Pressespiegel KW 17/2024: Shrinking Spaces?
Pressespiegel 19.4.2024 bis 26.4.2024

Politische Parteien und Organisationen in Mali wenden sich an den Obersten Gerichtshof

In Mali forderten am Montag politische Parteien und zivilgesellschaftliche Organisationen den Obersten Gerichtshof des Landes auf, das von der regierenden Militärjunta verhängte politische Betätigungsverbot aufzuheben. Dieses war am 10. April von der Junta per Dekret erlassen worden und verbietet bis auf weiteres alle Aktivitäten von politischen Parteien und Vereinigungen mit politischem Charakter. In einer Erklärung im Staatsfernsehen begründete Regierungssprecher Oberst Abdoulaye Maiga das Betätigungsverbot mit der Notwendigkeit, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, um den “inter-malischen Dialog für Frieden und Aussöhnung”, den Junta-Chef und de facto Präsident Oberst Assimi Goita am 31. Dezember 2023 angekündigt hatte, erfolgreich durchführen zu können. Nur ein Tag nach dem Erlass des Betätigungsverbotes forderte zudem die malische Kommunikationsbehörde La Haute Autorité de la Communication (HAC) alle Medien – Fernsehen, Radio, Zeitungen und Online-Dienste – auf, jegliche Berichterstattung über politische Parteien oder Vereinigungen einzustellen. Diese Maßnahme löste unter Nichtregierungsorganisationen, Journalistenverbänden und in der Zivilgesellschaft heftige Proteste aus. Housseini Amion Guindo, der Vorsitzende der Partei Convergence pour le Développement de Mali (CODEM) und der ehemalige Richter Mohamed Cherif Kone, riefen zu zivilem Ungehorsam auf. Auch die Vereinten Nationen, darunter der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, kritisierten die neuen Verordnungen scharf. Bereits am 31. März hatten mehr als 80 politische Parteien und zivilgesellschaftliche Organisationen in einem gemeinsamen Appell die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung durch möglichst baldige Präsidentschaftswahlen gefordert, nachdem die Junta den Übergangszeitraum bis Ende März ohne Wahlen hatte verstreichen lassen.

Mali wird seit einem Staatsstreich im Jahr 2020 und einem zweiten im Jahr 2021 vom Militär regiert (Pressespiegel KW 34/2020). Die Übergangsregierung hatte sich auf Druck der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) verpflichtet, im Februar dieses Jahres Wahlen abzuhalten und die Macht bis zum 26. März an eine zivile Regierung zu übergeben. Im September kündigten die malischen Behörden dann jedoch an, die Wahlen auf unbestimmte Zeit zu verschieben (Pressespiegel KW 39/2023). Ein Verfassungsreferendum im Juni 2023 stärkte zusätzlich die Macht Goitas, gewährte den Verantwortlichen des Putsches Amnestie und erweiterte die Befugnisse der Armee bei ihren Operationen.

Seit ihrer Machtergreifung geht die malische Junta zunehmend repressiv gegen politische Opposition, Zivilgesellschaft und Medien vor – die zivilen Räume des Landes seien extrem geschrumpft, so Human Rights Watch. Allein innerhalb der letzten vier Monaten seien vier zivilgesellschaftliche Organisationen aufgelöst worden. Darunter der Studierendenverband L’Association des élèves et étudiants du Mali, den Oberst Abdoulaye Maiga am 13. März unter dem Vorwurf, Mitglieder des Verbandes würden an Schulen und Universitäten Gewalt anwenden, auflöste. Zuvor waren bereits die politische Organisationen Coordination des mouvements, associations et sympathisants de l’imam Mahmoud Dicko, Kaoural Renouveau sowie die Partei Solidarité africaine pour la démocratie et l’indépendance (SADI) und das Observatoire pour les élections et la bonne gouvernance, eine zivilgesellschaftliche Gruppe, die die Fairness von Wahlen überwacht, aufgelöst worden.

