Pressespiegel KW 15/2025: Von Streit und Einigung
Pressespiegel 4.4.2025 bis 11.4.2025

Afrikapolitik im neuen Koalitionsvertrag

Am Mittwoch haben CDU, CSU und SPD ihren Koalitionsvertrag „Verantwortung für Deutschland“ vorgestellt. Auch die Zusammenarbeit mit dem afrikanischen Kontinent nimmt darin eine wichtige Rolle ein. Afrika wird an insgesamt acht Stellen namentlich erwähnt – zwar etwas weniger als im Koalitionsvertrag der Ampelregierung, in dem zehn Nennungen gezählt wurden, aber deutlich häufiger als andere Regionen. Entsprechend wird der strategische Stellenwert des afrikanischen Kontinents im Koalitionsvertrag besonders betont und bekräftigt, dass die deutsche Afrikapolitik diesem Stellenwert gerecht werden muss. Besonders hervorgehoben wird dabei die Bedeutung der Partnerschaft mit der Afrikanischen Union (AU). Die Afrikanische Freihandelszone (AfCFTA) soll ebenfalls weiterhin unterstützt werden – wie konkret diese Unterstützung aussehen soll, lässt der Koalitionsvertrag offen.

Ein weiterer Fokus der Afrikapolitik soll zudem auf der Stabilisierung der Sahel-Region und des Horns von Afrika liegen, wo insbesondere Terrorismus und Fluchtursachen bekämpft werden sollen. Der steigende Einfluss russischer sowie chinesischer Akteurinnen und Akteure auf dem Kontinent wird ebenfalls thematisiert – diesem will man mit „[seinen] Partnern entschlossen entgegen[treten]“.

Auch im Bereich der Außenwirtschaft sollen die Beziehungen zu Afrika weiter vertieft werden. Hierzu soll eine neue Afrika-Strategie erarbeitet werden, die den Weg für eine Vertiefung der Handelsbeziehungen mit afrikanischen Staaten ebnen soll. Die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, die die Vorgängerregierung mit Côte d’Ivoire, Ghana, Kamerun und den SADC-Staaten geplant hat, sollen bereits bis Ende dieses Jahres ratifiziert werden.

Die Streitfrage um das Fortbestehen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) konnte die SPD für sich entscheiden: Das Ministerium bleibt bestehen und auch in der Hand der SPD. Allerdings soll Entwicklungspolitik künftig stärker interessengeleitet und stärker mit der Wirtschaft verzahnt werden. So soll die Quote der öffentlichen Entwicklungsleistungen, die sogenannte ODA-Quote, die bisher bei 0,7 % des Bruttoinlandsprodukts lag, gesenkt werden – wie stark wird nicht spezifiziert. Dafür ist eine effizientere Bündelung der Finanzmittel, eine stärkere Einbindung des Privatsektors sowie mehr Wettbewerb in der Vergabe von Aufträgen zur technischen Zusammenarbeit vorgesehen. Geplant ist zudem eine gemeinsame Anlaufstelle der Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungszusammenarbeit für die deutsche Wirtschaft. Mit Blick auf Fachkräftemigration will die neue Bundesregierung vereinfachte Verfahren für Arbeitsgenehmigungen von Fachkräften anbieten.

Um die bilateralen Partnerschaften mit den Staaten des sogenannten Globalen Südens zu stärken, plant die neue Regierung die Einrichtung einer Nord-Süd Kommission, die den Aufbau eines globalen Netzwerks fördern soll. Expertinnen und Experten sehen darin eine Chance für Deutschland, gemeinsam mit den Ländern des Globalen Südens eine Antwort auf den Umbruch des internationalen Systems zu entwickeln – und damit ein deutliches Zeichen für den Multilateralismus zu setzen. Auch der Erhalt des BMZ sei ein wichtiges Zeichen, dass sich Deutschland dem aktuellen Trend von massiven Einschnitten in der Entwicklungszusammenarbeit nicht anschließt und ein zuverlässiger Partner bleibt. Dies wird auch von afrikanischen Expertinnen und Experten begrüßt. So äußerte sich der sambische Präsidentschaftskandidat für die Afrikanische Entwicklungsbank, Dr. Sam Maimbo, positiv über das Fortbestehen des BMZ. Die geplante Erarbeitung einer neuen Afrika-Strategie sehe er wiederum kritisch – statt eines weiteren Strategiepapiers wünsche er sich einen konkreten Umsetzungsplan. Auch entwicklungspolitische Organisationen zeigen sich erleichtert, kritisieren jedoch deutlich die geplanten Kürzungen von Entwicklungsfeldern und das fehlende Bekenntnis zur 0,7-Prozent-Quote. Andere Stimmen hingegen bezweifeln, dass die ODA-Quote ein geeignetes Steuerungsinstrument ist, um den tatsächlichen Mitteleinsatz in der Entwicklungszusammenarbeit zu erfassen. Entscheidend für die Bewertung möglicher Kürzungen bleibt daher der konkrete Bundeshaushalt.

