Pressespiegel KW 7/2025: Richtungsentscheidungen
Pressespiegel 7.2.2025 bis 14.2.2025

(Inter-)Kontinentale Reaktionen auf die Lage im Ostkongo

 

Heute kommt der Peace and Security Council der Afrikanischen Union (AU) zusammen, um über die Krise im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) zu beraten. Nicht anwesend ist der kongolesische Präsident Félix Tshisekedi, der gestern Abend zur Münchner Sicherheitskonferenz in Deutschland eingetroffen ist und sich von seiner Premierministerin Judith Suminwa Tuluka vertreten lässt. Das Treffen des Sicherheitsgremiums der AU fügt sich in eine Reihe von Treffen ein, nachdem die Furcht vor einer regionalen Ausweitung des Konflikts weiter wächst.

So fand am vergangenen Wochenende in Daressalam, Tansania, der erste gemeinsame Gipfel der East African Community (EAC) und der Southern African Development Community (SADC) statt (Pressespiegel KW 6/2025). Auf dem Treffen riefen die beiden Regionalorganisationen zu einem sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand sowie zur diplomatischen Beilegung des Konflikts innerhalb der nächsten fünf Tage auf. Zudem sollen humanitäre Korridore zur Bergung von Toten und Evakuierung von Verletzten geöffnet werden. In der Abschlusserklärung wurden die Verteidigungsministerinnen und -minister aller Mitgliedsstaaten der EAC und SADC aufgefordert, ebenfalls innerhalb von fünf Tagen zu weiteren Verhandlungen zusammenzukommen und technische Leitlinien für die Umsetzung des Waffenstillstands bereitzustellen. EAC und SADC fordern außerdem die Führung von direkten Verhandlungen und Dialog mit allen beteiligten Konfliktparteien, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Akteuren – eine Formulierung, die insbesondere in Kinshasa auf zurückhaltende Reaktionen stieß. Tshisekedi lehnt direkte Verhandlungen mit den M23-Rebellen konsequent ab und wurde in dieser Haltung bisher von der SADC gestärkt. Für Unmut sorgten auch die fehlende Verurteilung Ruandas für seine Rolle im Konflikt sowie die fehlende Aufforderung an die M23-Miliz, Goma zu verlassen. Die ruandische Regierung begrüßte hingegen die gefundene Einigung des Treffens.

Auch die Staaten der Economic Community of Central African States (ECCAS) kamen am vergangenen Freitag zu einem Gipfeltreffen in Malabo, der Hauptstadt Äquatorialguineas, zusammen. In einem Abschlussdokument verurteilte die Gruppe jegliche Gewalt und forderte die M23 sowie die ruandischen Truppen dazu auf, das Gebiet der DRK zu verlassen und die Wiedereröffnung des Flughafens Goma sicherzustellen, um eine drohende humanitäre Katastrophe zu verhindern.

In der DRK trafen sich derweil am Mittwoch erstmals eine Delegation der katholischen sowie der evangelischen Kirche mit Corneille Nangaa, der sich als Führer und Sprecher der Rebellenallianz Alliance Fleuve Congo (AFC), welcher auch die M23-Miliz angehört, in Position bringt. Währenddessen spitzt sich die Lage im Osten der DRK weiter zu und die Rebellen können wichtige Gebietseinnahmen in der Provinz Süd-Kivu verzeichnen. Auch in der an Nord-Kivu angrenzenden Provinz Ituri kam es diese Woche zu Angriffen der CODECO-Miliz (Coopérative pour le développement du Congo), bei denen mindestens 50 Menschen ums Leben kamen.

Neben dem regionalen wächst auch der internationale Druck: Am Donnerstag verabschiedete das Europäische Parlament eine Resolution, in der es die EU-Kommission auffordert, die direkte Budgethilfe für Ruanda einzufrieren und das Abkommen über kritische Mineralien zwischen der EU und Ruanda auszusetzen, bis das Land seine Verbindungen zu den M23-Rebellen abbricht. Darüber hinaus soll auch die Militärhilfe für Ruanda eingefroren und ein Waffenembargo gegen das Land und die M23 verhängt werden. Weitere Forderungen umfassen die Verschärfung von EU-Sanktionen gegen Führungspersönlichkeiten der M23 und anderer bewaffneter Gruppen sowie gegen ruandische und kongolesische Beamtinnen und Beamte, die von der UN für schwere Verbrechen verantwortlich gemacht werden. Zusätzlich wurde die Absage der Straßenrad-Weltmeisterschaft, die nächstes Jahr in Ruandas Hauptstadt Kigali stattfinden soll, vorgeschlagen. Die Resolution wurde mit 443 zu 4 Stimmen angenommen, 48 Abgeordnete enthielten sich. Damit erhöht das EU-Parlament den Druck auf die EU-Kommission, die sich noch einen Tag zuvor gegen die Aussetzung des Mineralienabkommens ausgesprochen hatte. Da die Resolution jedoch nicht bindend ist, bleibt abzuwarten, wie sich die EU-Kommission und die EU-Regierungschefs positionieren werden.

