Pressespiegel KW 51/2024: Ausgang ungewiss
Pressespiegel 13.12.2024 bis 20.12.2024

66. Gipfeltreffen der ECOWAS in Abuja

Am Sonntag fand in Nigerias Hauptstadt Abuja das 66. Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Economic Community of West African States (ECOWAS) statt. Unter der Leitung von Nigerias Präsident Bola Tinubu, der aktuell den Vorsitz der ECOWAS innehat, beriet der Block über drängende regionale Themen wie politische Stabilität, Sicherheit und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Ein zentrales Thema stellte dabei die Einführung der gemeinsamen ECOWAS-Währung ECO dar. So wurden die von einem hochrangigen Ausschuss erarbeiteten Kriterien für die Auswahl der Mitgliedstaaten, die der Währungsunion beitreten wollen, angenommen. Auch die Kosten und Finanzierungsmodalitäten für die erforderlichen Reformen und Institutionen zur Einführung des ECO wurden beim Gipfel gebilligt. Die Währung soll planmäßig im Jahr 2027 eingeführt werden.

Darüber hinaus stimmten die Staats- und Regierungschefs dem zwischenstaatlichen Abkommen über das Afrikanisch-Atlantische Gaspipeline-Projekt zu, das Nigeria mit Marokko verbinden und durch insgesamt 13 westafrikanische Staaten verlaufen soll. Die ECOWAS-Kommission soll nun die endgültige Fassung des Regierungsabkommens bis spätestens Juni 2025 unterzeichnen und sich für eine beschleunigte Umsetzung des Projekts einsetzen. Zudem wurde die Kommission beauftragt, eine Regionale Beobachtungsstelle für Bewegungsfreiheit, Handel und Verkehr einzurichten, um Hindernisse bei der Umsetzung zu identifizieren und zu überwinden. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten die Themen Frieden, Sicherheit und politische Stabilität in der Region, die in den letzten Jahren einen Anstieg bewaffneter terroristischer Gruppierungen und gewaltsamen Extremismus verzeichnet hat. Auch die Bedrohung durch Falsch- und Desinformation wurde als wachsendes Risiko identifiziert. Um dem entgegenzuwirken, soll die Kommission im kommenden Jahr die Umsetzung des aktuellen Aktionsplans vorantreiben, wobei der Aktivierung einer Antiterrorismus-Truppe besondere Priorität eingeräumt wird. Gleichzeitig wurde ECOWAS-Präsident Omar Touray angehalten, umgehend ein Treffen der Finanz- und Verteidigungsminister einzuberufen, um die Modalitäten für die Bereitstellung von Mitteln für die Antiterrorismus-Truppe zu klären.

Darüber hinaus wurde am Sonntag die Einrichtung eines Sondertribunals zur Verfolgung von Verbrechen unter der Militärdiktatur Yahya Jammeh‘s im Mitgliedstaat Gambia beschlossen. Jammeh‘s Herrschaft, die von 1996 bis 2017 andauerte, war von willkürlichen Inhaftierungen, außergerichtlichen Tötungen sowie sexuellem Missbrauch geprägt. Die Entscheidung über die Einrichtung des Tribunals kommt mehr als sieben Jahre nach der Einsetzung der Gambia’s Truth, Reconciliation and Reparations Commission (TRRC). Entsprechend gibt es – obwohl das Tribunal großflächig begrüßt wird – auch viel Kritik an der langjährigen Untätigkeit der ECOWAS.

Im Mittelpunkt der medialen Berichterstattung stand derweil der Austritt der von Militärjuntas geführten Staaten Burkina Faso, Mali und Niger aus der ECOWAS, den diese vor knapp einem Jahr angekündigt hatten (Pressespiegel KW 5/2024: Risse und Brücken). Der Austritt wird im Januar 2025 nach einer einjährigen Frist wirksam. Trotz Mediationsversuchen der ECOWAS unter Leitung von Senegals Präsident Bassirou Diomaye Faye und seinem togoischen Amtskollegen Faure Gnassingbé war es dem Regionalblock nicht gelungen, die drei Staaten zum Verbleib in der Gemeinschaft zu bewegen. Kommissionschef Touray kündigte nach dem Gipfel einen Zeitplan für den Austritt an, der gemäß Artikel 91 des revidierten ECOWAS-Vertrags von 1993 am 29. Januar 2025 in Kraft tritt und eine sechsmonatige Übergangszeit bis zum 29. Juli 2025 vorsieht. In dieser Zeit sollen den drei Sahelstaaten die Türen der ECOWAS offenstehen und die Mediationsversuche fortgeführt werden. Eine Rückkehr der drei Staaten, die dem Gipfeltreffen am Sonntag fernblieben und mit der Alliance des États du Sahel (AES) ihre eigene Regionalorganisation gegründet haben, gilt jedoch als unwahrscheinlich. Noch zu klären gilt es deshalb, was der Austritt der drei Staaten für den freien Personen- und Warenverkehr, der innerhalb des ECOWAS-Raums gilt und enorme wirtschaftliche Vorteile bringt, bedeutet. Die AES-Staaten kündigten am Samstag in einer gemeinsamen Erklärung am Rande eines eigenen Gipfels an, dass Bürgerinnen und Bürger der ECOWAS-Staaten auch weiterhin visumsfrei einreisen werden können. Die ECOWAS will sich hierzu im zweiten Quartal 2025 beraten.