Aus der Wirtschaft wird der neue Koalitionsvertrag grundsätzlich positiv bewertet. Besonders der Wegfall des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes und der Entfall der Berichtspflicht stoßen, unter anderem bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer, auf Zustimmung. Wirtschaftsverbände sehen darin eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen und eine Verringerung der Markteintrittsbarrieren für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Die starke Betonung der außenwirtschaftlichen Bedeutung des afrikanischen Kontinents sowie dessen strategischer Stellenwert wurde ebenfalls positiv hervorgehoben. Kritik gibt es hingegen an der mangelnden Konkretheit vieler Vorhaben. So blieben etwa die Ziele zum Ausbau der Rohstoffpartnerschaften und zur Förderung der Außenwirtschaft vage. Auch zur vereinfachten Einwanderung von Fachkräften fehlten konkrete Maßnahmen, bemängelte unter anderem der Afrika-Verein der Deutschen Wirtschaft. Gleichzeitig wird betont, dass gerade diese offen formulierten Passagen des Koalitionsvertrages sowie die angekündigte neue Afrika-Wirtschaftsstrategie Spielraum für die Mitgestaltung und inhaltliche Ausarbeitung lasse.

 

Spannungen zwischen Algerien und Mali

Am Montag haben Algerien und Mali eine Sperrung ihres Luftraums für Flüge aus dem jeweils anderen Land angeordnet. Diese Maßnahme erfolgte vergangene Woche als Reaktion auf den Abschuss einer malischen Drohne durch die algerische Armee in der Nähe von Tinzaouaten im Grenzgebiet zwischen Algerien und Mali. Nach Angaben des algerischen Verteidigungsministeriums verletzte die Drohne den algerischen Luftraum. Die malische Regierung wies diese Darstellung zurück und erklärte, das Wrack der Drohne sei auf malischem Staatsgebiet, etwa 9,5 Kilometer südlich der Grenze, gefunden worden.

Infolge des Zwischenfalls riefen Mali sowie Burkina Faso und Niger am Sonntag ihre Botschafter aus Algerien zu Konsultationen zurück. In einer gemeinsamen Erklärung bezeichneten die drei Staaten, die gemeinsam die Alliance des États du Sahel (AES) bilden, den Abschuss der Drohne als „unverantwortlichen Akt“ Algeriens. Algerien reagierte kurze Zeit später mit dem Rückruf seiner Botschafter aus Mali und Niger und verschob zudem die Entsendung seines neuen Botschafters nach Burkina Faso. Darüber hinaus haben beide Länder Schreiben an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gerichtet, um diese über die Geschehnisse zu informieren. Es handelt sich dabei jedoch nicht um einen formellen Antrag an den Sicherheitsrat, vielmehr soll dadurch – wie ein Rechtsbeauftragter der Protokollabteilung erklärt – eine Diskussion unter den Mitgliedern angestoßen werden.

