Pressespiegel KW 25/2023: Aussicht auf Erfolg?
Pressespiegel 16.6.2023 bis 23.6.2023

Afrikanische Friedensinitiative für Russland und die Ukraine

Am Wochenende reiste eine Delegation bestehend aus Staats- und Regierungschefs sowie hochrangigen Beamten aus sieben afrikanischen Staaten in die Ukraine und nach Russland, um zwischen den beiden Kriegsparteien zu vermitteln. Der Delegation, angeführt von Südafrikas Präsidenten Cyril Ramaphosa, gehörten auch Senegals Präsident Macky Sall, Sambias Präsident Hakainde Hichilema und der komorische Präsident Azali Assoumani, der aktuell auch den Vorsitz der Afrikanischen Union (AU) innehat, an. Ägyptens Präsident Abdel Fattah el-Sisi, Denis Sassou Nguesso, Präsident der Republik Kongo sowie Ugandas Präsident Yoweri Museveni, die ursprünglich ebenfalls der Friedensinitiative angehören sollten, sagten ihre Teilnahme einige Tage vor der Reise ab und schickten stattdessen hochrangige Beamte in Vertretung. Die Delegation reiste am Freitag zunächst nach Kiew, wo sie mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zusammentraf. Bereits vor Ankunft der Delegation kam es jedoch zu einem ersten Zwischenfall. So wurde am Warschauer Flughafen ein Flugzeug aus Südafrika mit Journalistinnen und Journalisten sowie Sicherheitskräften, die Präsident Ramaphosa begleiten sollten, von den polnischen Behörden festgehalten. Ursache war laut offiziellen Angaben der polnischen Behörden die Mitführung von nicht genehmigten Schusswaffen. Den Personen an Bord wurde die Weiterreise verweigert und das Flugzeug drei Tage später nach Johannesburg zurückgeschickt. Im Gespräch mit Selenskyj präsentierten die afrikanischen Vertreter ihren 10-Punkte-Plan, der unter anderem die Anerkennung der Souveränität Russlands und der Ukraine, den ungehinderten Getreideexport sowie eine Deeskalation der Kämpfe, die Freilassung von Kriegsgefangenen und mehr humanitäre Hilfe vorsieht. Selenskyj zeigte sich der afrikanischen Friedensmission gegenüber skeptisch und lehnte jegliche Verhandlungen mit Russland ab, solange russische Streitkräfte nicht alle besetzten Gebiete verlassen haben. Des Weiteren forderte er von den afrikanischen Staats- und Regierungschefs eine klare Verurteilung der russischen Invasion und die Isolierung Russlands auf der internationalen Bühne. Bis auf Ägypten und die Komoren hatten sich die übrigen an der Friedensinitiative beteiligten Staaten bei den bisherigen Resolutionen der UN-Generalversammlung gegen Russland enthalten bzw. waren der Abstimmung ferngeblieben. Gleichzeitig erklärte der ukrainische Präsident, man wolle sich weiterhin um eine friedliche Beendigung des Krieges bemühen und sprach sich für eine stärkere afrikanisch-ukrainische Zusammenarbeit bei der direkten Getreideversorgung aus. Überschattet wurde der Besuch von russischen Luftangriffen, sodass die Besuchergruppe zeitweilig Schutz in einem Bunker suchen musste. Am Samstag reiste die Delegation dann weiter nach St. Petersburg, um Gespräche mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin zu führen. Der Besuch begann mit einem freundlichen Empfang der Gäste durch Putin und einer Ansprache der afrikanischen Präsidenten, die Putin jedoch nach Ramaphosas Rede unterbrach, woraufhin die Live-Übertragung der Friedensgespräche abgebrochen wurde. Auch Putin zeigte sich dem afrikanischen 10-Punkte-Plan gegenüber skeptisch und lehnte einen Großteil davon ab. Zudem betonte er, dass Russland Friedensverhandlungen nur zustimme, wenn die Ukraine die russische Souveränität über die von ihr besetzten Gebiete anerkenne, sich entmilitarisiere und von der NATO distanziere. Die afrikanische Friedensinitiative, die Ramaphosa zuvor als historisch bezeichnet hatte, da es sich um die ersten afrikanischen Friedensbemühungen außerhalb des eigenen Kontinents handelte, gelten laut zahlreichen internationalen Expertinnen und Experten als gescheitert: Der afrikanischen Delegationen war es nicht gelungen, Russland und die Ukraine an den Verhandlungstisch zu bringen. Ramaphosa, der sowohl in Südafrika, als auch auf internationaler Bühne für seinen russlandfreundlichen Kurs in der Kritik sowie angesichts des anstehenden BRICS Gipfel in Südafrika und dem internationalen Haftbefehl gegen Putin unter Zugzwang steht (Pressespiegel KW 14/ 2023), betonte währenddessen, dass es zwar nicht gelungen sei, beide Konfliktparteien zusammenzubringen, man aber die Türen für weitere Gespräche geöffnet habe. Am Montag erklärte dann Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, die Gespräche mit der afrikanischen Delegation würden fortgesetzt werden. Obwohl die Besuche in Kiew und Moskau keinen unmittelbaren Erfolg hervorbrachten, sei die afrikanische Friedensinitiative dennoch von zentraler Bedeutung gewesen, argumentiert z.B. Prof. Christopher Afoke Isike von der Universität von Pretoria. Nicht nur hätten afrikanische Staaten gezeigt, dass man sich durchaus zu internationalen Konflikten äußern könne, sondern man habe auch die Gelegenheit genutzt, um afrikanische Interessen, wie die negativen Auswirkungen des Krieges auf die Ernährungssicherheit in Afrika, persönlich zu adressieren und zu diskutieren.