Auch beim Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Nigeria vergangene Woche spielten die Entwicklungen zwischen der AES und ECOWAS eine wichtige Rolle. So betonte Steinmeier bei seinen Treffen mit Tinubu und Touray die Wichtigkeit des Verbleibs der AES-Staaten in der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft für den Frieden und wirtschaftlichen Wohlstand der Region und forderte Tinubu auf, seinen diplomatischen Einfluss zu nutzen, um die Kommission und die Region zusammenzuhalten. In den vergangenen Monaten hat sich die AES verstärkt Russland als Partner zugewandt, während die Beziehungen zur ehemaligen Kolonialmacht Frankreich als schwierig gelten. Die angekündigte Übergangsfrist für die drei Staaten wird von Deutschland nun als Chance gewertet, um den wachsenden Einfluss Russlands in der Region einzudämmen.

 

Geplatzte Friedensgespräche zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda

Das für vergangenen Sonntag in Angola geplante Treffen zwischen dem kongolesischen Präsidenten Félix Tshisekedi und dem ruandischen Präsidenten Paul Kagame wurde kurzfristig abgesagt. Es wäre das erste Gespräch der beiden Präsidenten von Angesicht zu Angesicht seit 18 Monaten gewesen und war Teil der von Angolas Präsident João Lourenço geführten Verhandlungen zur Beilegung der Spannungen zwischen den beiden Nachbarländern um den Konflikt im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK). Lourenço hatte im Vorfeld gar die Unterzeichnung eines vorläufigen Friedensabkommens zwischen der DRK und Ruanda als Ziel der Gespräche ausgegeben.

Die kongolesische Präsidentschaft gab bekannt, dass das jetzige Treffen nicht zustande gekommen sei, da die ruandische Seite auf direkten Verhandlungen mit der Rebellengruppe M23, deren Aufstand den jetzigen Konflikt vor drei Jahren ausgelöst hatte, als Bedingung für die Unterzeichnung eines Friedensabkommens bestanden hatte. Dies lehne die DRK jedoch ab, da man in einem solchen Dialog die Handlungen der M23 legitimieren würde. Das ruandische Außenministerium erklärte hingegen, dass ohne ein entsprechendes Engagement keine Grundlage für die Unterzeichnung eines Abkommens bestehe. Ruanda wird sowohl von der DRK als auch den Vereinten Nationen (UN) die Unterstützung und die Teilkontrolle der Rebellen unterstellt. Zudem soll Ruanda ca. 4.000 Soldatinnen und Soldaten im Osten der DRK stationiert haben. Ruanda weist diese Vorwürfe zurück und beharrt darauf, nur Schritte zur Selbstverteidigung gegenüber den von der DRK unterstützten Forces Démocratiques de Libération du Rwanda (FDLR) unternommen zu haben.

Die Absage des Treffens gilt als nicht unerheblicher, wenngleich laut Expertinnen und Experten auch nicht als überraschender Rückschlag in den diplomatischen Bemühungen Lourenços im Rahmen des sogenannten Luanda-Prozesses. Im August hatte der von der Afrikanischen Union (AU) zum Mediator ernannte angolanische Präsident noch einen fragilen Waffenstillstand zwischen den beiden Nationen vermittelt. Trotzdem gingen die Kämpfe im Osten der DRK weiter, insbesondere seit Ende Oktober verschärfen sich die Zusammenstöße wieder. Dabei hatten sich ebenfalls Ende Oktober ruandische und kongolesische Expertinnen und Experten in Luanda getroffen, um einen Fahrplan zu einem möglichen Frieden zu entwickeln, der sowohl das Ende der Unterstützung der FDLR durch die DRK als auch einen Rückzug Ruandas aus dem Konflikt vorsah. Der Plan wurde erst Ende November von der kongolesischen Außenministerin Thérèse Kayikwamba Wagner und dem ruandischen Außenminister Olivier Nduhungirehe als Handlungskonzept akzeptiert und sollte die Basis für das Gespräch zwischen den beiden Staatsoberhäuptern bilden.