 

 

Spaltung der größten zivilen Koalition im Sudan

 

Am Montag spaltete sich Sudans bis dato größte zivile Koalition, die Coordination of Civilian Democratic Forces (Taqaddum), in zwei Fraktionen. Grund des Bruchs waren monatelange Auseinandersetzungen über den umstrittenen Vorschlag, eine Exilregierung parallel zu der aktuell in Port Sudan ansässigen Militärregierung zu bilden. Vor ihrer Spaltung galt Taqaddum, die sich 2023 wenige Monate nach dem Ausbruch des Krieges zwischen der Regierungsarmee Sudanese Armed Forces (SAF) und der paramilitärischen Gruppierung Rapid Support Forces (RSF) formiert hatte, als ein zentraler, neutraler und unbewaffneter Akteur, der sich auch auf internationaler Bühne bemühte, zwischen den zwei Konfliktparteien zu vermitteln.

Taqaddum stand unter der Leitung des ehemaligen sudanesischen Premierministers Abdalla Hamdok. Dieser übernahm nun vorübergehend die Führung der neu gegründeten Civil Democratic Alliance of Revolutionary Forces (Sumoud) und sprach sich entschlossen gegen eine Exilregierung aus. Sumoud, aber auch die zweite Fraktion der ehemaligen Taqaddum, gaben bekannt, sich unter separaten politischen und organisatorischen Strukturen und Visionen weiterhin für einen dauerhaften Frieden im Sudan einsetzen zu wollen.

Der Bruch kam, nachdem die sudanesische Armee unter der Führung von General Abdel Fattah al-Burhan am Samstag mehrere Teile des Großraums Khartum, der Hauptstadt des Sudan, zurückerobern konnte. Zuvor kontrollierte die RSF unter der Führung von General Mohammed Hamdan Daglo, als Hemedti bekannt, diese Gebiete. Sollte es al-Burhan und der SAF gelingen, die vollständige Kontrolle über Khartum zurückzuerlangen, könnte ein Ende des Krieges und die baldige Bildung einer Übergangsregierung in Sichtweite sein, so der General und ein Sprecher des Militärs. Am Sonntag verkündete das sudanesische Außenministerium einen entsprechenden Plan zur Bildung einer Übergangsregierung, die unter anderem einen zivilen Premierminister, den Entwurf einer Verfassung sowie einen Nationalen Dialog mit der Zivilgesellschaft vorsieht und die den Sudan in freie und faire Wahlen führen soll. Auch die RSF könne am Nationalen Dialog beteiligt werden, sofern sie alle Waffen niederlege und sich aus der Hauptstadt sowie dem von ihr besetzten Bundesstaat West Kordofan und der Region Darfur zurückziehe.

Zwar konnte die SAF in den vergangenen Monaten enorme Gebietsgewinne machen, dennoch kontrolliert die RSF noch immer große Teile des Westens des Sudan und betreibt aktuell eine intensive Kampagne, um ihre Kontrolle über die Darfur Region weiter zu festigen. In diesem Kontext lehnte al-Burhan die Forderung aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) nach einem humanitären Waffenstillstand im Zuge des bevorstehenden Monats des Ramadan ab, bis die RSF ihre Angriffe einstelle. Hinzu kommt, dass das Verhältnis mit den VAE belastet ist. So betrachten al-Burhan und seine Militärregierung die VAE als einen Aggressor des Krieges und beschuldigen diese, als Hauptfinanzierer und Waffenlieferant mit der RSF in Verbindung zu stehen. Die VAE weisen alle Anschuldigungen von sich.

