KW 27/2022: Comeback der Demokratie?
Pressespiegel 1.7.2022 bis 8.7.2022

Ankündigungen des sudanesischen Militärs stoßen auf Widerstand

Am Montagabend trat Machthaber und General Abdel Fattah al-Burhan im Staatsfernsehen vor die Kameras und verkündete die Absicht des sudanesischen Militärs, sich aus dem von IGAD, AU und UN (Trilateral Mechanism) moderierten nationalen Dialog zurückzuziehen. Auch sollen zivile Kräfte eine neue Übergangsregierung bilden, wonach der vom Militär geführte Übergangssouveränitätsrat aufgelöst werde. Was auf den ersten Blick nach einer Rückkehr zu einer demokratischen Transition klingt, wurde in der Demokratiebewegung mit großer Skepsis aufgenommen und als taktisches Manöver gewertet. Der im Juni begonnene nationale Dialog stockte ohnehin, da die Forces for the Declaration of Freedom and Change und die für die Organisation von Massenprotesten zuständigen lokalen Widerstandskomitees jegliche Verhandlungen mit dem Militär ablehnen und weiterhin für dessen kompletten Rückzug aus der Politik demonstrieren. Regelmäßige Proteste begleiten den Sudan nun schon seit dem Militärputsch vom Oktober letzten Jahres und überdauerten somit auch die Aufhebung des Ausnahmezustands Ende Mai (Pressespiegel KW 22/2022). Erst in der letzten Woche wurde ein weiterer Massenprotest durch Sicherheitskräfte gewaltsam niedergeschlagen, was zu 9 Toten und 630 Verletzten führte. Entsprechend sorgt insbesondere die angekündigte Einrichtung eines Obersten Rats der Streitkräfte für die Ablehnung der Pläne al-Burhans durch die Demokratiebewegung. Dieser neue Rat solle nach der Bildung einer zivilen Übergangsregierung sowohl aus Mitgliedern des staatlichen Militärs als auch der umstrittenen paramilitärischen Gruppe der Rapid Support Forces von General Mohammed Hamdan Daglo bestehen und wichtige Aufgaben rund um die Themen Sicherheit und Verteidigung übernehmen, inklusive der Kontrolle über die Zentralbank und die Pflege der diplomatischen Beziehungen. Vor diesem Hintergrund forderten die zivilen Kräfte eine klare Verurteilung des Vorhabens al-Burhans durch die internationalen Streitschlichter, allen voran der IGAD, die dieser Aufforderung aber bei einem Gipfel am Donnerstag in Nairobi nicht nachkam. Derweil verkündete der Trilateral Mechanism auf Grund des Rückzugs des Militärs aus den Gesprächen den vorläufigen Stopp des nationalen Dialogs. Die Demokratiebewegung ruft unterdessen zu weiterem zivilen Ungehorsam auf. Gleichzeitig gaben die verschiedenen Teile der Bewegung an, zusammenkommen zu wollen, um eine gemeinsame Verfassungserklärung auszuarbeiten und somit die Weichen für einen „wirklichen“ Übergang zur Demokratie zu stellen.