Konflikte im Osten der DRK, insbesondere in der Provinz Nord Kivu, sowie der Versuch, Stabilität zu generieren, sind nicht erst seit dem Wiederaufflammen der Kämpfe mit der M23 vor drei Jahren, sondern teilweise seit Jahrzehnten wiederkehrende Thematiken im Land (Pressespiegel KW 45/2023: Im Namen des Friedens?), die international kaum Aufmerksamkeit erhalten. Dabei gelten inzwischen ca. sieben Millionen Menschen als Binnenvertriebene. Erst im Frühjahr dieses Jahres zog sich die UN-Friedensmission Mission de l’Organisation des Nations Unies en République Démocratique du Congo (MONUSCO) aus ersten Teilen des Landes zurück, nachdem ihre Wirksamkeit in der Sicherung der Bevölkerung und Stabilisierung der Region kontinuierlich von der kongolesischen Regierung hinterfragt worden war (Pressespiegel KW 18/2024: Machtdemonstration). Inzwischen beklagen die UN, dass die militärischen Operationen Ruandas die Arbeit der MONUSCO in Nord Kivu verhindern würde.

Immer wieder verweisen Expertinnen und Experten dabei auf die tieferliegenden Gründe des Konflikts, die insbesondere im Wettbewerb um die hohen Vorkommen an mineralischen Rohstoffen gesehen werden. Als besonders wichtig gelten die sogenannten 3T-Minerale, die speziell in der Verarbeitung von Computern und Handys Verwendung finden. Einige Minen, in denen diese Minerale abgebaut werden, sind unter der Kontrolle von bewaffneten Gruppierungen, von welchen einige sowohl von der kongolesischen Armee, als auch von ruandischer Seite unterstützt werden. Am vergangenen Dienstag hat die DRK nun eine Strafanzeige gegen mehrere Apple-Tochtergesellschaften in Frankreich und Belgien gestellt. Ihnen wird vorgeworfen, solche Konfliktminerale in ihren Lieferketten zu verwenden. Die Minerale werden laut Anklage über Ruanda ins Ausland geschmuggelt und von dort weiterverkauft. Ruanda bestreitet die Vorwürfe, von einem solchen Handel zu profitieren. Auch Apple bestreitet die Vorwürfe und erklärte in einer Stellungnahme, dass sie seit Beginn des Jahres keine Rohstoffe aus der DRK oder Ruanda bezögen und der Großteil dieser Minerale in ihrer Produktion recycelt werden würde.

 

Und sonst?

Am Montagabend fand in Marrakech, Marokko, die jährliche Verleihung der Confédération Africaine de Football (CAF) Awards statt. Zum Afrikanischen Fußballer des Jahres wurde der nigerianische Stürmer Ademola Lookman gekürt, während der Titel der Afrikanischen Fußballerin des Jahres an die 24-jährige Stürmerin Barbra Banda aus Sambia ging. Lookman hatte zuvor eine erfolgreiche Saison im italienischen Club Atalanta und der nigerianischen Nationalmannschaft, den Super Eagles, abgeschlossen. So verhalf er dem Nationalteam mit drei Toren bis ins Finale des 2023 Africa Cup of Nations und ist nach Victor Osimhen (2023) bereits der zweite Nigerianer in Folge und der sechste insgesamt, der die Auszeichnung “Afrikanischer Fußballer des Jahres” erhält. Banda hingegen ist die erste sambische Fußballspielerin überhaupt, die als beste Spielerin des Kontinents gewürdigt wurde. Sie spielte in der vergangenen Saison für die Orlando Pride in der National Women’s Soccer League (NWSL) der Vereinigten Staaten, wo sie als eine der Schlüsselspielerin galt. So erzielte sie das entscheidende Tor im Finale in der NWSL-Meisterschaft und verhalf damit ihrem Team zu einem historischen domestic double, dem Gewinn der Meisterschaft in den Playoffs und des NWSL Shield als bestem Team zum Ende der regulären Saison. Die Auszeichnung für die Nationalmannschaft des Jahres ging an die Frauen-Nationalmannschaft Nigerias sowie an die Männer-Nationalmannschaft der Côte d’Ivoire. Der Kapitän der südafrikanischen Nationalmannschaft, Ronwen Williams, wurde außerdem mit gleich zwei Preisen ausgezeichnet. Er nahm sowohl den Preis zum Torhüter des Jahres, als auch zum Interclub Spieler des Jahres bei den Männern entgegen. Bei den Frauen ging die Auszeichnung zur Torhüterin des Jahres mit Chiamaka Nnadozie an Nigeria.

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