Erste Schuldenkonferenz der Afrikanischen Union
Am Mittwoch ging in Togos Hauptstadt Lomé die erste Schuldenkonferenz der Afrikanischen Union (AU) zu Ende. Mehr als 500 Delegierte – darunter hochrangige Regierungsvertreterinnen und -vertreter der AU-Mitgliedstaaten sowie Spitzenpersonal aus Zentralbanken und internationalen Finanzinstitutionen – diskutierten drei Tage lang über Wege aus der Schuldenkrise. Die Konferenz, organisiert von der AU-Kommission, der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB) und der togoischen Regierung, stand unter dem Motto „Africa’s Public Debt Management Agenda – Restoring and Safeguarding Debt Sustainability“ und zielte darauf ab, eine gemeinsame und zukunftsfähige Strategie für den Umgang mit der eskalierenden Verschuldung afrikanischer Staaten zu entwickeln.
Die gemeinsame Position hierzu findet sich in der im Rahmen der Konferenz verabschiedeten Lomé Declaration on Debt wieder, die verschiedene Maßnahmen zur Reformierung der internationalen Finanzarchitektur und zur Lösung der Schuldenproblematik afrikanischer Staaten umfasst. So wird insbesondere eine Überarbeitung des G20 Common Framework for Debt Treatments angestrebt, welches als zu langsam, veraltet und gläubigerbestimmt kritisiert wird. Mehrfach wurde betont, dass bestehende globale Schuldenerleichterungsinstrumente nicht ausreichend auf die strukturellen Herausforderungen afrikanischer Volkswirtschaften zugeschnitten sind.
Zu den anvisierten Maßnahmen und Reformvorhaben zählen beispielsweise die Schaffung eines Rahmens für Währungs- und Finanzstabilität, die Stärkung der makroökonomischen Resilienz sowie umsichtiges, transparentes Schuldenmanagement. Zur Mobilisierung neuer Finanzmittel sollen neben Fremdfinanzierung auch alternative Modelle wie öffentlich-private Partnerschaften (PPPs) oder der Emissionshandel genutzt werden. Ergänzt werden diese durch innovative Finanzierungsinstrumente wie Debt-for-Climate-Swaps, bei denen ein Staat einen Teil seiner Staatsschulden gegen einen verpflichtenden Einsatz von Geld für Klimaschutzprojekte eintauscht oder sogenannte Panda Bonds – auf chinesischen Renminbi lautende Anleihen nicht-chinesischer Emittenten, die in China platziert werden. Die Erklärung sieht auch einen rechtsverbindlichen Mechanismus für Schuldenbereinigung und Umschuldung vor.
Ein zentrales Vorhaben, dessen Umsetzung beschleunigt werden soll, ist die Einrichtung des African Financial Stability Mechanism (AFSM), einer Initiative der AU unter dem Dach der Afrikanischen Entwicklungsbank. Der Mechanismus soll afrikanischen Staaten den Zugang zu internationalen Kapitalmärkten erleichtern und ihnen günstigere Kreditkonditionen verschaffen und somit zur Stärkung ihrer wirtschaftlichen Resilienz beitragen (Pressespiegel KW 8/2025). Parallel dazu wird der Aufbau einer pan-afrikanischen Ratingagentur forciert, die eine unabhängigere und kontextgerechtere Bewertung afrikanischer Staaten ermöglichen soll. Hintergrund ist die Kritik, dass internationale Ratingagenturen afrikanischen Ländern überhöhte Risikoaufschläge berechnen und dadurch den Zugang zu Kapital unnötig verteuern.
Laut Daten der Weltbank vom März dieses Jahres gelten derzeit 25 afrikanische Staaten als überschuldet. Beobachterinnen und Beobachter bewerten die Konferenz in Lomé daher als wichtigen Schritt hin zu einer nachhaltigeren, eigenständigen Schuldenpolitik. Die zunehmende Überschuldung sei längst nicht mehr nur eine fiskalische Frage, sondern entwickle sich zu einer Bedrohung für soziale und wirtschaftliche Entwicklung auf dem Kontinent, warnte AU-Landwirtschafts- und Entwicklungskommissar Moses Vilakati. Die Konferenz setzte damit nicht nur neue politische und finanztechnische Impulse, sondern zeigte, welche zentrale Rolle das Thema Schulden künftig in Afrikas wirtschaftspolitischer Ausrichtung spielen dürfte.
Tidjane Thiam wird erneut zum PDCI-Parteivorsitzenden gewählt
Am Mittwoch wurde Tidjane Thiam bei einem außerordentlichen Parteikongress zum Parteivorsitzenden der größten ivorischen Oppositionspartei, der Parti Démocratique de Côte d’Ivoire (PDCI), gewählt. Der 62-Jährige, der erst am Montag seinen Rücktritt von eben jener Rolle verkündet hatte, ging als einziger Kandidat um den PDCI-Spitzenposten ins Rennen und konnte die Wahl mit 99,8 % für sich entscheiden. Hintergrund für seinen Rücktritt und die kurz darauf erfolgte Neuwahl sind anhaltende juristische Auseinandersetzungen um seine Wahl zum Parteichef im Dezember 2023 sowie um seine Präsidentschaftskandidatur für die Wahl am 25. Oktober dieses Jahres.