Seit Ausbruch der Kämpfe im April 2023 hat es bereits eine Vielzahl an Versuchen für Friedens- und Vermittlungsgespräche gegeben (Pressespiegel KW 34/2024 und Pressespiegel KW 28/2023). Der damalige Auslöser der Kämpfe war der gescheiterte Übergang zu einer Zivilregierung. Besonders die Uneinigkeiten über den Zeitplan der Integration der RSF in das sudanesische Militär stellten einen Streitpunkt zwischen den beteiligten Akteuren dar (Pressespiegel 15/2023). Die darauffolgenden Verhandlungen und Versuche der Deeskalation zwischen der SAF und RSF blieben erfolglos (Pressespiegel 16/2023).

Seit Beginn der Kämpfe befinden sich etwa 15 Millionen Sudanesinnen und Sudanesen auf der Flucht und zwei Drittel der Bevölkerung sind derzeit auf humanitäre Nothilfe zum Überleben angewiesen. Im Juli 2024 wurde erstmals eine Hungersnot nach internationaler Definition durch UN-Experten festgestellt. Ob die Machterlangung der SAF in Khartum tatsächlich zu einer Stabilisierung der politischen und Verbesserung der humanitären Lage im Sudan führt, bleibt abzuwarten.

 

 

Und sonst?

 

Am Samstagabend verstarb Namibias erster Präsident, Dr. Sam Nujoma, im Alter von 95 Jahren in der Hauptstadt Windhoek, nachdem er mehrere Wochen im Krankenhaus behandelt worden war. Dies verkündete Präsident Nanglo Mbumba am Sonntagmorgen in einem Pressestatement. Als Gründungspräsident der Republik Namibia habe Nujoma der Nation ein Höchstmaß an Führungsstärke bewiesen und keine Mühen gescheut, jede einzelne Namibierin und jeden einzelnen Namibier zu motivieren, ein Land aufzubauen, das unter den Nationen der Welt einen aufrechten und stolzen Platz einnehmen wird, so Mbumba. Sam Nujoma war eine der Schlüsselfiguren des namibischen Unabhängigkeitskampfes gegen Südafrikas Apartheidregime, nachdem er 1960 die South West Africa People’s Organisation (SWAPO) mitbegründete und diese 47 Jahre lang leitete. Nach jahrelangem Widerstand gegen das Apartheidregime und intensiven Verhandlungen unter internationaler Vermittlung führte Nujoma Namibia 1990 in die Unabhängigkeit und wurde zum ersten Staatschef der Republik gewählt. Seine Amtszeiten widmete Nujoma dem Versöhunungsprozess, der Vereinigung des Landes und dem Abbau von Ungleicheiten, nachdem die Apartheid und der Unabhängigkeitskrieg eine tiefe gesellschaftliche Spaltung zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen hinterlassen hatten. Nujoma regierte das Land für insgesamt 15 Jahre, nachdem er bei den Wahlen 1994 und 1999 im Amt bestätigt worden war. Der Tod Sam Nujomas markiert das Ende einer Ära großer afrikanischer Führer, die für die Befreiung und den Aufbruch ihrer Nationen gekämpft haben.

 

 

Hinweis zum MA- und PhD-Programm „Global Studies with a Special Emphasis on Peace and Security in Africa (GSPSA)“

 

Seit 2012 bieten das Global and European Studies Institute (GESI) der Universität Leipzig und das Institute for Peace and Security Studies (IPSS) der Universität Addis Abeba ein gemeinsames MA- und PhD-Programm in „Global Studies with a Special Emphasis on Peace and Security in Africa“ (GSPSA) an. Derzeit werden Bewerbungen für den Jahrgang 2025 entgegengenommen. Bewerbungsschluss für beide Programme ist der 28. Februar 2025.

Die transnationalen Studiengänge richten sich speziell an Studentinnen und Studenten aus aller Welt, die ihren ersten akademischen Abschluss in Soziologie, Anthropologie, Politikwissenschaft, Geschichte, Internationalen Beziehungen, Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften sowie verwandten Disziplinen mit guten bis sehr guten Leistungen erworben haben. Studentinnen und Studenten, die sich für dieses Programm bewerben, sollten ein Interesse an Konfliktprävention, Frieden und Sicherheit sowie globalen Fragen haben.

Weitere Informationen zu den Programmen und das Bewerbungsformular finden Sie hier für den MA und hier für den PhD.

Presseübersicht
Filtern
Pressespiegelarchiv
Keine Ergebnisse