ATMIS-Truppenabzug aus Somalia

Am Mittwoch teilte die Übergangsmission der Afrikanischen Union in Somalia (ATMIS) mit, dass man mit dem Abzug von 2.000 Soldatinnen und Soldaten begonnen habe. Somit leitete die Afrikanische Union (AU) die erste Stufe des vierstufigen Abzugsplans der ATMIS-Truppen ein, deren Mandat im Dezember 2024 ausläuft. Ziel ist es, die Sicherheitsverantwortung bis dahin vollständig an die nationale Armee (SNA) zu übergeben. Der Truppenabzug erfolgt gemäß der Resolutionen 2670 (2022) und 2628 (2022) des UN-Sicherheitsrats, die ATMIS zum Abzug von 2.000 Soldatinnen und Soldaten bis Ende Juni 2023 verpflichten. Erst im April hatten die truppenstellenden Staaten beim Sondergipfel in Uganda bekräftigt, den Zeitplan einhalten zu wollen (Pressespiegel KW 17/2023). Der Teilabzug erfolgt inmitten des Wiederauflebens der Al-Shabaab-Miliz. Vergangenen Monat erst hatten Al-Shabaab-Kämpferinnen und -Kämpfer einen Stützpunkt der AU angegriffen und 54 ugandische Friedenssoldatinnen und -soldaten getötet; einer der tödlichsten Angriffe seit Beginn der Offensive im vergangenen Jahr. Seit Jahren versucht die militante Bewegung, die von den Vereinten Nationen unterstützte Bundesregierung Somalias zu stürzen. Mithilfe von ATMIS und dem US-Afrika-Kommando (Africom) gelang es Somalia 2022 in der ersten Phase der von Präsident Hassan Sheikh Mohamud angekündigten Militäroperationen, große Gebiete in Zentralsomalia zu befreien. Ziel der zweiten Phase, die Mohamud Ende März dieses Jahres angekündigt hatte, ist die Zurückdrängung der Al-Shabaab aus den Bundesstaaten Jubaland und Südwest. Im Rahmen der militärischen Vorbereitungen auf den Truppenabzug wurde diese Woche von ATMIS und dem UN-Unterstützungsbüro in Somalia ein technisches Team ernannt, das die Umsetzung des ATMIS-Rückzugs beaufsichtigen wird. Weitere militärische Unterstützung soll auch durch Nicht-ATMIS Truppen von den Nachbarstaaten Kenia, Äthiopien und Dschibuti kommen, wie Mohamud verkündete. Darüber hinaus bestätigte die somalische Regierung kürzlich, dass sie mehr als 20.000 Soldatinnen und Soldaten ausgebildet habe, die die AU-Truppen ablösen werden und auch für die Übernahme von Sicherheitsaufgaben ausgerüstet seien. Dennoch warnen Sicherheitsexpertinnen und -experten vor einem voreiligen Rückzug und einem ähnlichen Szenario wie in Afghanistan. So fürchten sie den Zusammenbruch der staatlichen Institutionen nach Ende der Übergangsmission, insbesondere für den Fall, dass das UN-Waffenembargo gegen das Land nicht aufgehoben werde und Somalia somit der Zugang zu notwendiger militärischer Ausrüstung verwehrt bliebe. Zudem teilen Expertinnen und Experten die Befürchtung, Al-Shabaab könnte sich durch den Truppenabzug remobilisieren.

Und sonst?

Am Mittwoch erhielt Alex Moussa Sawadogo den Ehrenpreis der Deutschen Afrika Stiftung für sein herausragendes Engagement für die Film- und Kulturszene aus Afrika und seinen großen Einsatz für die Veränderung des Afrikabildes in Deutschland durch das Medium Film. 2007 gründete Sawadogo gemeinsam mit Freunden den Verein toucouleur e.V. und rief damit das Berliner Filmfestival AFRIKAMERA ins Leben, dessen künstlerischer Leiter er seitdem ist. Seit 2020 ist er darüber hinaus auch Direktor des größten und renommiertesten panafrikanischen Filmfestivals Festival panafricain du cinéma et de la télévision de Ouagadougou (FESPACO), das alle zwei Jahre in Burkina Fasos Hauptstadt stattfindet. In Berlin wirkt AFRIKAMERA der mangelnden Präsenz von Filmen und Filmschaffenden aus Afrika entgegen und stellt die vielfältigen Facetten des alltäglichen Lebens in Afrika den hiesigen stereotypen Bildern gegenüber. Darüber hinaus dient AFRIKAMERA dem interkulturellen Dialog zwischen Afrika und Deutschland und ist ein wichtiger Ort der Vernetzung und des Austauschs zwischen Kultur- und Filmschaffenden und der interessierten Öffentlichkeit. In diesem Jahr wird das AFRIKAMERA Festival vom 14.-19. November unter dem Motto URBAN AFRICA, URBAN MOVIES: FUTURE & UTOPIAS stattfinden.

Neuer Blogbeitrag: Welche Möglichkeiten gibt es für junge Menschen im Vorfeld der südafrikanischen Parlamentswahlen 2024?

Während sich in Südafrika der Monat der Jugend dem Ende zuneigt – ein Monat, der dem Gedenken an die Soweto-Aufstände von 1976 und dem Widerstand der Jugend gewidmet ist – reflektiert unsere südafrikanische Bundeskanzler-Stipendiatin Dambisa Dube in ihrem neusten Blogbeitrag über die Dringlichkeit der Jugendpartizipation, ihre Hürden sowie die Chancen, die sich aus der Nutzung des digitalen bürgerschaftlichen Engagements junger Menschen ergeben, um eine höhere Wahlbeteiligung junger Menschen im Vorfeld der nationalen Wahlen in Südafrika zu gewährleisten.

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