Ende April hatte ein Gericht in Abidjan angeordnet, den früheren Chef der Credit Suisse unter Berufung auf das ivorische Staatsangehörigkeitsrecht von 1961 von der Liste der Präsidentschaftskandidaten und -kandidatinnen zu streichen. Thiam, der in Côte d’Ivoire geboren wurde, hatte 1987 die französische Staatsbürgerschaft angenommen und somit dem Gericht zufolge seine ivorische Staatsbürgerschaft verloren. Zwar hatte Thiam im März dieses Jahres offiziell seine französische Staatsangehörigkeit abgelegt, dennoch wurde er von der Präsidentschaftswahl ausgeschlossen. Auch sieht sich Thiam einem juristischen Verfahren ausgesetzt, welches aus den eigenen Reihen eingeleitet wurde. So hatte seine Parteikollegin Valérie Yabo Klage gegen die Rechtmäßigkeit seiner ersten Wahl zum Parteivorsitzenden 2023 erhoben, da Thiam zu diesem Zeitpunkt noch die französische Staatsbürgerschaft innehatte – was laut Parteistatuten unzulässig ist. Ein Gericht sollte in diesem Fall ursprünglich am Donnerstag zusammenkommen, das Verfahren wurde jedoch auf den 22. Mai verschoben. Mit dem Rücktritt vom Parteivorsitz und seiner anschließenden Wiederwahl hat Thiam vor dem Gerichtstermin eine neue Grundlage für sein Amt geschaffen.
Ob Tidjane Thiam jedoch eine Überarbeitung der Kandidatenliste erreichen und doch noch als Kandidat für die PDCI ins Rennen um das Präsidentenamt einziehen kann, ist unklar. Thiam hatte angekündigt, den Fall vor das Gericht der Regionalorganisation ECOWAS zu bringen. Neben ihm wurden außerdem drei weitere Oppositionskandidaten von der Teilnahme an der Wahl ausgeschlossen, darunter der frühere Präsident Laurent Gbagbo und der frühere Premierminister Guillaume Soro, beide aufgrund juristischer Vorbelastungen. Angesichts dieser Entwicklungen bezeichnete Thiam die gegen ihn gerichteten Verfahren als Teil einer gezielten Kampagne juristischer Schikane und warf seinen Gegnerinnen und Gegnern vor, die Justiz zu instrumentalisieren, um seine politische Laufbahn zu behindern. Die Regierung unter Präsident Alassane Ouattara (Rassemblement des Houphouétistes pour la Démocratie et la Paix, RHDP) wies diese Vorwürfe entschieden zurück. Die Entscheidung, Thiam und weitere Personen von der Wahl auszuschließen, sei von den Gerichten getroffen worden und basiere auf Gesetzestexten, erklärte Kommunikationsminister und Regierungssprecher Amadou Coulibaly. Die Regierung sehe daher keine Grundlage für ein Eingreifen. Der 83-jährige Ouattara, der das Land seit 2011 regiert, hat sich bisher nicht offiziell zu einer erneuten Kandidatur geäußert. Er hatte jedoch verlauten lassen, dass er, sofern seine Partei ihn unterstütze, bereit sei, das westafrikanische Land weiterzuführen. Es wäre Ouattaras vierte Amtszeit, wobei bereits seine derzeitige verfassungsrechtlich umstritten ist. Die endgültige Wahlliste soll am 20. Juni veröffentlicht werden.
Und sonst?
Am Samstag verstarb die international renommierte Kuratorin und Museumsdirektorin Koyo Kouoh im Alter von 57 Jahren. Erst Ende vergangenen Jahres wurde sie als erste afrikanische Frau zur Kuratorin der 61. Kunstbiennale 2026 berufen (Pressespiegel KW 49/2024). Am 20. Mai wollte sie in Venedig ihr Konzept vorstellen. Koyo Kouoh galt als eine der bedeutendsten Stimmen der zeitgenössischen afrikanischen Kunstszene. Geboren 1967 in Douala, Kamerun, lebte sie später unter anderem in Dakar, Kapstadt und Basel. Ihre Karriere begann sie in den 1990er-Jahren mit der Gründung der Raw Material Company, einem unabhängigen Zentrum in der senegalesischen Hauptstadt Dakar, das Kunst, Wissen und Gesellschaft des afrikanischen Kontinents fördert. Zuletzt leitete Kouoh das Zeitz Museum of Contemporary Art Africa (Mocaa) in Kapstadt, das sie zu einem führenden Ort afrikanischer Gegenwartskunst entwickelte. International bekannt wurde sie außerdem durch ihre Mitarbeit im Kuratorenteam der Documenta 12 (2007) und 13 (2012) in Kassel. Ihre Arbeit zeichnete sich durch eine konsequente Förderung afrikanischer und diasporischer Künstlerinnen und Künstler aus. Die Biennale-Stiftung würdigte Kouohs „außergewöhnliches intellektuelles und menschliches Engagement“ und sprach von einem großen Verlust für die Kunstwelt.