Die aktuelle Entwicklung betrifft dabei nicht nur die diplomatischen Beziehungen in der Region, sondern zieht auch wirtschaftliche Folgen nach sich. So sieht sich die algerische Fluggesellschaft Air Algérie, die ihr Streckennetz in der Sahelzone zuletzt ausgebaut hatte, infolge der Luftraumbeschränkungen mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert. Im Zuge der aktuellen Spannungen übermittelte das malische Verkehrsministerium eine Mitteilung an die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO), in der ein sogenanntes Notam (Notice to Airmen) enthalten ist. Dabei handelt es sich um eine offizielle Bekanntmachung, die temporäre oder permanente Änderungen an der Aeronautical Information Publication (AIP) beschreibt und für den sicheren Ablauf des internationalen Flugverkehrs von zentraler Bedeutung ist. Das von Mali herausgegebene Notam richtet sich an die gesamte Luftfahrtbranche und hat damit auch direkte Auswirkungen auf die Aktivitäten von Air Algérie. So ist die Fluggesellschaft nun gezwungen, Flüge umzuleiten oder Passagieren Rückerstattungen anzubieten. Diese Maßnahmen stellen einen erheblichen Rückschlag dar, sowohl logistisch als auch finanziell. Zusätzlich belastet die diplomatische Krise die Zusammenarbeit zwischen Algerien und Niger im Energiebereich. Anfang des Jahres hatten beide Länder Projekte zur gemeinsamen Energieversorgung besprochen, darunter eine mögliche Kooperation beim Bau einer Ölraffinerie und eines Kraftwerks in Niger. Auch die geplante Trans-Sahara Gaspipeline (TSGP), die Nigeria über Niger mit Algerien verbinden soll, könnte durch die aktuelle politische Lage beeinträchtigt werden – es ist jedoch abzuwarten, inwiefern sich die Spannungen tatsächlich auf das Projekt auswirken werden.

Der Vorfall verschärfte das bereits angespannte Verhältnis zwischen Algerien und Mali. Seit dem Militärputsch in Mali im Jahr 2020 sind die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern stark belastet. Insbesondere der Austritt Malis aus der Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS (Pressespiegel KW 5/2024) und die Aufkündigung des Friedensabkommens von Algier im letzten Jahr trug zu einer spürbaren Verschlechterung der bilateralen Beziehungen bei.

 

Und sonst?

Im Niger gilt neuerdings Hausa als alleinige Nationalsprache des Landes. Damit verliert Französisch seinen Status als offizielle Amtssprache und fungiert fortan lediglich als Arbeitssprache – einen Status, den nun auch die englische Sprache erhält – während Hausa eine zentrale Rolle einnimmt. Anders als Französisch, das nur von rund 13% der nigrischen Bevölkerung gesprochen wird, ist Hausa die weitverbreitetste Sprache des Landes. Hausa wird von knapp 75% der Bevölkerung gesprochen und ist auch über die Landesgrenzen hinaus in der Region weit verbreitet. Festgelegt wurde diese Entscheidung in der Charte de la Refondation, welche sich allgemein mit der zunehmenden Distanzierung des Nigers von seiner ehemaligen Kolonialmacht Frankreich befasst. Die Änderung der Sprachhierarchie gilt Analystinnen und Analysten zufolge als bedeutender Schritt hin zur Schaffung einer eigenen kulturellen Identität und einer Abkehr von der kolonialen Vergangenheit. Die Charte de la Refondation ist jedoch nicht die einzige Maßnahme: Kürzlich verließ Niger die Organisation Internationale de la Francophonie -eine Institution, die Länder vereint, die die französische Sprache pflegen. Zudem wurden in mehreren Städten Namensänderungen diverser Straßen und Monumente von Französisch zu lokalen Sprachen vorgenommen.

 

Veranstaltungshinweis

Am Donnerstag eröffnete im Haus Kunst Mitte die Ausstellung Foundations, die bis zum 25. Juli 2025 in Berlin-Mitte zu sehen ist. Die Gruppenausstellung vereint 15 internationale Künstlerinnen und Künstler, darunter zahlreiche Stimmen aus der afrikanischen Diaspora und dem Globalen Süden. Mit Werken von u.a. Osi Audu, Adelaide Damoah, Sekai Machache, Nnenna Okore, Ato Ribeiro, Anike Joyce Sadiq, Ghizlane Sahli, Lerato Shadi und Helena Uambembe beleuchtet Foundations grundlegende Strukturen des Zusammenlebens und untersucht, wie Geschichte, Sprache und soziale Systeme unsere Wahrnehmung prägen. Im Zentrum stehen dabei insbesondere afrikanisch-diasporische und afroamerikanische Positionen sowie die anhaltenden Auswirkungen von Kolonialismus und die Verbindung zwischen traditionellen afrikanischen Kunstformen und zeitgenössischem Ausdruck. Die Ausstellung wirft Fragen zur Rolle von Erinnerung, Identität und kulturellem Erbe in globalen Kontexten auf und macht sichtbar, wie sich persönliche und kollektive Narrative in einem komplexen Geflecht historischer und gesellschaftlicher Dynamiken fortschreiben.

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