Pressespiegel KW 46/2023: Von Angeboten und Intrigen
Pressespiegel 10.11.2023 bis 17.11.2023

Gabun kündigt Wahlen für 2025 an

Am Montag verkündete das von der Militärregierung geführte Komitee für Übergang und Wiederherstellung der Institutionen (Comité pour la transition et la restauration des institutions, CTRI) einen Zeitplan für den Übergang zur Zivilregierung in Gabun. Oberst Ulrich Manfoumbi Manfoumbi, der Sprecher der Militärjunta unter Interimspräsident Brice Oligui Nguema, verkündete im staatlichen Fernsehen einen vom Kabinett verabschiedeten zweijährigen Übergangszeitplan, welcher im August 2025 mit Präsidentschafts- und Parlamentswahlen abgeschlossen werden und damit in eine zivile Regierung münden solle. Der vorgelegte Zeitplan sei jedoch nicht endgültig und bedürfe der Zustimmung der Öffentlichkeit. Zunächst sei daher ein inklusiver nationaler Dialog unter dem Vorsitz des Erzbischofs von Libreville, Monsignore Jean-Patrick Iba-Ba, für April 2024 angesetzt, zu dem neben Regierungsvertreterinnen und -vertretern auch zivilgesellschaftliche Gruppen eingeladen seien, um den Plan zu genehmigen sowie weitere Vorschläge einzubringen. Darüber hinaus werde das im September ernannte Übergangsparlament (Pressespiegel KW 37/2023) im Juni 2024 in eine verfassungsgebende Versammlung umgewandelt, welche bis Ende Oktober eine neue Verfassung ausarbeiten solle, um diese zum Jahresende 2024 per Referendum zu verabschieden. In Vorbereitung auf die bevorstehenden Wahlen sei für Anfang 2025 außerdem eine Reform des Wahlsystems und des Wahlgesetzes geplant. Der Wahlprozess solle dabei von einer unabhängigen Wahlkommission organisiert und durchgeführt und auch internationale Wahlbeobachterinnen und -beobachter zugelassen werden, um freie und faire Wahlen zu gewährleisten, betonte das CTRI. Der Übergangszeitplan wurde von weiten Teilen der gabunischen Zivilgesellschaft als Chance für die demokratische Entwicklung, Stabilität, institutionelle Reformen und das Beenden der politischen Krise begrüßt. Es ist das erste Mal seit der Machtübernahme des Militärs am 30. August dieses Jahres (Pressespiegel KW 35/2023), dass die Übergangsregierung einen konkreten Zeitplan zur Rückkehr zur demokratischen Ordnung vorlegt. Bisher hatte der im September als Interimspräsident vereidigte Nguema lediglich vage von einer dreijährigen Übergangszeit gesprochen, ohne dabei ein genaues Enddatum festzulegen, was auf internationale Kritik stieß. Die Vorstellung des neuen Zeitplans ist auch Teil von Nguemas jüngsten diplomatischen Bemühungen, die politische Isolation des Staates seit dem Putsch zu beenden. So reiste er vergangene Woche in die saudi-arabische Hauptstadt Riad, wo er verschiedene afrikanische Regierungsvertreterinnen und -vertreter, u.a. aus der Côte d’Ivoire und Mauretanien traf, und um Unterstützung für Gabun bei der Afrikanischen Union (AU) bat. Die AU hatte die Mitgliedschaft des zentralafrikanischen Staates in Folge des Militärputsches vorerst suspendiert. Auch innenpolitisch geriet Nguema zuletzt unter Druck, nachdem sein Premierminister Raymond Ndong Sima sich öffentlich für eine zweijährige Übergangszeit ausgesprochen hatte. Inwiefern sich der Zeitrahmen des Übergangs zur zivilen Regierung noch ändern und ob Nguema, der im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern der Übergangsregierung laut Übergangscharta nicht explizit von einer Kandidatur ausgeschlossen ist, bei den Wahlen 2025 antreten wird, bleibt abzuwarten.

 

