheidungen des Parlaments einbezogen werden muss. Einem Bericht des Parlaments zufolge gingen im Rahmen dieses Prozesses mehr als 200.000 Antworten ein, von denen 65% die Amtsenthebung unterstützten, während fast 34% dagegen stimmten. An der Entscheidung der Nationalversammlung konnte auch Gachaguas Verteidigungsrede nichts ändern, in der er alle Vorwürfe zurückwies und seine Unschuld beteuerte.
Das Amtsenthebungsverfahren findet vor dem Hintergrund des Bruchs zwischen Präsident Ruto und seinem Vize statt. So wirft Rutos Lager Gachagua vor, die Proteste gegen die Regierung unterstützt zu haben, die im Juni und Juli dieses Jahres nach einer geplanten Steuerreform ausgebrochen waren und bei denen mehr als 50 Menschen getötet wurden. Gachagua beklagt wiederum, seit der darauf folgenden Entlassung eines Großteils des Kabinetts durch Präsident Ruto und der Aufnahme von Mitgliedern der wichtigsten Oppositionsparteien des Landes in die Regierung außen vor gelassen worden zu sein. Der Antrag auf das jetzige Amtsenthebungsverfahren wurde derweil von Mwengi Mutuse, einem Abgeordneten der von Präsident Ruto geführten Parteienallianz Kenya Kwanza (dt. Kenia zuerst), gestellt; Ruto selbst hat sich jedoch noch nicht öffentlich zu dem Verfahren geäußert.
Für ein erfolgreiches Amtsenthebungsverfahren muss der Antrag nun von mindestens zwei Dritteln der Senatorinnen und Senatoren unterstützt werden. Sollte dies geschehen, wäre Gachagua der erste stellvertretende Präsident Kenias, der auf diese Weise seines Amtes enthoben würde. Bisher stand nur der fünfte Vizepräsident Kenias, Josephat Karanja, 1989 unter der alten Verfassung kurz vor seiner Abberufung durch das Parlament. Er kam dem Misstrauensvotum jedoch mit seinem eigenen Rücktritt zuvor. Einen solchen Schritt hat Gachagua für sich explizit ausgeschlossen. Bereits am Mittwoch versuchten seine Anwälte, das Amtsenthebungsverfahren vor Gericht zu stoppen – das Oberste Gericht verwies den Fall inzwischen an die Präsidentin des kenianischen Verfassungsgerichts.
Und sonst?
Am Dienstag hat die UNESCO-Generaldirektorin Audrey Azoulay verkündet, dass Rabat zur Welthauptstadt des Buches 2026 ernannt wurde. Die Hauptstadt Marokkos folgt damit auf Rio de Janeiro und wird als fünfte afrikanische Stadt nach Alexandria (Ägypten), Port Harcourt (Nigeria), Conakry (Guinea) und Accra (Ghana) diesen Titel tragen. Rabat sei nicht nur Austragungsort der drittgrößten internationalen Buch- und Verlagsmesse Afrikas, der Rabat International Book Fair, sondern auch Heimat von 54 verschiedenen Buchverlagen, heißt es in der Begründung. Der Auftakt der Feierlichkeiten wird am 23. April 2026, dem Welttag des Buches und des Urheberrechts, in Rabat stattfinden. Die Stadt wird dann eine Reihe kultureller Veranstaltungen, darunter Workshops, Debatten, Ausstellungen und Buchmessen, ausrichten. Ziel ist es, das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger für die Bedeutung von Büchern zu schärfen, die Lesekultur zu fördern und die Zusammenarbeit zwischen Behörden und der Zivilgesellschaft zu stärken. Parallel dazu sind langfristige Projekte geplant, wie die Schaffung neuer Lese- und Kreativräume. Die UNESCO betonte dabei auch die Rolle Rabats bei der Demokratisierung von Wissen.