Neue Beschlüsse der ECOWAS zu Mali, Burkina Faso und Guinea

Am vergangenen Sonntag trafen sich die Staats- und Regierungschefs der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) in Ghanas Hauptstadt Accra, um die Bemühungen um Garantien für die Wiederherstellung einer zivilen Regierung in Mali, Burkina Faso und Guinea neu zu bewerten. Nachdem der letzte ECOWAS-Gipfel vor einem Monat ohne konkrete Ergebnisse verlief (Pressespiegel KW 23/2022), einigte sich das Wirtschaftsbündnis aus 15 Staaten nun auf die Aufhebung weitreichender Sanktionen gegen Mali, genehmigte den vorgelegten Übergangszeitplan für Burkina Faso und gewährte Guinea eine zusätzliche einmonatige Frist zur Vorlage eines „akzeptablen“ Zeitplans. Die Aufhebung der Sanktionen gegen Mali begründete ECOWAS-Kommissionschef Jean-Claude Kassi Brou mit den neu veröffentlichten Plänen der Militärjunta. Demnach solle im März 2023 ein Referendum über Verfassungsänderungen stattfinden, Parlamentswahlen wurden für Ende des kommenden Jahres angesetzt und die Präsidentschaftswahlen sollen im Februar 2024 abgehalten werden. Neben der Aufhebung der Sanktionen beschloss die ECOWAS auch die Wiedereröffnung der Grenzübergänge zu Mali sowie die Rückkehr der Diplomatinnen und Diplomaten ihrer Mitgliedstaaten nach Bamako. Trotz der Lockerungen bleiben Sanktionen gegen einzelne Individuen aufrechterhalten und die Mitgliedschaft des Sahelstaats im Wirtschaftsbündnis weiterhin ausgesetzt. Malis Nachbarland Burkina Faso betreffend begrüßte der Gipfel den Vorschlag der dortigen Militärjunta, ein Verfassungsreferendum im Dezember 2024 stattfinden zu lassen sowie Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Februar 2025 durchführen zu wollen. Die am Samstag erfolgte Freilassung des im Januar gestürzten Staatschefs Roch Marc Christian Kaboré bewerteten die Gipfelteilnehmerinnen und -teilnehmer als ein positives Signal, das ihnen eine Lockerung der auferlegten Sanktionen erlaube. Burkina Fasos Mitgliedschaft im Bündnis werde jedoch ebenfalls weiterhin ruhen. Auch Guinea bleibe weiterhin aus der Organisation ausgeschlossen und alle bestehenden Sanktionen des ECOWAS-Bündnisses aufrechterhalten, verkündete Kassi Brou nach dem Gipfel. Die Junta habe es versäumt, mit der vorgeschlagenen 36-monatigen Übergangszeit einen akzeptablen Plan vorzulegen und zudem eine Mediation durch die ECOWAS abgelehnt. Ebenfalls während des Gipfels wurde Umaro Sissoco Embalo, Präsident von Guinea-Bissau, zum neuen Vorsitzenden der Regionalorganisation gewählt, der damit auf den ghanaischen Präsidenten Nana Akufo-Addo folgt. Das nächste Gipfeltreffen und die Neubewertung der politischen Lage der drei Länder soll zu einem noch unbestätigten Termin in Abuja, Nigeria stattfinden.

In eigener Sache

Am Mittwoch luden die Deutsche Afrika Stiftung und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag zu einem Sommerempfang zu Ehren des afrikanischen Diplomatischen Corps ein. Der Empfang ermöglichte den freien Austausch zwischen den rund 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus dem afrikanischen Diplomatischen Corps sowie der deutschen Politik und Wirtschaft in freundschaftlicher Atmosphäre.
Im Rahmen des Empfangs fand auch das Gespräch „Gemeinsam in die Zukunft? Der G7-Gipfel und Afrika” statt. Dr. Jörg Kukies, Staatssekretär im Bundeskanzleramt und G7-Sherpa, S.E. Cheikh Tidiane Sall, Botschafter der Republik Senegal und Dr. Christian Buck, Leiter der Politischen Abteilung 3 im Auswärtigen Amt, der die verhinderte Staatsministerin Katja Keul kurzfristig vertrat, diskutierten offen über die Ergebnisse des G7-Gipfels und dessen Auswirkungen auf die deutsch-afrikanischen Beziehungen. Weiterer Gesprächsbedarf wurde insbesondere mit Blick auf die Implementierung der auf dem G7-Gipfel beschlossenen Initiativen (Pressespiegel KW 26/2022) sowie die Kernfrage nach Lösungen für den afrikanischen Energiebedarf deutlich.

Und sonst?

Wenige Monate nach der Implementierung als Arbeitssprache der Afrikanischen Union im Februar 2022 beschloss das ugandische Kabinett am Dienstag die Einführung des Kisuahelis als offizielle Amtssprache des Landes. Damit setzt Uganda eine Direktive der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) vom Februar 2021 um. Nachdem es bereits seit 2017 das entsprechende Pflichtfach an ugandischen Sekundarschulen gibt, soll nun der Unterricht in Grundschulen verpflichtend werden. Darüber hinaus sind Lehrangebote für Mitglieder von Parlament, Kabinett und Medien geplant. Kisuaheli ist die meistgesprochene afrikanische Sprache des Kontinents, wird von 200 Millionen Menschen beherrscht und gehört somit zu den zehn weitverbreitetsten Sprachen der Welt. Es entwickelte sich aus dem arabischen Sklavenhandel und wurde als Verwaltungssprache Deutsch-Ostafrikas eingesetzt. Während Kisuaheli in Kenia, Tansania und Ruanda bereits offiziell verankert ist, gilt es in Uganda als Sprache des Militärs und wurde lange mit der gewaltsamen Diktatur Idi Amins (1971 – 1979) in Verbindung gebracht.

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