Oppositionspartei in Simbabwe verliert weitere Parlamentssitze

Die stärkste Oppositionspartei Simbabwes, die Citizens Coalition for Change (CCC), verlor am Dienstag 13 weitere Parlaments- und fünf Senatssitze. Ein Hochstapler, der sich als Parteifunktionär der CCC ausgegeben hatte, hatte zuvor das Parlament über den angeblichen Austritt eben jener Abgeordneten aus der Partei informiert, woraufhin Parlamentspräsident Jacob Mudenda, Abgeordneter der Regierungspartei Zimbabwe African National Union – Patriotic Front (ZANU-PF) deren Sitze für vakant erklärte. Unter den abberufenen Abgeordneten befand sich auch CCC-Fraktionsführer Amos Chibaya, der die Entscheidung heftig kritisierte und in einer Pressemitteilung betonte, jede Mitteilung der Partei an das Parlamentspräsidium hätte über ihn laufen müssen. Ein ähnlicher Vorfall hatte sich bereits Anfang Oktober ereignet. Sengezo Tshabangu, Mitglied der CCC, hatte sich in einem Schreiben an Mudenda als Interimgeneralsekretär der CCC ausgegeben und den Parlamentspräsidenten darüber informiert, dass 15 Parlamentarier aus der Partei austreten und daher ihren Sitz im Parlament aufgeben würden. Auch bei diesem Vorfall wurden die Sitze als vakant ausgerufen, obwohl die betroffenen Abgeordneten ihren Austritt abstritten und Parteichef Nelson Chamisa den Parlamentspräsidenten bat, das Schreiben zu ignorieren. Daraufhin kam es zu Protesten von CCC-Abgeordneten im Parlamentssaal, die mithilfe der Bereitschaftspolizei aufgelöst wurden und zu einer Suspendierung aller Abgeordneten der CCC von sechs Parlamentssitzungen sowie einem zweimonatigen Aussetzen ihrer Gehälter führten. Ein Einspruch gegen die Abberufung der Abgeordneten wurde vom höchsten Gericht abgewiesen. Um diese vakanten Sitze im Parlament neu zu besetzen, kündigte Präsident Emmerson Mnangagwa Nachwahlen für den 9. Dezember dieses Jahres an. Die Nachwahlen könnten Mnangagwas ZANU-PF den Weg zur Zweidrittelmehrheit im Parlament ebnen, nachdem die Regierungspartei diese bei den Parlamentswahlen im August knapp verpasst hatte (Pressespiegel KW 35/2023). Entsprechend wirft die Opposition der ZANU-PF Manipulation vor und macht diese für die Abberufung ihrer Abgeordneten verantwortlich, während die Regierungspartei alle Vorwürfe abstreitet. Die Spannungen verschärften sich zudem weiter, als am Montag der Oppositionelle Tapfumanei Masaya tot am Rande der Hauptstadt Harare aufgefunden wurde, seine Leiche wies Folterspuren auf. Masaya war am Samstag zuvor entführt worden. Es war bereits der dritte Vorfall dieser Art innerhalb weniger Wochen, allerdings der erste mit Todesfolge. Die jüngsten Ereignisse schüren nun Ängste vor Gewaltausbrüchen bei den anstehenden Nachwahlen. Zwar waren die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im August größtenteils friedlich abgelaufen, dennoch wurden der Wahlprozess und die Einhaltung von demokratischen Wahlstandards sowohl von der Opposition, als auch von regionalen und internationalen Wahlbeobachtungsmissionen wie die der Southern African Development Community (SADC) und der Europäischen Union (EU) heftig kritisiert (Pressespiegel KW 35/2023).

 

Und sonst?

Am Sonntag hielt der Literaturnobelpreisträger Abudlrazak Gurnah als erster Afrikaner die diesjährige Marbacher Schillerrede, in der er an die deutschen Kolonialverbrechen in seinem Heimatland Tansania erinnerte. Der auf Sansibar geborene und in Großbritannien lebende Schriftsteller ermahnte, dass diese Verbrechen nicht verharmlost werden und in Vergessenheit geraten dürften – die Übernahme der historischen Verantwortung hierfür sei der erste und zentrale Schritt zur Versöhnung. Auch in seinem Roman Nachleben (engl. Afterlives) widmet sich Gurnah der deutschen Kolonialgeschichte im damaligen Deutsch-Ostafrika. Es ist eine Erzählung über den ostafrikanischen Soldaten Hamza, der von einem aus Marbach stammenden Offizier Schillers Musenalmanach für das Jahr 1798 geschenkt bekommt, um Deutsch zu lernen. Die Marbacher Schillerrede wird seit 1999 jährlich im Deutschen Literaturarchiv Marbach gehalten. Die Rednerinnen und Redner, angesehene Persönlichkeiten aus den Bereichen Kunst, Wissenschaft und Politik, nehmen dabei Bezug auf die Werke von Friedrich Schiller und erinnern so an den Geburtstag und das Lebenswerk des Dichters. Die vollständige Schillerrede 2023 finden Sie hier.

 

Veranstaltungshinweis

Am Dienstag startete im Kino Arsenal in Berlin die 16. Ausgabe der AFRIKAMERA. Bei der Auftaktveranstaltung präsentierte Regisseur C.J „Fiery“ Osabi seinen neuen Film Mami Wata, der als nigerianischer Beitrag für die Oscars 2024 eingereicht wurde. Bis 19. November bringt die AFRIKAMERA unter dem Themenschwerpunkt Urban Africa: Future and Utopias aktuelles Kino aus Afrika nach Berlin. Mehr Informationen zum Programm und Tickets finden Sie hier.

 

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