 

Britisches Oberhaus stimmt dem Gesetzesentwurf Safety of Rwanda Bill zu

Das britische Oberhaus (House of Lords) hat in der Nacht zu Dienstag dem Gesetzentwurf Safety of Rwanda (Asylum and Immigration) Bill zum geplanten Asylabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und Ruanda zugestimmt. Das Gesetz, dem bereits im Dezember das Unterhaus des Zwei-Kammer-Parlaments zugestimmt hatte (Pressespiegel KW 50/2023), legt nun Ruanda als sicheren Drittstaat fest und ermöglicht es der britischen Regierung, Migrantinnen und Migranten, die irregulär ins Vereinigte Königreich einreisen, ohne die Prüfung eines Asylantrages in den ostafrikanischen Staat abzuschieben. Mit der Safety of Rwanda Bill reagiert die britische Regierung um Premierminister Rishi Sunak auf das Urteil des Obersten Gerichts, welches das bereits unter seinem Vorgänger Boris Johnson angestoßene Asylabkommen im vergangenen November als rechtswidrig erklärte. Dies wurde damit begründet, dass Ruanda nicht als sicherer Drittstaat eingestuft sei. Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Sommer 2022 einen geplanten Abschiebeflug nach Ruanda für unzulässig erklärt, woraufhin dieser gestrichen wurde. Die Safety of Rwanda Bill basiert auf dem zwischen dem Vereinigten Königreich und Ruanda neu ausgehandelten Asylvertrag vom 5. Dezember vergangenen Jahres, das den Schutz von Migrantinnen und Migranten in Ruanda verbessern soll und unter anderem Ruanda untersagt, diese in ihre Herkunftsländer abzuschieben – wofür Ruanda im Gegenzug den Status als sicheres Drittland erhält.

Das Oberhaus hatte die Verabschiedung des Gesetzesentwurf jedoch immer wieder durch neue Änderungen und Rücksendungen an das Unterhaus verzögert. Zu den insgesamt zehn eingebrachten Änderungen zur Safety of Rwanda Bill zählte insbesondere die Einsetzung einer unabhängigen Kommission, welche die Einstufung Ruandas als sicherer Drittstaat überprüfen sollte. Die Verhandlungen zwischen Unter- und Oberhaus zogen sich über mehrere Monate und gipfelten schließlich in einer vierstündigen Diskussion in der Nacht vom Montag auf Dienstag, an deren Ende alle Änderungen des Oberhauses abgelehnt wurden. Einzig die Forderung, dass afghanische Menschen, die im britischen Militär gedient haben, nicht abgeschoben werden können, wurde übernommen. Zuvor hatte Premierminister Sunak bei einer Pressekonferenz am Montagmorgen den Druck weiter erhöht und verkündet, die Regierung werde das Parlament zwingen, so lange  zu tagen, bis das Gesetz gebilligt sei. Die Abschiebungen nach Ruanda würden in den kommenden zehn bis zwölf Wochen beginnen und die Regierung habe bereits notwendige Schritte wie das Chartern von Flügen oder die Ausbildung und Einstellung von zusätzlichen Immigrationsarbeiterinnen und -arbeitern in die Wege geleitet. Nach der erfolgreichen Abstimmung im Parlament wurde der Gesetzentwurf am Donnerstag durch König Charles III. offiziell gebilligt.

Dennoch könnten gegen das Gesetz noch rechtliche Schritte unternommen werden, da zahlreiche Expertinnen und Experten dessen Konformität mit europäischen und internationalen Menschenrechtsstandards weiterhin in Zweifel ziehen. So wiesen unter anderem UN-Rechtsexpertinnen und -experten darauf hin, dass beispielsweise Fluggesellschaften, die Abschiebeflüge nach Ruanda durchführen, gegen internationale Menschenrechte verstoßen könnten. Auch der Menschenrechtskommissar des Europäischen Rates, Michael O’Flaherty, übte am Dienstag scharfe Kritik an dem Gesetz und forderte die britische Regierung und das Parlament auf, von der Abschiebung von Personen im Rahmen des Ruanda-Abkommens Abstand zu nehmen und die Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit durch das Gesetz rückgängig zu machen. Nicht nur würde das Gesetz fundamentale Fragen zu Menschenrechten von Asylsuchenden, sondern auch zur Rechtsstaatlichkeit aufwerfen. Sunak hatte hingegen bereits angekündigt, das Urteil einfach zu ignorieren, sollte vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erneut erfolgreich gegen das Vorhaben geklagt werden. Weitere Kritik gibt es zudem auch an der finanziellen und strategischen Durchführbarkeit des Asylabkommens. Das National Audit Office (NAO), die britische Aufsichtsbehörde für nationale Ausgaben, hatte berechnet, dass das Ausfliegen der ersten 300 Migrantinnen und Migranten insgesamt 540 Millionen Pfund, also fast zwei Millionen Pfund pro Person, kosten würde. Der Geschäftsführer des Refugee Council, einer britischen Nichtregierungsorganisation, hatte außerdem kritisiert, dass man maximal 5.000 Migrantinnen und Migranten pro Jahr ausfliegen könnte. Angesichts mehrerer 10.000 Migrantinnen und Migranten, die zurzeit im Vereinigten Königreich Asyl suchen, wäre das eine relativ geringe Zahl.

Der Ansatz des Asylpaktes ist dabei keinesfalls neu – ebenso wenig die rechtlichen Bedenken. Bereits von 2013 bis 2018 hatte Israels Regierung ein Abkommen mit Ruanda geschlossen, um afrikanische Migrantinnen und Migranten in den ostafrikanischen Staat abzuschieben. Auch dieses Abkommen wurde vom Obersten Gericht des Landes für illegal erklärt. Zuletzt hatte auch Dänemark mit einem dem britischen ähnelnden Asylabkommen mit Ruanda geliebäugelt, dies dann aber aufgegeben, um sich auf eine gemeinsame europäische Lösung zu konzentrieren. Derweil sucht die britische Regierung schon nach anderen Partnerländern, um weitere Asylabkommen abzuschließen. So hat die britische Regierung bislang Gespräche mit Armenien, Costa Rica, Côte d’Ivoire und Botsuana geführt. Die botsuanische Regierung hatte jedoch am Dienstag ein mögliches Abkommen mit der Begründung abgelehnt, man habe bereits eigene Herausforderungen mit Immigration aus der Region, wie der botsuanische Außenminister, Lemogang Kwape, erklärte.

Grund für Premierminister Sunaks Druck bei der Verabschiedung der Safety of Rwanda Bill sind auch die sinkenden Umfragewerte der Regierungspartei Conservative and Unionist Party (Tories) gegenüber der Labour-Party vor dem Hintergrund der anstehenden Parlamentswahlen in diesem Jahr. Die Verabschiedung des Gesetzes stellt für Sunak einen wichtigen Teil seines zentralen Wahlversprechens, die irreguläre Einwanderung zu stoppen, dar.

 

Und sonst?

Die Kenianerin Peres Jepchirchir gewann am Sonntag den London-Marathon der Frauen und stellte dabei einen neuen Weltrekord in einem reinen Frauenmarathon auf. In zwei Stunden, sechzehn Minuten und sechzehn Sekunden bewältigte die 30-Jährige die 42 km lange Strecke und brach damit den bisherigen Rekord der Kenianerin Mary Keitany, die 2017, ebenfalls in London, eine Zeit von zwei Stunden, siebzehn Minuten und sechzehn Sekunden gelaufen war. Nicht nur im Vergleich zum letzten London-Marathon – damals hatte Jepchirchir den dritten Platz belegt – sondern auch mit Blick auf die Olympischen Spiele, die vom 26. Juli bis zum 11. August in Paris stattfinden, war der Sieg für die Kenianerin ein wichtiger Erfolg. So könnte dieser ihr die Nominierung für das kenianische Olympiateam sichern. Den zweiten Platz belegte die Äthiopierin Tigst Assefa, gefolgt von Joyciline Jepkosgei, ebenfalls aus Kenia. Auch bei den Männern ging der Sieg an Kenia. Hier konnte sich Alexander Mutiso Munyao mit einer Zeit von zwei Stunden, vier Minuten und einer Sekunde gegen den Äthiopier Kenenisa Bekele und den Briten Emile Cairess durchsetzen.

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